Sprachförderung nicht Aufgabe des Landkreises :Scholz will Rechtsaufsicht einschalten

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Der Verein Mibikids bietet im Landkreis Freising Sprachförderung für Kinder und Jugendliche an (Symbolbild) (Foto: Florian Peljak)

Ausschuss billigt Zuschuss für Mibikids-Sprachkurse - stellvertretender Landrat hält Beschluss für rechtswidrig.

Von Peter Becker, Freising

Sprachförderung für Kinder und Jugendliche bietet der Verein Mibikids seit annähernd neun Jahren im Landkreis Freising an. Weil er 2018 ein Defizit eingefahren hat, stellte er jetzt einen Antrag an den Landkreis, den Sprachunterricht für Migranten vom Haushaltsjahr 2020 an mit 16 500 Euro pro Jahr zu fördern. Entgegen der Auffassung der Verwaltung, dass Sprachförderung nicht zu den Aufgaben des Landkreises gehöre, stimmte der Jugendhilfeausschuss des Kreistags mehrheitlich dem Ansinnen des Vereins zu. Stellvertretender Landrat und Sitzungsleiter Robert Scholz (FW) bezeichnete den Beschluss daraufhin als rechtswidrig und will ihn der Rechtsaufsicht am Landratsamt vorlegen.

Der Verein Mibikids ist seit 2016 als freier Träger der Jugendhilfe anerkannt. Wegen des hohen Bedarfs hat er sein Angebot ausgebaut und ist jetzt in Freising, Hallbergmoos, Moosburg, Nandlstadt und Neufahrn vertreten. Aus der Sitzungsvorlage geht hervor, dass zum Stand Juni 2019 in 61 Gruppen 232 Kinder und Jugendliche sowie acht Mütter aus 14 Gemeinden im Landkreis betreut wurden. Der Unterricht erfolgt in Schulen, Pfarrheimen oder bei Nachbarschaftshilfen. Fünf Standortkoordinatoren unterstützen die Arbeit der 40 ehrenamtlichen Gruppenleiter. Seit 2014 gibt es ein Büro und eine hauptamtliche Halbtagskraft für die Verwaltungsarbeit. Der Sprachunterricht findet einmal in der Woche in Gruppen mit bis zu fünf Kindern statt. Um dem hohen Bedarf an neu zugezogenen Kindern und Jugendlichen zu entsprechen, hat der Verein vor vier Jahren ein- bis zweiwöchige Intensivkurse in den Ferien eingeführt. Dort werden anderthalb bis drei Stunden Deutsch unterrichtet. Zur Integrationsförderungen kommen Projekte und Ausflüge hinzu.

Der Verein will über die Sprachförderung gleiche Bildungschancen erreichen

Die Finanzierung erfolgt nach Auskunft des Vereins zu 80 Prozent über Spenden von Firmen, Stiftungen und Privatpersonen. Weitere zehn Prozent decken Materialkosten ab, welche die Eltern bezahlen. Spenden sind allerdings keine verlässliche Geldquelle, weshalb die Gemeinden Neufahrn und Hallbergmoos sowie die Städte Freising und Moosburg den Verein bereits finanziell unterstützen.

Der Verein sieht neben den Gemeinden auch den Landkreis in der Verantwortung, durch die Sprachförderung und die damit einhergehende bessere Integration gleiche Bildungschancen für alle Kinder zu schaffen. So begründet er seinen Antrag auf eine jährliche finanzielle Unterstützung. Einen solchen hatte Mibikids bereits 2015 gestellt. Damals ging es laut Verwaltung über einen pauschalen Zuschuss in Höhe von gut 31 000 Euro, begrenzt auf drei Jahre. Diesen hatte der Kreisausschuss des Kreistags mit dem Hinweis abgelehnt, dass Sprachförderung keine Aufgabe des Landkreises, sondern des Freistaats und der Gemeinden sei.

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Robert Wäger (Grüne) bedauerte die Haltung der Verwaltung. "Die machen gute Arbeit", sagte er mit Verweis auf seine Heimatgemeinde Hallbergmoos, welche die Arbeit von Mibikids unterstützt. Er schlug alternativ vor, den Beschluss zu vertagen, damit sich der Verein mit dem Jugendamt zusammensetzen kann, um den Antrag verwaltungskonform zu formulieren. Dieser Vorschlag fand keine Mehrheit. Guido Hoyer (Linke) hat Verständnis für die Verwaltung, sieht aber dennoch den Landkreis in der Pflicht. Es könne nicht sein, dass die Arbeit von Mibikids etwa von den Spenden des Flughafens abhänge. "Integration fängt mit Sprachförderung an", betonte Hoyer.

Claudia Nertinger (Kreisjugendring) sagte, dass Mibikids einen viel besseren Zugang zu Migranten habe als andere Organisationen. Außerdem sei Sprachförderung ein Ziel der Bildungsregion, in der auch der Landkreis Mitglied sei. Marina Freudenstein vom Katholischen Kreisbildungswerk bezeichnete die Arbeit von Mibikids als "zuschusswürdig". Und die 16 500 Euro zusätzlich im Haushalt des Amts für Jugend und Familie machten "das Kraut auch nicht fett". Konrad Schickaneder (CSU) drängte zur sofortigen Abstimmung. Es sei ja alles ausreichend geprüft worden. So geschah es denn auch.

© SZ vom 28.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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