Silvesterknallerei im Landkreis Freising:Wenn schon, dann mit Vernunft

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130 Millionen Euro gaben die Deutschen für das Feuerwehr 2018/19 aus. Mahnungen, hier zu sparen, gibt es viele. Was es nützt, wird man sehen. (Foto: Lukas Barth)

Immer mehr Kommunen verbieten auch im Landkreis das Böllern im Zentrum. In Neufahrn versucht man es erstmals mit einer Lichtshow als Ersatz. Feuerwehren und Naturschützer bitten um Maßhalten bei der Knallerei

Von Thilo Schröder, Freising

Ein Feuerwerk in den Stunden vor und nach dem Jahreswechsel gehört für viele Menschen auch im Landkreis Freising zur Silvestertradition. Die Stadt Freising erinnert deshalb ausdrücklich an das Böllerverbot in der Innenstadt. Außerdem weist sie darauf hin, Straßen und Gehwege nach der Silvesternacht zu säubern und Reste von Feuerwerkskörpern zu entsorgen. Die Stadt Moosburg ist heuer nachgezogen und hat ein Böllerverbot in der Innenstadt eingeführt. Auf dem Neufahrner Marktplatz ist das Böllern ebenfalls erstmals verboten. Die Feuerwehr Freising warnt vor durch Böller ausgelösten Bränden. Fenster sollten geschlossen und Balkone geräumt werden.

Hintergrund des Verbots in Freising ist eine Verordnung des Bundesrechts, die nach der Silvesternacht 2008/2009 verschärft wurde. Damals war in Folge eines Feuerwerks ein Großbrand auf dem Tübinger Marktplatz ausgebrochen. Seitdem heißt es im Sprengschutzgesetz: "Das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen ist verboten."

Kommentar contra
:Wer böllert, hat den Schuss nicht gehört

Ein Feuerwerk, wie man es jahrzehntelang kannte, ist nicht (mehr) zeitgemäß

Von Thilo Schröder

Das neu eingeführte Feuerwerksverbot im Moosburger Innenstadtbereich geht auf einen Antrag von Stadtrat Stefan John (Linke) zurück ( die SZ berichtete). Dieser verwies auf die hohen Mengen freigesetzten Feinstaubs, den Müll auf den Straßen und die Gefahren für Gebäude, insbesondere solche unter Denkmalschutz. "Erst dieses Jahr ist das Kastulusmünster durch eine Rakete beschädigt worden. Ein Brand hier oder an anderen geschichtsträchtigen Häusern in der Innenstadt hätte schwerwiegende Folgen", so John.

Kommentar pro
:Ein singuläres Ereignis

Böllern ist eine lieb gewonne Tradition, die nur einmal im Jahr ausgelebt wird

Von Peter Becker

Beschwerden über das Verbot habe es keine gegeben, sagt Moosburgs Sprecher Josef Mühlberger, allenfalls Nachfragen. Dass solche neuen Verbote nicht auf Anhieb uneingeschränkt eingehalten werden, sei "natürlich nicht auszuschließen", sagt Mühlberger. Man habe zwar an betroffene Anwohner und Gastronomen Handzettel verteilt. Die Stadt habe sich jedoch mit der Polizei darauf verständigt, sich heuer "ein bisserl verstärkt aufzustellen". Bußgelder bei Verstößen wolle man dennoch "mit Augenmaß" verteilen. Er wolle selbst am Neujahrsmorgen einen Spaziergang durch die Stadt vornehmen und die Auswirkung des Verbots begutachten.

John hatte in seinem Antrag als Ausgleich für das Feuerwerk eine von der Stadt durchgeführte Lasershow ins Spiel gebracht. Eine solche bietet heuer die Gemeinde Neufahrn ihren Bürgern im Rahmen einer Silvesterparty. Los geht es um 22 Uhr auf dem Marktplatz. Bei Essen und Getränken, Partymusik und einem Orgelkonzert von Pfarrer Wolfgang Lanzinger in der katholischen Kirche, das auch ins Freie übertragen wird, können die Neufahrner gemeinsam das Neue Jahr einläuten. Einzige Auflage: keine Böller und Feuerwerke.

Vor den Folgen des Böllerns für Vögel und Tiere im Winterschlaf warnt der bayerische Vogelschutzverband LBV. "Die lauten Geräusche verschrecken Tiere, die dann bei ihrer Flucht wertvolle Energie verbrauchen", sagt LBV-Biologin Annika Lange. Vögel erreichten dabei Höhen von über 1000 Metern. Gerade in Grünanlagen und in Gärten, wo gerne geböllert wird, hielten sich nachts viele Tiere auf. Reste von Raketen und Knallfröschen verschmutzten wiederum häufig solche Grünflächen über den Silvesterabend hinaus. Auch viele Haustiere litten unter dem Lärm. Der LBV rät darum, den Tieren und der Natur zuliebe auf das private Silvesterfeuerwerk zu verzichten.

Fahrlässiges Verhalten könne beim Abschießen von Böllern Brände verursachen, mahnt der Pressesprecher der Freisinger Feuerwehr, Florian Wöhrl. Man solle Böller deshalb "so zünden, dass sie nicht irr geleitet auf Balkonen oder Terrassen landen". Vor zwei Jahren habe sich nur deshalb aus einer solchen Situation kein größeres Feuer entwickelt, weil Anwohner geistesgegenwärtig mit einem Gartenschlauch gelöscht hätten. Erheblicher Sachschaden sei dennoch entstanden.

Wöhrl empfiehlt daher, brennbare Materialien wie Kartonagen am Silvestertag von Balkon und Terrasse zu räumen. Fenster, insbesondere Dachfenster und Terrassentüren, sollten geschlossen bleiben. Auch Mülltonnen, besonders Papiertonnen, sollten an einem sicheren Ort, zum Beispiel in der Garage, deponiert werden. Von Gebäuden sollte man beim Zünden von Böllern Abstand halten. Außerdem appelliert Wöhrl, nur zugelassene Feuerwerkskörper zu kaufen. "Nicht zugelassene Feuerwerkskörper können schwerste Verletzungen verursachen: von Brandverletzungen und Lärmtraumata bis hin zum Verlust von Fingern, der Hand oder gar noch Schlimmeren", warnt das Hauptzollamt Landshut. Feuerwerkskörper müssten bei der Einfuhr aus Nicht-EU-Staaten stets an der Zollstelle angemeldet werden. Je nach Kategorie sind Feuerwerkskörper erst ab 18 Jahren erlaubt oder bedürfen einer besonderen Erlaubnis. Bei Verstößen werde immer ein Strafverfahren eingeleitet.

© SZ vom 31.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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