Die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (Psag) will Druck auf Politiker und Politikerinnen ausüben, um die psychotherapeutische und psychiatrische Versorgung von Jugendlichen und Erwachsenen im Landkreis Freising zu verbessern. Außerdem wollen sich die Einrichtungen innerhalb der Psag besser miteinander vernetzen. Das war der Tenor innerhalb der Frühjahrsversammlung der Organisation.
Vorsitzender Christian Jotter freute sich, dass sich die Runde endlich wieder live und nicht nur digital treffen konnte. Corona hat der Arbeit der psychosozialen Einrichtungen im Landkreis sehr zugesetzt. Sandor Deubler , Sprecher des Arbeitskreises Gerontopsychiatrie, berichtete, dass Seniorinnen und Senioren während der Pandemie nur telefonisch versorgt werden konnten. In Gruppen im Kleinformat habe man sich in der Kaffeestube der Caritas getroffen. "Das war ein persönlicher Gewinn für alle Beteiligten", betonte Deubler.
Brigitte Stursberg, Sprecherin des Arbeitskreises Erwachsenenpsychiatrie, berichtete, dass die Klinik Taufkirchen schwer von Corona betroffen war. Drei Stationen hätten dort geschlossen werden müssen.
Die Eltern von Schulkindern sind erschöpft
Bettina Erifiu-Wolf, Sprecherin des Arbeitskreises Kinder und Jugend, sagte, dass Corona nicht mehr ganz so im Vordergrund stehe. Die Schulschließungen hätten für viel Spannungen gesorgt. "Wir erleben erschöpfte Eltern", schilderte Erifiu-Wolf die Situation. Aber viele hätten sich im Laufe der Zeit "eingetunt". "Alle sind froh, wenn die Kinder wieder in der Schule sind." Erifiu-Wolf hört aber im Hintergrund eine gewisse "Melodie" mitklingen. Die lautet: "Wehe, wenn der Herbst kommt." Was Corona anbelangt, wirke die Pandemie "wie ein Brennglas". Dort, wo es vor dem Ausbruch der Krankheit schon Probleme gab, haben die sich verstärkt. Und es entstanden Ängste bis hin zur Schulverweigerung. Erifiu-Wolf beobachtete aber, dass sich andere Kinder und Jugendliche als sehr anpassungsfähig erwiesen haben. "Sie beruhigen sich schnell, wenn die Verunsicherung wieder vorbei ist."
Deubler sieht "ein Vakuum" im Betreuungsangebot für ältere Menschen. Doch der Mangel an psychotherapeutischer Beratung zieht sich durch alle Bereiche der Psag. Es gibt zu wenig Therapeuten, um die Nachfrage zu stillen. Die Einrichtungen seien damit beschäftigt, den "Mangel weniger mangelhaft zu machen", sagte Erifiu-Wolf. Stursberg klagte, dass der Krisendienst aktuelle Fälle weiterleite, doch die entsprechenden Personen fänden dann in zeitlicher Nähe keinen Therapieplatz. Generell müsse vielen Menschen abgesagt werden. "Wir haben Bedarf, aber zu wenig Plätze", schilderte Bärbel Würdinger, Sprecherin des Arbeitskreises Sucht, das Problem.
Anlaufstellen könnten nicht aus dem Boden gezaubert werden, sagt Bezirkstagsabgeordnete Marianne Heigl
"Wir brauchen politischen Druck", forderte Stursberg. Und eine bessere Vernetzung. Stursberg nannte ein Beispiel aus Rosenheim, wo Therapeuten eine "Netzwerkseite" betreiben. "So was wäre toll", sagte Stursberg. Möglicherweise wäre es dann einfacher, Patientinnen und Patienten an den für sie wichtigen Therapeuten zu vermitteln. Bezirkstagsabgeordnete Marianne Heigl (FW) wies darauf hin, dass sich eine Arbeitsgruppe des Bezirks Oberbayern an einer Grundlage für die Vernetzung in den Landkreisen arbeite. Es habe aber erst ein Treffen gegeben, schränkte sie ein. Sie stellte ebenfalls fest, dass es zu wenig Personal und Plätze gebe um die Menschen gut zu versorgen. "Wir können Anlaufstellen aber auch nicht aus dem Boden zaubern", sagte sie. Regionalkoordinatorin Anna Schäfer-Lambertz lobte, dass die Arbeit im Landkreis Freising im Vergleich zu anderen noch am besten funktioniere.