Prozess:Hausmeister einer Schule wegen Kindesmissbrauchs vorbestraft

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  • Der frühere Hausmeister einer Freisinger Schule stand wegen Diebstahls vor Gericht - er hatte Geld aus dem Schultresor gestohlen.
  • Bei dem Prozess kam heraus, dass der Mann bereits wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden war.
  • Weder der Stadt noch seinem Arbeitgeber war das bekannt.

Von Clara Lipkowski, Freising

Eigentlich stand er wegen Diebstahls vor Gericht. Der Hausmeister einer Freisinger Schule habe gut 1000 Euro aus dem Schultresor gestohlen, so lautete der Vorwurf, als der Mann Ende Oktober im Freisinger Amtsgericht erschienen war. Als die Richterin aber die Vorstrafen des Angeklagten verlas, ergaben sich ganz neue Fragen: Vor zehn Jahren stand der Mann schon einmal vor Gericht. Er war seinerzeit wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden. Und trotzdem hatte er an einer Schule gearbeitet. Wie war das möglich?

Für die Einstellung des Hausmeisters war nicht die Lehranstalt selbst, sondern zu diesem Zeitpunkt die Stadt und der Landkreis Freising zuständig. Keinem der Beteiligten sei die Vergangenheit des Mannes bekannt gewesen, teilt die Sprecherin der Stadt, Christl Steinhart, mit. Wäre dies der Fall gewesen, wäre er nicht eingestellt worden.

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Der Stadt Freising lag kein Führungszeugnis vor

Für gewöhnlich vergewissere sich die Stadt auch über mögliche Vorstrafen eines Mitarbeiters, indem sie sich ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen lässt, sagt Christl Steinhart. Ein Blick auf das Dokument hätte in diesem Fall Klarheit verschaffen können. Weil die Verwaltung allerdings mit einer dazwischen geschalteten Firma zusammengearbeitet hatte, lag ihr ein solches Zeugnis gar nicht vor. "Der Landkreis hat eine Firma, die letztlich den Hausmeister bereitstellte, ausgewählt und die Stadt den entsprechenden Vertrag mit der Firma geschlossen", schildert die Pressesprecherin weiter. Die habe dann den Hausmeister gestellt. Die Stadt oder der Landkreis sei deshalb zu keiner Zeit Arbeitgeber des Hausmeisters gewesen und deswegen sei auch kein Zeugnis verlangt worden.

Auf Anfrage der Freisinger SZ bei dem Hausmeistervermittler, der mehrere Dutzend Niederlassungen in Deutschland hat, zeigt sich aber ein anderes Bild: "Wir haben ein Subunternehmen damit beauftragt, den Mitarbeiter zu stellen", teilt eine Sprecherin des Unternehmens mit. Zwar sei mit diesem Unternehmer vereinbart gewesen, dass grundsätzlich keine Mitarbeiter eingestellt werden dürften, die vorbestraft sind. Allerdings, räumt sie ein, habe man es in diesem Fall versäumt, sich von dem Subunternehmen ein Führungszeugnis vorlegen zu lassen. "Das bedauern wir sehr", sagt sie. Ob das Subunternehmen selbst das Dokument eingesehen hatte, wollte sie nicht sagen. Die Zusammenarbeit sei aber mittlerweile beendet.

Claus Huber-Wilhelm, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Freising, sieht dennoch den staatlichen Schulträger in der Verantwortung. "Grundsätzlich ist er verpflichtet, sich ein Führungszeugnis vorlegen zu lassen, wenn er jemanden einstellt." Beauftrage die Stadt ein privates Unternehmen damit, "hätte sie trotzdem die Pflicht sicherzustellen, dass das Unternehmen nur überprüfte Leute vermittelt."

Der Mann ist danach nicht mehr als Sexualstraftäter auffällig geworden

Allerdings hält der Anwalt ein Führungszeugnis für wenig aussagekräftig. "Um sich ein Bild vom potenziellen Mitarbeiter machen zu können, reicht es nicht, weil kleinere Vergehen gar nicht darin aufgeführt sind und viele Vergehen nach einiger Zeit wieder aus dem Zeugnis gestrichen werden - auch Kindesmissbrauch." Zusätzlich dauere es immer eine gewisse Zeit, bis die Straftat nach dem Urteil in das Zeugnis eingetragen werde, weil der Angeklagte Berufung oder Revision einlegen kann.

Ob die Tat des Kindesmissbrauchs noch im Zeugnis des Mannes gestanden hat - die Tat hatte er im Jahr 2006 begangen und er war zu einer Haftstrafe verurteilt worden - ist unklar, weil das Dokument weder dem Hausmeisterservice noch der Stadt Freising oder dem Landkreis vorlag. Klar ist, dass der Mann danach nicht mehr als Sexualstraftäter auffällig geworden ist. In der Schule seien jedenfalls keine Beschwerden über ihn bekannt, sagt die Rektorin. Dennoch hätte er nicht in der Schule arbeiten dürfen, findet sie.

Der Prozess vor dem Amtsgericht endete mit der Verurteilung des Mannes zu acht Monaten Haft auf Bewährung wegen schweren Diebstahls. Der Hausmeister, der inzwischen nicht mehr an der Schule arbeitet, hatte die Tat gestanden.

© SZ vom 11.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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