München 1972:"Die Fröhlichkeit, die so mancher hatte, war gebremst"

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Sie waren 1972 dabei: Zeitzeugengespräch mit den Olympia-Teilnehmern Alfons (links) und Lorenz Hecher, in der Mitte Moderator Ernest Lang. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Brüder Alfons und Lorenz Hecher waren als Ringer Olympia-Teilnehmer in München. Sie erzählen, wie das Attentat die Spiele veränderte und wie es war, als Amateure bei internationalen Wettbewerben anzutreten.

Von Marius Oberberger, Neufahrn

Etwa 70 Interessierte haben sich bei schönstem Spätsommerwetter zum Zeitzeugengespräch des Heimat-und Geschichtsvereins Neufahrn eingefunden: Ein Beleg für das enorme Interesse an den Olympischen Spielen vor 50 Jahren, welche die Stadt maßgeblich prägten, die Menschen elektrisierten und die Welt wegen der Ermordung elf israelischer Sportler durch palästinensische Terroristen erschütterten. Die Brüder Alfons und Lorenz Hecher aus Mintraching und Giggenhausen berichteten im Gespräch mit dem Vereinsvorsitzenden Ernest Lang von ihren Erinnerungen an Olympia und ihre Karriere als Weltklasse-Ringer.

Als Amateure bei Olympia: "Man braucht einen eisernen Willen"

Lorenz Hecher, heute 76, hat erst mit 17 Jahren das Ringen angefangen, motiviert von seinem älteren Bruder Alfons, heute 78, der schon länger Ringer war. Die beiden waren stets Trainingspartner und haben auch in offiziellen Wettkämpfen miteinander gerungen. Mit großem Erfolg, beide wurden mehrmals deutsche Meister, Alfons im Freistil, Lorenz im griechisch-römischen Ringen. Lorenz Hecher berichtet von "elf oder zwölf Regeländerungen in meiner Laufzeit" und einem immer komplizierter werdenden Regelwerk. Nichtsdestotrotz qualifizierten sich die beiden in anspruchsvollen Wettkämpfen für Olympia 1972. Sie brauchten laut Lorenz Hecher "einen eisernen Willen" für ihre Karriere, die sie als Amateure bestritten: Lorenz war Landwirt, Alfons Maschinenbauer, mit dem Ringen verdienten sie nur wenig.

Anlässlich der Olympischen Spiele 1972 posierten Alfons (rechts) und Lorenz Hecher mit einer kleinen Ringeinlage. (Foto: privat)
50 Jahre später stellen Alfons (rechts) und Lorenz Hecher ihre Schau-Ringeinlage nach. (Foto: Marco Einfeldt)

Während der Spiele waren beide im Olympischen Dorf untergebracht, wo sie so auf die Wettkämpfe fokussiert waren, dass sie kaum etwas von der enthusiastischen Stimmung in der Stadt mitbekommen hätten, erzählt Lorenz Hecher. Am Morgen des 5. September trainierte er von vier bis sechs Uhr in der Früh, wurde aber nicht zurück ins Olympiadorf gelassen - er verstand erst im Laufe des Tages, was passiert war.

"Das furchtbare Versagen der bayerischen Sicherheitsbehörden"

Ernest Lang fasst die Ereignisse kurz zusammen: Acht palästinensische Terroristen hatten elf israelische Sportler als Geiseln genommen und verlangten unter anderem die Freilassung von über 200 inhaftierten Palästinenser, was die israelische Regierung ablehnte. Der Versuch, die Sportler am Flugplatz in Fürstenfeldbruck zu befreien, endete im Desaster: Am Morgen des 6. September waren alle elf Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizist tot. Die bayerische Polizei hatte die Lage völlig falsch eingesetzt und Unterstützung vonseiten einer israelischen Spezialeinheit abgelehnt. Lang bezeichnet es als "das furchtbare Versagen der bayerischen Sicherheitsbehörden".

Nach der Trauerfeier am Vormittag des 6. September gingen die Spiele einfach weiter. Alfons Hecher hörte damals in einem Café zufällig, wie Olympia-Funktionäre über die Fortführung berieten. Sein Bruder Lorenz berichtet, wie sehr die Sportler die Ermordung der Athleten, die viele persönlich kannten, traf: "Die Fröhlichkeit, die so mancher hatte, war gebremst." Da auch zwei israelische Ringer unter den Ermordeten waren, wurden die Kampfgegner neu zugeteilt. Unter 215 Freistil-Ringern wurde Alfons Hecher schließlich Zehnter, Lorenz unter 195 Teilnehmern im griechisch-römischen Stil Elfter.

Der Kalte Krieg war im Sport omnipräsent

1972 trat zum ersten Mal die DDR mit einer eigenen Mannschaft an. Lorenz Hecher berichtet, dass die DDR-Athleten zu ihnen gar keinen Kontakt gewollt hätten, wohl auch aufgrund der Kontrolle der Funktionäre. Bei den Wettkämpfen, die sie als Ringer europaweit bestritten hatten, waren die Spannungen des Kalten Krieges zu spüren. "Früher war es ein Wert für sich, einen Ostblock-Mann zu besiegen!", sagt Lorenz Hecher. Sein Bruder ergänzt, dass sie als Amateure "immer im Hintertreffen gegen Berufsringer" aus den Ländern des Ostblocks waren, vor allem da ihre Gegner häufig gedopt gewesen seien. Trotzdem habe es immer wieder gute persönliche Kontakte gegeben.

Von den zahlreichen Ländern und Städten, die sie dabei bereist haben, hätten sie wenig mitbekommen, erzählt Lorenz Hecher: "Du kennst nur Sauna, Trainingsstätten, Kampfstätten." Er hat übrigens nach eigener Aussage seit 25 Jahren keinen Ringkampf mehr gesehen, während Alfons Hecher bis heute regelmäßig bei Ringkämpfen in Hallbergmoos zuschaut.

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