Naturschutz:Eine Achse für den Klimaschutz

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Schon kleine Flächen, etwa entlang aufgeweiterer Gräben wie hier im Freisinger Moos, können sich positiv auf die Artenvielfalt auswirken. (Foto: Marco Einfeldt)

Mit einem zunächst auf drei Jahre angelegten Projekt will der Bund Naturschutz intakte Moorflächen im Freisinger und Erdinger Moos vernetzen und so auch die Biodiversität fördern. Das Potenzial ist groß.

Von Petra Schnirch, Freising/Erding

Die gute Nachricht: In den Landkreisen Erding, Freising und Dachau gibt es noch intakte Moore. Allerdings sind die Flächen sehr zersplittert und dadurch isoliert. Der Bund Naturschutz will deshalb einen Biotopverbund, eine Moor-Achse, in der Region schaffen und hat dazu ein dreijähriges Projekt gestartet. Violetta Just betreut das Vorhaben in der Region Freising und Erding, das sowohl für den Naturschutz als auch den Klimaschutz von Bedeutung ist.

Im zweitgrößten Niedermoor-Gebiet Bayerns seien die einzelnen Ortsgruppen des Bundes Naturschutz (BN) seit vielen Jahren aktiv, sagte Christine Margraf, Artenschutzbeauftragte des Landesverbands, am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Freising. "Was ein bisschen gefehlt hat, ist der Gesamtblick." Das soll sich mit dem Projekt "Biotopverbund und Moorschutz" ändern. Gefördert wird es vom Bayerischen Naturschutzfonds.

Werden Moore trockengelegt, zersetzen sie sich und geben das Treibhausgas CO₂ frei

Dass Moore eine wichtige Rolle beim Klimaschutz haben, ist längst auch in der Politik angekommen. In feuchtem Zustand speichern sie CO₂. Werden sie trockengelegt, zersetzen sie sich und geben das Treibhausgas dagegen frei. Deshalb will der Freistaat Landwirte, die ihre Flächen wieder vernässen lassen, von 2024 an mit dem Moorbauernprogramm finanziell stärker unterstützen. Das erleichtert auch die Arbeit der Naturschützer. Sie habe selbst enge Verbindungen zur Landwirtschaft, schilderte BN-Projektmanagerin Violetta Just. Es sei ihr wichtig, "dass man vernünftig miteinander redet". Gegeneinander funktioniere es nicht.

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Es wird eine ihrer zentralen Aufgaben sein, Landwirte davon zu überzeugen, Flächen zu verkaufen oder zu tauschen beziehungsweise auf Fördermöglichkeiten hinzuweisen. Just, 33, hat an der TU München in Weihenstephan den Masterstudiengang "Umweltplanung und Ingenieurökologie" absolviert. Im März startete ihre Arbeit für das BN-Projekt, sie spricht von einer "Herzensangelegenheit". Just hat eine halbe Stelle, ihre Kollegin Elisabeth Göpfert ist für das Maisacher und das Dachauer Moos zuständig.

Im Fokus steht der Naturschutz, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für typische Moos-Arten. Die Moor-Gebiete sollen ausgedehnt, dazwischen "Trittsteine" geschaffen werden, um eine Vernetzung zu ermöglichen. Davon profitiert zugleich der Klimaschutz. Moore seien faszinierende Lebensräume, schwärmte Just, Rückzugsorte für viele Arten. Mit anderen Partnern will der Bund Naturschutz eng zusammenarbeiten. "Es kommt Schwung in den Moorschutz", sagte Margraf, man kann hier gar nicht genug Kapazitäten haben."

Der Duftlauch ist vor allem im Isar-Raum zu finden, deshalb ist man hierzulande in der Verantwortung, diese Art zu erhalten. (Foto: Manfred Drobny/BN)

Wie empfindlich dieser Lebensraum wegen seiner Zersplitterung ist, zeigt das Beispiel des Baldrian-Scheckenfalters. Ein schweres Unwetter mit Hagel habe 1993 die kleine Population des braunen Falters mit den orange-gelben Flecken im Freisinger Moos vernichtet, schilderte Manfred Drobny, BN-Geschäftsführer für die Landkreise Freising und Erding. Wegen der fehlenden Vernetzung blieb er hier verschwunden. Der BN will nun mit Hilfe von Experten wieder einige Exemplare ansiedeln. Gezielte Maßnahmen sind auch für weitere seltene Tier- und Pflanzenarten wie Sumpfschrecke, Bekassine oder Duftlauch geplant. Oft seien es nur kleine Bereiche, wie Uferstreifen von Gräben, die benötigt werden, um etwa Vogelazurjungfer oder Duftlauch zu fördern, erklärte Margraf. Letzterer sei eine "Charakter-Art" für den Isarraum, deshalb trage man für dessen Erhalt Verantwortung. "Wir haben nicht nur eine Klima-, sondern auch eine Biodiversitätskrise."

Der Zustand des Freisinger Moos ist im Vergleich zum Erdinger noch vergleichsweise gut

Im Freisinger Moos besteht laut Drobny hohes Potenzial für den Natur- und Klimaschutz. Der Zustand sei noch vergleichsweise gut mit einer Torfmächtigkeit von drei bis vier Meter. Es gebe keine Siedlungen und kaum Äcker. Viele seltene Arten seien noch vorhanden. Geplante Maßnahmen seien eine Uferabflachung von Gräben, das Anheben des Wasserstands und eine an feuchte Torfböden angepasste Bewirtschaftung wie etwa eine Beweidung.

Die Bekassine soll wieder im Freisinger Moos brüten, dazu will der Bund Naturschutz mit seinem Moorschutz-Projekt beitragen. (Foto: M. Woike/Imago)
Mit gezielten Maßnahmen wollen die Naturschützer dazu beitragen, dass auch die Sumpfschrecke im Freisinger Moos wieder anzutreffen ist. (Foto: Manfred Drobny/BN)

Deutlich schlechter sieht es laut Drobny im letzten verbliebenen Quellmoor im Erdinger Moos, im Naturschutzgebiet Gfällach, aus. Die Voraussetzungen wären eigentlich gut: Es handelt sich um das älteste Naturschutzgebiet Bayerns und ist bereits seit 1933 im Besitz des Bund Naturschutz. Doch der Zustand des nur 6,4 Hektar großen Areals habe sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich verschlechtert. Durch Entwässerungsmaßnahmen sei es zu einer Grundwasserabsenkung in dem Bereich gekommen, erklärte Drobny. Auch aus dem Mittleren Isarkanal versickere nach seiner Sanierung kein Wasser mehr. Der Bund Naturschutz setzt deshalb große Hoffnung in ein Wasserrechtsverfahren, das die Gemeinden Finsing und Moosinning angestrengt haben. Sobald wieder mehr Wasser in den Bach fließt, wollen die Naturschützer dort mit ersten Aktionen loslegen.

Die Folgen des Klimawandels seien schon lange bekannt. "Aber die Geschwindigkeit, in der er kommt, ist gewaltig", sagte Margraf. In diesem Sommer seien teilweise sogar Wiesen im Freisinger Moos trocken gefallen. "Wir brauchen einen anderen Umgang mit Mooren", betonte Drobny. Feuchte Moore seien wie ein Schwamm, sie speichern Wasser und tragen damit auch zum Hochwasserschutz bei. Das sähen auch die Landwirte. "Die Notwendigkeit, dass man etwas machen muss, ist in weiten Teilen angekommen." Und er fügte hinzu: Wenn die Flughafengesellschaft "halbwegs glaubwürdigen" Klimaschutz betreiben würde, würde sie die für die dritte Startbahn reservierten Flächen im Erdinger Moos endlich abgeben und vernässen lassen.

Bewilligt ist das BN-Projekt für vorerst drei Jahre. Dann werde man auch schon erste Effekte sehen, ist sich Margraf sicher. Sie hofft, dass das Vorhaben dann weitergehen wird. "Klimaschutz wird auch in drei Jahren noch ein Thema sein."

Weitere Informationen zu dem Projekt gibt es im Internet auf der Website freising.bund-naturschutz.de/freisinger-moos .

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