Moosburger Schulbedarfsprognose:Schatten der Vergangenheit

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Die Schülerzahl an der Theresia-Gerhardinger-Grundschule wird laut Prognose bis 2035 um 260 steigen - dadurch werden elf neue Klassenzimmer benötigt. (Foto: Johannes Simon)

Durch bereits verwirklichte und geplante Neubaugebiete wuchs und wächst die Stadt sehr schnell. Doch die Kapazitäten der Schulen halten da nicht mit. Nun wird in einem ersten Schritt die Grundschule Nord auf dem Rockermaier-Areal erweitert.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Die Zahlen, die Heike Pethe vom Büro für räumliche Entwicklung (BRE) am Montagabend bei der Präsentation ihrer Bedarfsprognose für die Moosburger Schulen bis 2035 mit dem Beamer an die Leinwand des Sitzungssaals warf, waren ein klares Zeichen. Dafür, dass in der Vergangenheit so einiges verbummelt worden ist. Und dafür, dass es in Gegenwart und Zukunft so einiges zu tun gibt.

Basierend auf Zahlen des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München ergab sich in der Prognose "ein sehr starkes Wachstum" bei der Zahl der Kinder im Grund- und Mittelschulalter. Und durch die steigenden Schülerzahlen ein "starkes Kapazitätsdefizit" an den Schulen. So fehlen für den Bedarf im Jahr 2035 Stand jetzt vier (Anton-Vitzthum-Grundschule), elf (Theresia-Gerhardinger-Grundschule) und zwölf (Georg-Hummel-Mittelschule) Klassenzimmer. Als Erstes wird an der Gerhardinger-Schule (auch Grundschule Nord genannt) die Not gelindert. Der Stadtrat beschloss nach langer, intensiver Diskussion schließlich einstimmig, das bestehende Schulgebäude auf dem städtischen Teil des angrenzenden Rockermaier-Areals zu erweitern.

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Laut Bedarfsprognose wird die Bevölkerung in Moosburg von 20 735 im Jahr 2022 auf 24 850 im Jahr 2035 wachsen (plus 20 Prozent). Im Vergleich noch stärker wird der Zahl der sechs- bis neunjährigen Kinder mit einem Plus von 303 (37 Prozent) und der zehn- bis 14-jährigen Kinder mit einem Plus von 455 (48 Prozent) steigen. An der Vitzthum-Grundschule (Süd) wird die Schülerzahl bis 2035 voraussichtlich auf 619 zulegen, an der Grundschule Nord auf 600 und an der Mittelschule auf 717.

Mit mehr als 600 Schülerinnen und Schülern gehören die Moosburger Grundschulen "dann zu den größten in Bayern, wir haben dann gleich zwei Grundschulen der obersten Kategorie", stellte Johannes Becher (Grüne) fest. Die Mittelschule sei bereits jetzt eine der größten im Freistaat. Er fragte sich, "ob das dann wirklich noch funktioniert mit der Größe und ob wir nicht einen dritten Schulstandort brauchen. Wir benötigen ja nicht nur Gebäude und ein Raumkonzept, sondern es muss im Alltag auch reibungslos laufen".

Gudrun Rothe, die in der Sitzung anwesende Leiterin der Grundschule Nord, räumte ein, dass 600 Schüler "schon viel" sind. Und ein dritter Standort sei "eine wunderschöne Idee, aber die Platzprobleme habe ich jetzt und nicht in ein paar Jahren". Heißt im Klartext: Man sollte das Schulgebäude besser gestern als heute am bestehenden Ort erweitern. Denn obwohl die Grundschule Nord zum kommenden Schuljahr einen bereits früher beschlossenen Anbau auf dem Pausenhof der angrenzenden Mittelschule bekommt, "fehlt uns schon jetzt wieder ein Klassenzimmer", so die Rektorin.

"Das ist für uns eine sehr gute Lösung", sagt Schulleiterin Gudrun Rothe

Die vom Planungsbüro Wacker neben diversen anderen Varianten vorgestellte Option mit der schnellstmöglichen zusätzlichen Erweiterung der Grundschule Nord auf dem Rockermaier-Areal "ist für uns jetzt eine sehr gute Lösung", sagte Rothe. Durch die geplante Brückenverbindung zum alten Schulhaus habe man dann ein zusammenhängendes Gebäude und es gebe viele Grünflächen.

Schulreferent Martin Pschorr (SPD) ist ebenfalls im "Team Pragmatismus" zu verorten und meinte, man müsse die Nord-Grundschule "möglichst schnell erweitern - und das geht auf dem Rockermaier-Areal". Vorgestellt wurde von den Planern auch eine "Option zwei", die vorsah, die Grundschule auf den städtischen Grund auf der anderen Seite der Schlesierstraße zu verlagern und dort ganz neu zu bauen. Das alte Grundschulgebäude könnte man dann verwenden, um die Mittelschule zu erweitern.

Auf dem Areal an der Schlesierstraße stehen bekanntlich aber noch drei aktuell denkmalgeschützte Wachbaracken des früheren Kriegsgefangenenlagers Stalag VIIA, um deren Verbleib seit mehr als einem Jahrzehnt gerungen wird. "Mit den Baracken geht überhaupt nichts voran", so Pschorr. Auch CSU-Fraktionssprecher Rudolf Heinz sagte: "Wir müssen in erster Linie eine Lösung für die Kinder finden, das Stalag ist da schon zweitrangig." Das Planungsbüro legte zwar auch eine Variante für den Fall vor, dass keine der Baracken für schulische Zwecke abgerissen werden darf, doch das neue, dann angrenzende Grundschulgebäude wäre sehr eng. Einigen Räten wie Becher oder Philipp Fincke (FDP) hätte die Option zwei gut gefallen. Allerdings bräuchte man dann einen Bebauungsplan, wodurch das gesamte Projekt wohl um die sechs Jahre dauern würde und Kosten von 50 Millionen Euro aufwärts entstünden.

Bürgermeister Josef Dollinger würde die Stalag-Baracke Nummer eins gerne abreißen und durch einen Erweiterungsbau für die Mittelschule ersetzen. (Foto: Johannes Simon)

Die beschlossene Grundschulerweiterung am Rockermaier-Areal könnte laut Planer in vier Jahren abgeschlossen sein. Die auf offiziellen Vorgaben basierenden geschätzten Kosten in Höhe von 23 Millionen Euro, da waren sich alle einig, werden hier aber auch nicht reichen. Zusätzlich kommen dann später Kosten für die Mittelschulerweiterung dazu, die Bürgermeister Josef Dollinger (FW) nach wie vor gerne auf der Fläche der ohnehin nur in Teilen erhaltenen Baracke eins verwirklichen möchte. Aber diese Entscheidung steht noch aus und liegt in den Händen des Denkmalschutzes.

Wie auch immer es mit den Moosburger Schulen weitergeht. Die Fehler der Vergangenheit dürfe man nicht mehr begehen, meint Martin Pschorr: "Wir weisen Baugebiete mit über 300 Wohneinheiten aus und diskutieren über Fahrradständer, aber nicht über die Schülerzahlen, das müssen wir künftig vermeiden." Auch Jörg Kästl (ÖDP) meinte: "Das Thema Stadtentwicklung mit Kita-Plätzen, Schulen, Straßen und allen Ausprägungen ist hier in großer Runde noch nicht bearbeitet worden, das müssen wir endlich auf die Reihe kriegen."

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