Kita-Krise in Moosburg:Beschimpfungen und Beleidigungen

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Die für die Kinderbetreuung zuständige Stelle im Moosburger Rathaus ist derzeit für den Publikumsverkehr geschlossen. Der Bürgermeister will seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor aufgebrachten Eltern schützen. (Foto: Johannes Simon)

In Moosburg fehlen immer noch 100 Kindergartenplätze, weshalb Rathaus-Mitarbeiter laut Bürgermeister Dollinger regelmäßig von wütenden Eltern verbal und sogar körperlich angegangen werden. Die zuständige Abteilung ist nun für den Publikumsverkehr geschlossen.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Dass die Zuhörerplätze im Moosburger Feyerabendhaus von zahlreichen Müttern und Vätern des örtlichen Elternbündnisses besetzt sind, gehört mittlerweile zum festen Bild einer jeden Stadtratssitzung. Für gewöhnlich verleihen sie dann durch kritische Nachfragen ihrer Forderung nach ausreichend Kinderbetreuungsplätzen Nachdruck. Dabei legen sie auch nicht selten den Finger in die Wunde, weisen auf Versäumnisse der Stadt hin und machen Verbesserungsvorschläge.

Am Montagabend aber, da bezog eine Vertreterin des Bündnisses aus gegebenem Anlass klar Stellung - und zwar zugunsten der Verwaltung. Diese sieht sich aktuell angesichts von immer noch 100 fehlenden Kindergartenplätzen offenbar massiven Anfeindungen durch erboste Eltern ausgesetzt. Und das veranlasste Bürgermeister Josef Dollinger (FW) zu einer Art Brandrede, in der er die "sehr, sehr unschönen Reaktionen" mancher Eltern aufs Schärfste kritisierte. "Es kann nicht sein, dass unsere Mitarbeiter von Eltern beschimpft, teilweise auch körperlich angegangen und bis auf den Parkplatz verfolgt werden", sagte der Bürgermeister.

Das Elternbündnis nahm er dabei explizit aus. Er gehe nicht davon aus, dass die wütenden Reaktionen aus dessen Reihen kämen, "denn wir haben schon viele vernünftige Gespräche miteinander gehabt". Die erwähnte Sprecherin des Elternbündnisses fand angesichts des Verhaltens mancher Väter und Mütter dann in der Sitzung auch sehr deutliche Worte: "Solche Ausschreitungen sind unschön, das finde ich scheiße und das tolerieren wir auch nicht." Sie und ihre Mitstreiter wüssten, "dass es eine unheimlich umfangreiche und komplizierte Aufgabe ist", die von den Rathausmitarbeitern da bewältigt werden müsse.

Der Bürgermeister machte klar, dass er sein Personal mit aller Konsequenz schützen wird. Jede Beleidigung und jeden körperlichen Übergriff "werden wir zur Anzeige bringen, so geht das nicht", sagte Dollinger, "wir können gerne vernünftige Gespräche führen und nach Lösungsansätzen suchen, aber ich lasse meine Mitarbeiter nicht verheizen". Diese könnten nichts dafür, "dass die Plätze momentan fehlen". Man werde nun in der betreffenden Stelle im Rathaus wieder den Anrufbeantworter einschalten und die Abteilung für den Publikumsverkehr schließen, sagte der Bürgermeister: "Es kann nicht sein, dass die Mitarbeiter dort 60 Anrufe am Tag bekommen und sich beschimpfen lassen und dass sie sich nicht mehr in die Arbeit trauen und lieber Homeoffice machen."

Dollinger ließ keinen Zweifel daran, dass die wütenden Eltern-Reaktionen kontraproduktiv sind. Wer sich derart aufführe, der werde deswegen sicher nicht einen Kindergartenplatz bekommen, "sondern steht auf der Prioritätenliste dann ganz hinten". Mit dem Problem der Anfeindungen steht die Stadt übrigens nicht alleine da. "Solche Anrufe und Beschimpfungen bekommen wir auch", berichtete Gunnar Marcus vom Moosburger Kinderschutzbund, ebenfalls Träger einer Betreuungseinrichtung.

Auch die Stadt hat mittlerweile Personalprobleme und denkt über eine Zulage nach

Während die Stadt selbst bislang im Gegensatz zu anderen örtlichen Trägern personell noch gut aufgestellt war, hat sie hier "aktuell auch Probleme", räumte der Bürgermeister auf Nachfrage von Johannes Becher (Grüne) ein. "Das muss man ganz klar sagen und darauf müssen wir reagieren", sagte Dollinger. So werde der Stadtrat in nicht öffentlicher Sitzung klären, ob man eine Zulage für Mitarbeiter im Bereich der Kinderbetreuung zahle. Sollte sich das Gremium dazu durchringen, bedeutet das jedoch auch eine Mehrbelastung für die Eltern. Die finanziell klamme Stadt wird die Mehrkosten nicht alleine stemmen, "der größte Teil muss dann über die Gebühren finanziert werden", kündigte der Bürgermeister an.

Dass heuer erstmals das Online-Anmeldesystem Little Bird verwendet worden ist, findet grundsätzlich ein positives Echo bei allen Beteiligten. Ende Mai werde man wohl mit der Auswertung der eingegangenen Anmeldungen fertig sein, "dann werden die Zu- und Absagen rausgehen - aber bei der Platzvergabe werden mit Sicherheit einige auf der Strecke bleiben", bedauerte Dollinger. Kritik gab es seitens einer Mutter daran, dass man sich in dem System nur direkt bei den einzelnen Kindergärten anmelden kann. Sie plädierte für eine allgemeine Anmeldung bei der Stadt, die dann anhand einer Prioritätenliste die Plätze in den einzelnen Einrichtungen zuweist. Sie habe sich nämlich bei zwei Kindergärten angemeldet, in denen gar keine Plätze mehr zu vergeben seien, und gehe nun leer aus, so die Mutter. Diese Information habe im System gefehlt.

Kita-Referentin Nathalie von Pressentin (Grüne) hält das "für eine gute Anregung". Der Bürgermeister sagte zu: "Wir diskutieren das." Zum Schluss gab es von der Mutter noch ein paar versöhnliche Worte: Bei Christina Neumaier, der pädagogischen Fachbereichsleitung für die Kindertagesstätten im Rathaus, "fühle ich mich sehr gut aufgehoben. Wir wissen, dass es nicht an den Mitarbeitern der Stadt liegt, sondern am Personalmangel".

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