Moosburger Bürgermeister:Alles über den Haufen geworfen

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Der neue Moosburger Bürgermeister Josef Dollinger hatte schon früh einen konkreten Plan für seinen Amtsantritt. Doch dann kam die Corona-Pandemie und die hat auch 100 Tage nach seiner Wahl Einfluss auf seine Arbeit.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Josef Dollinger ist ein erfahrener Kommunalpolitiker. 18 Jahre lang saß er für die Freien Wähler im Stadtrat, sechs davon als Zweiter Bürgermeister. Seit 2008 ist er zudem Kreisrat. Wenn sich jemand wie er also darauf einlässt, für das Bürgermeisteramt in einer Stadt mit knapp 20 000 Einwohnern zu kandidieren, dann ist ihm bewusst, was er da macht und wie er die Aufgabe gestalten will. Aber manchmal kommt es eben anders. "Man weiß, was auf einen zukommt, legt sich einen Schlachtplan zurecht - und von heute auf morgen wird alles über den Haufengeschmissen", sagt er.

Als Dollingers Sieg bei der Stichwahl Mitte März feststand, nahm die Corona-Pandemie gerade so richtig Fahrt auf. Daher seien es "schon ganz besonderer Bedingungen" gewesen, unter denen er Anfang Mai sein Amt angetreten habe. Auch jetzt, gut 100 Tage später, hat Corona permanent Einfluss auf den Alltag des neuen Bürgermeisters. Er sei immer noch dabei, seine Kennenlerntreffen, etwa mit den Verantwortlichen örtlicher Betriebe, abzuarbeiten, sagt Dollinger, "das hat sich coronabedingt alles verzögert". Verzichten möchte er auf die persönlichen Treffen nicht, "das Zwischenmenschliche ist mir wichtig".

Auch Dollingers Büro, das vor Dienstantritt renoviert wurde, weist wegen Corona noch Lücken auf. Es fehlen ein paar Regale, auf die er vorerst verzichtet, um bei Besprechungen genügend Platz zu haben und die erforderlichen Abstände einhalten zu können. Aber alles kein Problem, meint der Bürgermeister: "Ich fühle mich wohl und habe einen schönen großen Schreibtisch, das ist das Wichtigste."

"Dass man so viel Verantwortung hat, ist einem erst gar nicht so bewusst"

Wohl fühlt sich Dollinger auch generell im Rathaus: "Ich gehe in der Früh gerne rein." Er habe ein tolles Personal, spüre von jedem die nötige Akzeptanz und bekomme jegliche Zuarbeit, die er brauche. "Es ist ein schönes Arbeiten hier, es macht Spaß", sagt er. Trotz seiner sechsjährigen Tätigkeit als Zweiter Bürgermeister musste er jedoch die Erfahrung machen, dass der Chefposten im Rathaus eine andere Hausnummer ist. "Es ist schon noch mal ein gewaltiger Sprung - dass man so viel Verantwortung hat, ist einem erst gar nicht so bewusst," gibt er ehrlich zu. Natürlich habe er kompetente Mitarbeiter, die ihm beratend zur Seite stehen, "aber da sitzen dann drei, vier Abteilungsleiter, jeder gibt seine Einschätzung ab - und letztlich bin ich es, der entscheiden muss und verantwortlich ist".

Verantwortung zu tragen und Entscheidungen zu treffen, ist Dollinger durch seine jahrzehntelange selbständige Tätigkeit als Heilpraktiker und Kinobetreiber gewöhnt - aber halt als privater Unternehmer und nicht als Vertreter eines Gemeinwesens. Ohnehin ist die Umstellung von der Privatwirtschaft auf den Öffentlichen Dienst nicht ganz einfach. "Privat geht alles viel schneller, es gibt weniger involvierte Entscheidungsträger und Regularien und es sind keine Ausschreibungen nötig - man hat eine Idee und setzt sie um", sagt Dollinger. "Ich bin es gewöhnt, anzupacken und Projekte flott umzusetzen - bei der Stadt ist das ein bisschen anders, das ist für mich gewöhnungsbedürftig". Den Anbau des Rosenhof-Kinos, das inzwischen seine Tochter führt, habe er vom Aushub bis zur Einweihung in 155 Tagen hingestellt. Beim städtischen Kinderhaus in den "Amperauen", auch wenn das eine ander Dimension sei, müsse man froh sein, wenn alles in zwei Jahren über die Bühne gehe.

Wichtige Themen sind das Kinderhaus und das neue Hallenbad

Das Kinderhaus ist eines der Projekte, mit denen sich der Bürgermeister in seinen ersten Amtsmonaten besonders beschäftigt. "Das ist ein ganz wichtiges Thema." Ebenso der Hallenbadneubau. Beide Projekte liefen gut, so Dollinger. Verzögerungen gibt se dagegen beim Naturkindergarten am Schwimmbad, weil die Nachfrage nach den benötigten Bauwagen so groß ist. Die Sanierung dreier Mühlbachbrücken im Stadtgebiet sowie Grundstückskäufe, um in Zukunft handlungsfähig zu bleiben, sind weitere Projekte, um die sich Dollinger in den ersten Monaten gekümmert hat. Im Oktober soll es auf vielfachen Wunsch eine Klausurtagung des Stadtrats geben, "um eine Prioritätenliste aufzustellen und über verschiedene Themen und Projekte intern zu diskutieren, ich verspreche mir sehr viel davon", sagt er.

Die bisherige Zusammenarbeit und die Stimmung im neuen Stadtrat bezeichnet der Bürgermeister als "sehr gut". Dass es vergangene Woche Verstimmungen wegen der von ihm veranlassten Umzäunung der Mariensäule gegeben habe, obwohl der Bauausschuss sich vor drei Jahren dagegen ausgesprochen hat, will Dollinger nicht überbewerten. Das sei seitens der Grünen "vielleicht bisserl eine politische Sache wegen der verlorenen Stichwahl und Wahl zum Zweiten Bürgermeister". Aber das sei nicht so schlimm, von seiner Seite werde es "keine Grabenkämpfe geben, das ist auch keine Belastung für die künftige Zusammenarbeit". Daran ändere auch nichts, dass es bei der Besetzung des einen oder anderen Postens im Stadtrat ein wenig geknirscht hat. "Das ist fair abgelaufen, auch wenn nicht jeder Wunsch erfüllt worden ist", sagt Dollinger. Und die Besetzung der wichtigen Referentenposten sei reibungslos gelaufen. Durch alle Fraktionen seien das "lauter engagierte Leute, das ist eine gute Grundlage für den Stadtrat".

© SZ vom 20.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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