Früheres Kriegsgefangenenlager in Moosburg:Zeitzeugnis für den Verfall

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Denkmalschützer wollen die Baracken als Lern- und Erinnerungsort erhalten. (Foto: Marco Einfeldt)

Noch immer ist der Moosburger Stadtrat uneins beim Thema Erhalt der verfallenden letzten Baracke im Lager Stalag VII A.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Das Thema wird im Stadtrat schon seit Jahren kontrovers diskutiert. Bei der Frage, ob die baufällige Sabathiel-Baracke in der Moosburger Neustadt als letzte noch weitgehend im Originalzustand erhaltene Häftlings-Unterkunft des früheren Kriegsgefangenenlagers Stalag VII A erhalten werden soll oder nicht, scheiden sich die Geister. Deshalb hätte es Bürgermeister Josef Dollinger (FW) auch gerne gesehen, wenn möglichst viele seiner Stadtratskollegen die Gelegenheit ergriffen und sich bei einer Besichtigung des Objekts Anfang der Woche über den aktuellen Zustand des denkmalgeschützten Gebäudes informiert hätten.

"Leider war das Interesse enttäuschend", berichtete der Bürgermeister hinterher. Aus Dollingers Sicht ist das ungünstig, denn "der Zweck des Ortstermins war, den Mitgliedern des Stadtrates den katastrophalen Zustand der Baracke näherzubringen, damit sie wissen worüber sie ihre Entscheidungen treffen."

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Mit den Entscheidungen, die das Gremium in der Vergangenheit zu diesem Thema getroffen hat, war und ist der Bürgermeister nicht immer glücklich. Er möchte in das Gebäude nämlich nichts mehr investieren. Dass die Kommune die Baracke im Jahr 2011 für 200 000 Euro aufgrund eines entsprechenden Stadtratsbeschlusses gekauft hat, war in seinen Augen völlig in Ordnung. Man tat das schließlich unter der Prämisse, keine weiteren Maßnahmen zu ergreifen, die Baracke nur zu erhalten, solange es ihr Bauzustand zulasse, und das Grundstück später anderweitig zu nutzen.

Jetzt steht die Baracke unter Denkmalschutz - das ändert einiges

Im Jahr 2013 wurde die Baracke dann allerdings unter Denkmalschutz gestellt. Und damit wuchs unter Bürgern und Stadträten auch das Bewusstsein für ihre historische Bedeutung. Nach Wunsch des Stalag-Vereins etwa soll die Sabathiel-Baracke "als letztes Zeitzeugnis Teil des Gedenkstätten-Gesamtkonzepts sein, an dem wir arbeiten". Das sagte Vorsitzender Günther Strehle in einem kürzlich veröffentlichen Youtube-Video, in dem man einen virtuellen Rundgang durch das Baudenkmal machen kann. Nach Ansicht des Stalag-Vereins hat die Baracke ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Gebäuden und Orten, an denen es vergleichbare Lager gab. Der Schlafsaal der einstigen Kriegsgefangenen sei schließlich noch weitgehend im Originalzustand erhalten.

Ende November vergangenen Jahres beschloss der alte Stadtrat, eine Dachkonstruktion über der Baracke zu errichten. Diese steht bereits und soll die Baracke vor einem weiteren Verfall schützen, solange über ihre künftige Nutzung nicht entschieden worden ist. Dollinger war damals davon nicht allzu sehr angetan. Eine Expertin vom Denkmalsschutz habe schon vor sechs Jahren gesagt, eine Sanierung lohne sich nicht, sagte er.

Beim Ortstermin Anfang dieser Woche stellte Statiker Martin Schubert den konstruktiven Aufbau der Baracke vor "und zeigte Möglichkeiten zur Stabilisierung gegen einen weiteren Einsturz auf. Kosten wurden nicht genannt", berichtet Dollinger. Neben dem finanziellen gibt es einen weiteren wichtigen Aspekt. "Aufgrund der Schadstoffbelastung durch sehr viel Glaswolle und mögliche weitere gesundheitsgefährdende Stoffe muss auf alle Fälle eine arbeitsschutzspezifische Betrachtung gemacht werden, bevor irgendwelche statischen Sicherungsmaßnahmen gemacht werden können", so der Bürgermeister. Er fühlt sich in seiner Haltung bestärkt. "Aufgrund der Gegebenheiten denke ich, wir sollten auch weiterhin bei der beim Kauf der Liegenschaft vom Stadtrat getroffen Entscheidung bleiben und das Gebäude als Anschauungsobjekt stehen lassen, aber keine weitere Steuermittel in eine Instandhaltung verschwenden." Der Stalag-Vereinsvorsitzende Strehle beendet das Video auf Youtube übrigens mit den Worten: "Es wartet noch viel Arbeit auf uns." Und das bedeutet ganz offensichtlich auch: Überzeugungsarbeit.

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