Landshut/Freising:Die Ex-Freundin gewürgt, deren Sohn getreten

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24-Jähriger wird zu einer Haftstrafe verurteilt, gegen eine Bewährung spricht die fehlende positive Sozialprognose

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Die Anklageliste war lang, die Vorwürfe waren massiv. Ein 24-jähriger Erdinger, der sich seit Anfang Februar am Landshuter Landgericht verantworten musste, soll seine frühere, aus Freising stammende Freundin mehrmals beleidigt, bedroht, vergewaltigt und brutal geschlagen haben - unter anderem, um einen Schwangerschaftsabbruch zu erzwingen. So lautete die Anklage. Alles konnte ihm während der mehrwöchigen Hauptverhandlung jedoch nicht nachgewiesen werden. Am Freitag verurteilte die dritte Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Inken Bouabe den 24-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlicher Körperverletzung, Beleidigung, Hausfriedensbruchs und Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.

Die Plädoyers von Staatsanwältin, Nebenklagevertreterin und Verteidigung fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, weil auch die Zeugen teilweise hinter verschlossenen Türen vernommen worden waren. Bezüglich der ihm zur Last gelegten Vergewaltigung wurde der Angeklagte freigesprochen. Seine 23-jährige Ex-Freundin, die im Prozess als Nebenklägerin auftrat, habe "weder bei der Polizei noch hier in der Hauptverhandlung das Kerngeschehen geschildert - darauf können wir keine Verurteilung stützen", sagte die Vorsitzende Richterin.

Bezüglich der verbliebenen Anklagepunkte ging sie in ihrer Urteilsbegründung hauptsächlich auf einen Vorfall vom 1. März 2020 ein, als das Paar schon getrennt war. Der Vater der 23-Jährigen rief damals bei ihr an, als der Angeklagte trotz eines gerichtlichen Kontaktverbots in ihrer damaligen Wohnung im nördlichen Landkreis war. Am Telefon bekam er eine Auseinandersetzung zwischen den beiden mit, in deren Verlauf der Angeklagte seine Ex-Freundin beleidigt, geschlagen, gewürgt und getreten haben soll. Zudem soll er ihren damals noch nicht mal vierjährigen Sohn, der einen anderen Vater hat, mit der Faust und dem Fuß traktiert haben. Dieser Fall hebe sich von den anderen ab, "weil wir hier weitere Beweismittel und Zeugen haben und nicht nur Aussage gegen Aussage steht", so die Richterin. So seien die Verletzungen durch Ärzte und Bilder belegt worden: "Wir sind überzeugt, dass der Angeklagte an dem Tag am Tatort war und es zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung gekommen ist."

Die Aussage der Geschädigten sei konstant gewesen. "Wenn man davon ausgeht, die Nebenklägerin habe sich das ausgedacht, dann hätte es schon eines ausgeklügelten Plans bedurft", argumentierte die Vorsitzende. "Sie hätte sich ihre Verletzungen selbst zufügen und ihren Vater in die Pläne mit einbeziehen müssen." Die Kammer glaube jedoch nicht, dass die junge Frau das gemacht habe, obwohl vorliegende Chatverläufe mit dem Angeklagten "zeigen, dass sie raffiniert ist".

Die Tat am 1. März wertete das Gericht als "Augenblicksversagen" des Angeklagten "in einer problembehafteten Beziehung". Er sei "da hin bestellt worden, um Geschenke für die Kinder zu bringen. Dann wurde das Treffen kurzfristig abgesagt", so die Richterin: "Ihm wurde verweigert, die Kinder zu sehen, das war möglicherweise der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat".

Zu Ungunsten des Angeklagten sprachen laut Gericht "diverse Vorstrafen, unter anderem eine Freiheitsstrafe". Eine Bewährung sei nicht möglich, weil keine besonderen Umstände vorlägen und keine positive Sozialprognose gestellt werden könne, da der Angeklagte keine Angaben gemacht habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 13.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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