Meteorologie:Dem Wetter zuliebe

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Franz Götz misst für den Deutschen Wetterdienst seit 1967 den Niederschlag. (Foto: Johannes Simon)

Franz Götz aus Langenbach ist ehrenamtlicher Beobachter für den Deutschen Wetterdienst. Er misst Regen und den Schnee - jeden Tag zur gleichen Zeit. Dafür wurde er bereits mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet.

Von Francesca Polistina, Langenbach

Die Regenmessstation steht mitten im Garten, zwischen den roten Tulpen und den Gemüsebeeten, wo Tomaten, Kohlrabis und vieles mehr wächst. Sie besteht aus einem zylindrischen Behälter mit einem Trichter obendrauf, dadurch fließt der Regen in eine geschützte Kanne. Einmal am Tag - in der Winterzeit pünktlich um 6.50 Uhr, in der Sommerzeit eine Stunde später - kommt Franz Götz hierher, öffnet den Behälter, nimmt die Kanne heraus und füllt das darin gesammelte Regenwasser in einen Messzylinder. Auch den Schnee misst er ab. Dann geht er wieder rein und gibt die erfassten Daten auf einer speziellen Internetseite des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ein, spätestens anderthalb Stunden später müssen sie übermittelt werden. Und das war's für diesen Tag.

Franz Götz, 87, pensionierter Polizist, ist ehrenamtlicher Wetterbeobachter für den Deutschen Wetterdienst. Seit 57 Jahren steht er früh auf, greift zum Messzylinder und geht in den Garten, zumindest wenn es geregnet hat. Die Niederschlagsmessung ist für ihn längst zur Routine geworden. "Ich mache das automatisch", sagt er. Wenn er ausnahmsweise krank oder verhindert ist, übernimmt seine Frau Annelies die Aufgabe. Und wenn beide früher gelegentlich verreist waren, hat sich eine Nachbarin darum gekümmert. Denn so steht es auch in der Bewerbung: Bei Urlaub oder Krankheit sollte eine geeignete Vertretung zur Verfügung stehen.

Im Landkreis Freising gibt es wie im Landkreis Erding drei ehrenamtliche Beobachter des DWD. Neben Franz Götz befinden sich zwei weitere Stationen in Fahrenzhausen und Nandlstadt, hinzu kommt eine hauptamtliche vollautomatische Station in Weihenstephan-Dürnast. Gerade sucht der Wetterdienst einen Freiwilligen in Neufahrn, weil die Person, die diese Funktion innehatte, aus Alters- und Gesundheitsgründen ausgeschieden ist.

"Es gab schon einen Bewerber aus Neufahrn", sagt Birgit Werrbach von der DWD-Niederlassung München, die die ehrenamtlichen Beobachter zwischen Starnberg und Regensburg betreut. Aber das Grundstück sei leider zu klein gewesen. Denn das Messgerät muss in ausreichendem Abstand zu Gebäuden und Bewuchs aufgestellt werden. Hindernisse könnten den Regen und den Schnee abschirmen, deshalb müssen sie doppelt so weit vom Niederschlagsmesser entfernt sein, wie sie hoch sind. Ein Beispiel: Ein zwei Meter hohes Gartenhäuschen muss mindestens vier Meter vom Messgerät entfernt sein.

Es ist nicht einfach, Ehrenamtliche zu finden

Diese Kriterien machen die Suche nach Ehrenamtlichen nicht einfach: "Aufgrund der Nachverdichtung ist es im Münchner Umland schwieriger geworden, Ehrenamtliche zu finden", sagt Werrbach. Besser sieht es auf dem Land aus, dort verfügen die Menschen über größere Gärten, außerdem gebe es viele Landwirte, die sich selbst für das Wetter interessieren und die Aufgabe gerne übernehmen.

Insgesamt betreibt der Deutsche Wetterdienst in ganz Deutschland ein Netz von circa 1750 nebenamtlichen Wetter- und Niederschlagsstationen, die oft jahrzehntelang von den gleichen engagierten Bürgerinnen und Bürgern betreut werden. Wo und welche Station zum Einsatz kommt, ist im langjährig gültigen Messnetzplan festgelegt, erklärt Birgit Werrbach vom Wetterdienst. Manche, wie im Fall von Franz Götz oder der vakanten Station in Neufahrn, sind konventionelle Niederschlagsstationen mit einem manuell zu bedienenden Hellmann-Regenmesser - benannt nach dem preußischen Meteorologen Gustav Hellmann, der ihn bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte.

Andere Stationen, wie zum Beispiel in Fahrenzhausen und Nandlstadt, sind mit automatischen Sensoren ausgestattet und daher größer und für den Wetterdienst wesentlich teurer, dort müssen die ehrenamtlichen Beobachter nur noch den Schnee messen, während Lufttemperatur und -feuchtigkeit (in manchen Fällen auch Erdbodentemperaturen und Wind) automatisch erfasst und übermittelt werden. Alle Messwerte, die von den Freiwilligen erfasst werden, werden für die Wettervorhersage oder etwa für Gutachten bei Unwetterschäden verwendet. Sie ergänzen die Daten der hauptamtlichen Stationen, der Satelliten und Radaranlagen, von denen sich die nächste in Isen im Landkreis Erding befindet.

Mit 90 ist Schluss, sagt Franz Götz

Franz Götz sagt, er sei "sehr gerne" Beobachter für den DWD, aus Interesse und aus Liebe zum Wetter. Als er 1967 anfing, weil er die Regenstation im Garten vom Vorbesitzer übernommen hatte, musste er alle Daten in ein Heft eintragen. Auch war keine Entschädigung vorgesehen. Das hat sich inzwischen geändert: Heute zahlt der Deutsche Wetterdienst an die Freiwilligen zwischen 760 und 900 Euro im Jahr, je nach Art der Station. Aber nicht nur die Bezahlung hat sich geändert. Einmal, so erinnert sich Franz Götz, hat er 81,4 Millimeter Regen an einem Tag gemessen, sein Rekord. Das war vor vielen Jahren, am 2. Juli 1987. Dabei hat er selbst beobachtet, wie die Niederschläge in den letzten Jahren intensiver und damit schädlicher geworden sind. Die Folgen des Klimawandels werden auch in Deutschland spürbarer.

Für sein langjähriges Engagement wurde Franz Götz bereits mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet, sie hängt neben der Urkunde in seiner Wohnung. Noch drei Jahre will er weitermachen, dann wird er 90 - und dann ist Schluss, sagt er. Obwohl - vielleicht denkt er noch darüber nach.

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