Landgericht Landshut:Lukrativer Hinweis

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Zwei bereits verurteilte Männer haben im Januar 2021 einen Rentner in Neufahrn überfallen und 240 000 Euro geraubt. Nun sitzt ein 36-Jähriger auf der Anklagebank, der den Tipp gegeben und ein Drittel der Beute kassiert haben soll.

Von Alexander Kappen, Neufahrn

Es ist ein in vielerlei Hinsicht spektakulärer Fall. Zwei Männer steigen im Januar 2021 in eine Wohnung in Neufahrn ein, fesseln und knebeln den dort lebenden 93-jährigen Rentner und rauben ihn aus. Sie erbeuten Schmuck sowie mutmaßlich 30 000 Euro Bargeld. Die beiden Täter werden geschnappt, schweigen bis zum Prozessauftakt im März 2023 zu den Vorwürfen, ehe erst der eine, dann der andere Angeklagte ein Geständnis ablegt. Und nicht nur das: Sie geben zu, nicht nur 30 000, sondern knapp 240 000 Euro mitgenommen - und durch drei geteilt - zu haben. Ein Drittel der Beute soll ein 36-jähriger Komplize und Tippgeber erhalten haben, der sich derzeit in einem gesonderten Prozess vor der sechsten Strafkammer des Landshuter Landgerichts verantworten muss.

Die beiden 33-jährigen Räuber sind von der ersten Strafkammer des Landgerichts Mitte März zu fünf Jahren und vier Monaten beziehungsweise vier Jahren und vier Monaten verurteilt worden. Aufgrund ihrer Geständnisse wurde schließlich auch der nun angeklagte 36-Jährige von der Polizei geschnappt, der ihnen die Information gegeben haben soll, dass sich im Haus des Rentners eine große Menge Bargeld befindet. Der mutmaßliche Anstifter zu dem Raub wiederum soll vom alkoholsüchtigen und inzwischen verstorbenen Neffen des Opfers den Hinweis auf das viele Bargeld in der Wohnung bekommen haben. Dieser war eigentlich als Erbe des 93-Jährigen vorgesehen, wurde von diesem dann aber aus dem Testament gestrichen, weil der von der Alkoholsucht des Neffen erfahren hatte.

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Sein Vater habe ihm gesagt, dass dessen Onkel mehr als 100 000 Euro im Haus aufbewahre, sagte der Sohn, 42, des verstorbenen Neffen am Montag als Zeuge in dem Prozess aus. "Wenn er betrunken war, ist es sehr wahrscheinlich, dass er es auch anderen Leuten erzählt hat." Der Angeklagte und seine Frau - früher sei sie die Freundin seines Vaters gewesen - hätten sich abwechselnd um seinen Vater gekümmert und ihm oft geholfen, so der 42-Jährige. Er denke, dass der Angeklagte auch gewusst habe, dass sein Vater vom Onkel enterbt worden war.

Ein beisitzender Richter der ersten Strafkammer, der am Montag als Zeuge über die vorherige Verhandlung gegen die beiden bereits verurteilten Räuber befragt wurde, berichtete, dass der Angeklagte selbst "wohl nicht mit einbrechen wollte". Er habe den beiden anderen aber offenbar den Weg vom Haus des Neffen zu dem des Opfers gezeigt. Der Angeklagte soll zudem die Anweisung gegeben haben, den Rentner zu fesseln. Im Haus des Neffen soll später auch die Beute gerecht durch drei geteilt worden sei. Im Haus des Opfers, so der Zeuge, sei übrigens nicht, wie sonst bei Einbrüchen üblich, alles durchwühlt worden. Vielmehr sei wohl gezielt in dem Sekretär gesucht worden, in dem sich das viele Bargeld befand.

Im vorangegangenen Prozess gegen die beiden schon Verurteilten wurde der nun Angeklagte bereits als Zeuge vernommen - beziehungsweise hätte vernommen werden sollen. Weil er sich sonst möglicherweise selbst belasten hätte müssen, verweigerte er die Aussage. Sein Pflichtverteidiger wies am Montag jedoch darauf hin, dass der Angeklagte über den einen der beiden Verurteilten, der angeblich sein Kumpel gewesen sein soll, gesagt habe: "Den kenne ich nicht." Der beisitzende Richter von damals wiederum erinnerte sich, dass der Angeklagte damals den anderen Verurteilten, den er nur flüchtig gekannt haben soll, in einer anderen Sprache, vermutlich Albanisch, angeblafft habe. Es habe sich wie eine Drohung angehört.

Die Verkündung des Urteils ist für 4. September geplant

Auch der Staatanwalt von damals, der am Montag ebenfalls als Zeuge vernommen wurde, bestätigte, dass der Angeklagte den mutmaßlichen Komplizen "eindringlich angeschaut und auf Albanisch was geäußert" habe. Die Dolmetscherin habe gesagt, dass es sinngemäß wohl eine Drohung gewesen sei. Laut dem Sitzungsprotokoll soll es wörtlich geheißen haben: "Deutschland wird dich keine zehn Jahre mehr behalten." Der Staatsanwalt interpretierte das als "er wisse, wo er ihn finde".

Die sechste Strafkammer des Landshuter Landgerichts unter Vorsitz von Richter Thomas Lindinger muss nun beurteilen, ob der Angeklagte tatsächlich der mutmaßliche dritte Mittäter des Raubüberfalls war und wie groß gegebenenfalls sein Tatbeitrag war. Dabei helfen sollen auch in Auftrag gegebene Nachermittlungen der Polizei, deren Ergebnisse das Gericht für Ende dieser Woche erwartet. Am Montag, 4. September, soll die Hauptverhandlung am Landgericht fortgesetzt werden. Dann sind auch die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung sowie die Verkündung des Urteils geplant.

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