Versuchter Totschlag in Neufahrn:Attacke mit dem Obstmesser

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Wegen einer Messerattacke im vergangenen November in Neufahrn muss sich ein 52-Jähriger derzeit vor der Schwurgerichtskammer des Landshuter Landgerichts verantworten. (Foto: imago)

Ein 52-Jähriger sitzt am Landgericht Landshut auf der Anklagebank, weil er zwei Männer angegriffen und einen lebensbedrohlich verletzt haben soll.

Von Alexander Kappen, Landshut/Neufahrn

Die sizilianische Mafia, Mordversuche und illegaler Organhandel. Wie das alles mit einer Messerattacke im November vergangenen Jahres in Neufahrn zusammenhängt? Man weiß es nicht. Der 52-jährige Angeklagte, der sich seit Freitag vor der als Schwurgericht tagenden ersten Strafkammer des Landgerichts Landshut wegen versuchten Totschlags verantworten muss, führte all das jedoch als "Vorgeschichte" seiner Tat an.

Offenbar fühlte er sich verfolgt. Zum Prozessauftakt sprach er davon, an jenem Novemberabend selbst angegriffen worden zu sein, Schläge und Tritte auf den Kopf bekommen zu haben. Dann habe er sich mit einem Messer verteidigt. Ein Widersacher erlitt dabei äußere Schnittverletzungen, ein anderer eine stark blutende Stichverletzung am Oberkörper, die ohne sofortige Behandlung zum Tod hätte führen können. Die beiden Männer nehmen an dem Prozess als Nebenkläger teil.

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Der Angeklagte wollte seine Vorgeschichte erst gar nicht erzählen. "Das ist eine Sache für die Kriminalpolizei, das ist so verrückt", sagte er. "Verrückte Vorgeschichten interessieren uns sehr", entgegnete Vorsitzender Richter Ralph Reiter. Und so erzählte der 52-Jährige, geboren und aufgewachsen in Moldau, dass er durch seine Schwester ins italienische Catania gekommen sei und dort Probleme mit der sizilianischen Mafia bekommen habe. Seine Schwester habe eine Mafia-Größe geheiratet. Der Mann habe sich offiziell anders genannt, "aber in Wirklichkeit ist er ein Corleone".

Schwester und Schwager hätten Pläne geschmiedet, ihren Sohn aus erster Ehe zu töten und seine Organe zu entnehmen. "Und mir wollten sie es in die Schuhe schieben." Auch er sei festgehalten worden, um ihm seine Organe zu entnehmen. "Aber wie durch ein Wunder konnte ich fliehen." Er kam schließlich nach Neufahrn. Und dann seien im November 2022 "innerhalb von vier Tage drei Tötungsversuche" gegen ihn unternommen worden, so der 52-Jährige. Unter anderem an jenem Tag, um den es in dem Prozess geht.

Der Angeklagte - zur Prüfung seiner Schuldfähigkeit ist eine Gutachterin während der Verhandlung anwesend - sagte, er habe an diesem Tag den Dynamo seines Fahrrads richten wollen und dafür auch ein Obstmesser dabei gehabt. Dann habe er die Schläge auf den Kopf bekommen. Ob es ein Anschlag der Mafia gewesen sei, wisse er aber nicht. Er sei jedenfalls von drei Männern angegriffen worden. "Ein großer Mann ist auf mich zugekommen. Er sagte: Wir werden dich töten", so der 52-Jährige. "Dann habe ich mich unüberlegt gewehrt, das Messer aus der Tasche geholt und ganz schnell zugestochen. Ich war wie weggetreten. Ich bin ausgeflippt."

Zeuginnen schildern den Fall ganz anders als der Angeklagte

Zwei befreundete Zeuginnen schilderten die Sache ganz anders. Eine von ihnen soll mit dem Auto nach Hause gekommen sein und dieses geparkt haben. Dann sei der Angeklagte direkt vor ihrem Auto gestanden und habe sie angestarrt. Sie habe Angst bekommen und ihre Freundin angerufen, die in der Straße wohnt. Diese kam und rief die Polizei, weil der Angeklagte den beiden Frauen bedrohlich und "komisch" vorkam. Er sei immer wieder vor den Büschen auf und ab gelaufen, für ein, zwei Minuten in diesen ab- und dann wieder aufgetaucht, so eine Zeugin.

Und dann sei ein Nachbar zur Tür rausgekommen, der von zwei Verwandten für einen Fitnessstudio-Besuch abgeholt werden sollte. Dieser habe zum Angeklagten nur "hallo" oder "hey" gesagt - und sei von diesem sofort mit dem Messer attackiert worden. Eine der Zeuginnen holte die beiden Verwandten des Nachbarn aus dem Auto. Die drei Männer konnten den Angeklagten - der nach Aussagen mehrere Zeugen stark alkoholisiert war - überwältigen und bis zum Eintreffen der Polizei fixieren. Dieser erlitt ebenfalls Verletzungen und musste ins Krankenhaus. Der Prozess wird fortgesetzt.

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