Berufungsverhandlung am Landgericht Landshut:Fatales Überholmanöver

Lesezeit: 2 min

Bei einem schweren Unfall nahe Hohenkammer ist im März 2022 ein junger Mann ums Leben gekommen. Der Unfallverursacher hat gegen seine Verurteilung zu einer Haftstrafe Berufung eingelegt. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Ein 63-jähriger Autofahrer ist am Freisinger Amtsgericht wegen eines von ihm verursachten tödlichen Unfalls bei Hohenkammer zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nun strebt er in zweiter Instanz eine Bewährungsstrafe an.

Von Alexander Kappen, Hohenkammer

Ein schlecht einsehbarer Streckenabschnitt auf der Bundestraße 13 zwischen Niernsdorf und Hohenkammer. Die fatale Entscheidung, trotzdem drei vorausfahrende Autos zu überholen. Und laut einem Gutachter die Winzigkeit von 0,8 Sekunden, die am Ende gefehlt hat, um einem entgegenkommenden Auto noch ausweichen zu können. Das war das folgenschwere Gemisch eines tragischen Verkehrsunfalls, bei dem im März 2022 ein junger Mann sein Leben verlor.

Der Unfallverursacher, ein heute 63-jähriger Mann aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, wurde im April vergangenen Jahres dafür am Amtsgericht Freising wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt. Sein Führerschein wurde ihm zudem für die Dauer von zwei Jahren entzogen.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Dagegen haben sowohl der Verurteilte als auch die Staatsanwaltschaft Einspruch eingelegt. Letzterer war die Strafe offenbar zu niedrig, der 63-Jährige dagegen strebt eine Bewährungsstrafe an. Am Landgericht Landshut läuft derzeit die Berufungsverhandlung.

Für eine Bewährung sah Amtsrichter Manfred Kastlmeier im vergangenen April keinen Spielraum. Der Unfallverursacher habe ein hohes Maß an Rücksichtslosigkeit gezeigt. Da sei es der Bevölkerung nicht zu vermitteln, wenn so ein Raser mit Bewährung davonkäme, sagte er in seiner Urteilsbegründung. Der 63-Jährige schaffte es am Unfalltag, zwei der drei vorausfahrenden Autos zu überholen, beim dritten kam ihm an der laut Zeugen unübersichtlichen Stelle dann der Wagen des jungen Mannes entgegen, der beim folgenden Frontalzusammenstoß getötet wurde. Die am Amtsgericht vernommenen Zeugen sagten damals aus, dass sie an der Stelle niemals überholen würden.

In der Berufung störte sich die Verteidigung an der Formulierung des Amtsgerichtsurteils, wonach der Angeklagte verärgert gewesen sei, weil die vorausfahrenden Autos nur mit 70 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen seien. Der 63-Jährige war seinen Schilderungen nach nicht in Eile oder Hektik. Weil er freie Sicht gehabt habe und die Anderen auf der Kuppe nicht beschleunigt hätten, habe er zum Überholen angesetzt. An der Unfallstelle galt zum Zeitpunkt des tragischen Vorfalls weder ein Tempolimit noch ein Überholverbot. Letzteres wurde erst nach dem Unfall eingerichtet. Zudem eine Beschränkung auf 80 Kilometer pro Stunde.

Die Mutter des Unfallopfers nimmt als Nebenklägerin am Prozess teil

Der Angeklagte hat wegen des Unfalls nach eigenen Angaben bis heute psychische Probleme und Albträume. Bei der Familie des Opfers hat er sich schriftlich entschuldigt. Die Mutter des bei dem Unfall ums Leben gekommenen jungen Mannes aus Pfaffenhofen nimmt an der Verhandlung als Nebenklägerin teil.

Bei der Berufung gehe es nicht darum, die Schuld abzuwälzen, hieß es seitens der Verteidigung. Vielmehr zielt diese auf die Rechtsfolgen ab. Konkret: Der Angeklagte will einen Gefängnisaufenthalt vermeiden und hofft auf eine Bewährungsstrafe. Hintergrund ist die finanzielle Lage des 63-Jährigen. Dem Vernehmen nach droht seiner Familie der Ruin, wenn er aufgrund einer Gefängnisstrafe nicht mehr arbeiten kann. Wegen eines Hausbaus gelte es Schulden in Höhe einer halben Million Euro abzubauen.

Der Berufungsprozess vor der siebten Strafkammer des Landgerichts Landshut unter Vorsitz von Richterin Sandra Strohner wird fortgesetzt. Dann soll unter anderem ein Kfz-Sachverständiger vernommen werden und sein Gutachten über den Unfallhergang erstatten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusGesundheitspolitik
:"Dafür würde ein Elektriker nicht mal vor die Tür gehen"

Jessica Bungartz-Çatak führt eine Hausarztpraxis im Landkreis Freising. Was sie von den Plänen von Karl Lauterbach hält - und warum aus ihrer Sicht niedergelassene Ärzte zu schlecht bezahlt werden.

Von Anna-Lena Schachtner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: