Landgericht Landshut:Verteidiger lehnen Richter ab

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Die als Schwurgericht tagende erste Strafkammer des Landgerichts Landshut hat einen 57-jährigen Echinger vom Vorwurf des versuchten Doppelmordes freigesprochen. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Die Rechtsanwälte eines wegen versuchten Totschlags Angeklagten stellen einen Befangenheitsantrag. Ihrer Meinung nach fehlt es der 1. Strafkammer am Landshuter Landgericht an der gebotenen Neutralität. Das wird jetzt überprüft.

Von Peter Becker, Landshut/Moosburg

Der Prozess um einen Mann, der versucht haben soll, in Moosburg seinen Schwager mit einem Hammer zu erschlagen, droht zu einer unendlichen Geschichte zu werden. Eigentlich hatte die als Schwurgericht tagende 1. Strafkammer am Landshuter Landgericht unter dem Vorsitz von Ralph Reiter die Beweisaufnahme schon am Donnerstag beenden wollen, als die beiden Verteidiger des Beschuldigten neue Beweisanträge stellten. Das Gericht und die Staatsanwältin lehnten diese jeweils ab. Dann folgte ein Befangenheitsantrag. Jetzt untersucht eine weitere Kammer bis Ende August, ob die aktuelle Strafkammer den Prozess mit der gebotenen Neutralität leitet.

Die beiden Verteidiger hatten die Strafkammer am Donnerstag mit neuen Beweisanträgen überrascht. Demnach wollten sie eine Sachverständige herbeizitieren lassen. Diese sollte bestätigen, dass der Hauptzeuge, der Opfer der Hammerattacke gewesen ist, unter einer Angststörung und Depressionen leidet. Damit soll die Tauglichkeit der Aussage des Mannes in Frage werden. Die Sachverständige hatte diesen wegen einer Angelegenheit vor dem Sozialgericht untersucht. Demnach, sagte einer der Verteidiger des Angeklagten, neige dieser zum "Katastrophieren" von Ereignissen.

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Der Verteidiger will dem Zeugen nicht unterstellen, dass er bewusst lüge, doch aufgrund seiner psychischen Erkrankung könnte es seiner Meinung nach sein, dass seine Aussage nicht der Wahrheit entspreche. Er glaube selber, was er sage. Er selbst habe erst am Donnerstagmorgen von einem entsprechenden Schriftstück Kenntnis erhalten.

Einen Beisitzenden Richter brachte das in Harnisch. Es sei eine Unverschämtheit, dass der Verteidiger, jetzt kurz vor dem eigentlich beschlossenen Ende der Beweisaufnahme, damit daherkomme. Der Verteidiger musste sich seitens der Strafkammer und der Staatsanwältin den Vorwurf gefallen lassen, er wolle den Prozess nur verschleppen.

Die verbalen Scharmützel gingen weiter. Ohne die Sachverständige als Zeugin könne sich die Strafkammer kein umfassendes Bild von den Ereignissen schaffen, sagte der Verteidiger. Dazu sei die Strafkammer aufgrund ihres Sachverstandes durchaus in der Lage, konterte Reiter. Diese lehnte in der Folge nach langer Beratung den Beweisantrag ab.

Der Prozess gerät ins Stocken. Erst Ende August geht es weiter

Das hielt die Verteidiger nicht davon ab, einen weiteren Antrag nachzuschieben. Sie verlangten das Herbeiziehen einer Akte des Versorgungsamts, die sich mit dem Behindertenstatus des Zeugen befasst. Auch dies lehnte die Strafkammer ab, was die Rechtsanwälte dazu veranlasste, ihren Befangenheitsantrag zu stellen. Einer der beiden äußerte sein Misstrauen gegenüber der Unparteilichkeit von Richter Reiter. Ob dem so ist, das zu überprüfen obliegt nun laut Beschluss am Freitag einer weiteren Kammer.

Der Prozess stockt also weiterhin. Ende August wird der Prozess vorerst mit zwei weiteren Verhandlungstagen fortgesetzt. Sofern die Strafkammer in ihrer aktuellen Besetzung einer Überprüfung standhält. Den Verteidigern des wegen versuchten Mord und gefährlicher Körperverletzung Angeklagten gaben die Richter mit auf den Weg, eventuell weitere Beweisanträge bis zum 17. August zu stellen, um weitere Verzögerungen im Vorfeld möglichst auszuschließen.

Indes verkündete der Rechtsbeistand des Nebenklägers, dem Opfer der Hammerattacke, sein Mandant sei bereit, eine Entschuldigung seitens des Angeklagten anzunehmen. Sofern sie denn aufrichtig gemeint ist.

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