Kommunalwahl in Freising:Zahme OB-Kandidaten-Runde

Lesezeit: 4 min

Die Kandidaten und die Kandidatin für das Freisinger Oberbürgermeisteramt unterschieden sich bei der Podiumsdiskussion eher in Nuancen: Richard Paukner, Peter Warlimont, Jens Barschdorf, Tobias Eschenbacher, Moderator Helmut Hobmaier, Jürgen Mieskes, Ulrich Vogl und Susanne Günther. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei der Podiumsdiskussion im Lindenkeller tasten die Anwärter und die Anwärterin auf den Freisinger Chefsessel ihre Positionen ab. Die Ziele sind ähnlich, nur die Prioritäten unterscheiden sich geringfügig

Von Johann Kirchberger, Freising

Wer sich einen echten Schlagabtausch wünschte, der dürfte am Donnerstag enttäuscht gewesen sein. Was da bei der Podiumsdiskussion zur Freisinger OB-Wahl im Lindenkeller stattfand, war mehr ein Abtasten, ein Austausch von Argumenten. Über die Ziele war man sich weitgehend einig, lediglich über die Prioritäten gab es manchmal unterschiedliche Ansichten.

Die sieben Kandidaten, die das F reisinger Tagblatt geladen hatte, gaben sich brav und anständig, und auch die knapp 200 Zuhörer brachten keine Schärfe ins Spiel. Als Diskussionsleiter Helmut Hobmaier zu Beginn ins Publikum fragte, wer seine Wahlentscheidung noch nicht getroffen habe, gingen auch nur wenige Hände hoch. Zwei Minuten lang durften die Kandidaten erläutern, warum sie sich für den "Traumjob Oberbürgermeister" bewerben und was sie ändern wollten. So etwa will Jens Barschdorf (FDP) Freising schöner, besser und kinderfreundlicher machen, will ein Kinderbetreuungskonzept und einen kostenlosen Kindergarten. Amtsinhaber Tobias Eschenbacher (Freisinger Mitte) will natürlich gar nichts ändern, sondern mit den Stadträten aller Fraktionen vertrauensvoll weiterarbeiten und die Projekte fortsetzen und beenden, die in den vergangenen Jahren unter seiner Regie begonnen wurden. Susanne Günther (Grüne), die im Falle ihrer Wahl nur 80 Meter zu ihrem Arbeitsplatz hätte, erinnerte an den Münchner Bürgerentscheid vor acht Jahren gegen die 3. Startbahn, freute sich darüber, dass die Freisinger geschlossen für den Erhalt ihrer Heimat kämpfen und würde Freising gerne zur deutschen Klimahauptstadt machen.

Jürgen Mieskes (CSU) sieht in Freising noch viel Potenzial und vermisst einen klaren Plan, wie die Stadt in 20 Jahren aussehen könnte. "Wir reagieren nur, wir müssen mehr agieren", sagt er. Günstige Wohnungen, vor allem für Studenten, fordert Richard Paukner (AfD) und hält an seiner Idee fest, die Luitpoldanlage platt zu machen und an einen Bauträger zu verkaufen. Sportplätze, Sporthallen und Volksfestplatz würde er nach Untergartelshausen verlegen. Für Uli Vogl (ÖDP) ist der Klimawandel die größte Herausforderung der Geschichte. Die Stadt müsse alles tun, um bis spätestens 2030 klimaneutral zu werden und er ist froh darüber, dass junge Menschen für den Klimaschutz auf die Straßen gehen.

Peter Warlimont (SPD) wiederum, der sich als Lehrer schon deshalb als geeigneter OB sieht, weil es egal sei, ob man einer Schulklasse oder einem Stadtratsgremium vorsitze, wünscht sich mehr Raum für Radler und Busse und fordert auch eine angemessene Bezahlung der städtischen Beschäftigten. Er erinnerte zudem an die Vielfalt der Menschen in dieser Stadt und bekam Beifall als er sagte: "Ich will, dass die ohne Angst und Hetze in Freising leben können".

Den Mangel an bezahlbarem Wohnraum sehen alle Kandidaten als Problem an. Günther fordert, Grundstücke der Stadt nicht mehr an Spekulanten zu vergeben, Paukner will schnellere Baugenehmigungen, Mieskes ist für die Ausweisung von mehr Baugrundstücken, damit es wieder zu einem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage kommt. Warlimont vermisst eine klare Zielvorgabe, wie viele Wohnungen bis wann gebaut werden, fordert ein Leerstandsmanagement und einen Mietspiegel. Barschdorf möchte die großen Arbeitgeber, vor allem den Flughafen, für den Bau von Werkswohnungen gewinnen. Auch Vogl will keinen städtischen Baugrund mehr an Bauträger verkaufen und möchte, dass die Stadt jährlich 100 Wohnungen selbst baut.

Eschenbecher erinnerte daran, dass der Wohnungsbau in der ganzen Region ein Problem sei, dass sich die meisten Grundstücke in Privateigentum befinden und die Ausweisung von Baugrund auf Teufel komm raus nur neue Probleme schaffe. Die Stadt vertrage nur ein Wachstum von etwa einem Prozent im Jahr, "sonst kommen wir mit der Infrastruktur nicht mehr nach".

Anders als Paukner wollen die übrigen OB-Kandidaten die Luitpoldanlage als Freizeitgelände erhalten, erneuern und verbessern. "Die Luitpoldanlage ist das Herz unserer Stadt", sagte Vogl, er könne sich vorstellen, hier eine Art Stadtpark anzulegen. Günther will Wertstoffhof und Bauhof in ein Gewerbegebiet auslagern und Warlimont mahnte, bei aller Euphorie die Kosten nicht aus den Augen zu verlieren. Was den Verkehr und die Innenstadt angeht, hätte Eschenbecher nichts gegen eine komplette Fußgängerzone in der Hauptstraße, bat aber darum, erst einmal ein paar Sommer lang abzuwarten, "dann können wir immer noch reagieren". Mieskes gefällt das Pflaster nicht "das ist ein Graus" und will gar keine Autos im Zentrum, damit Kinder hier Ball spielen können. Barschdorf will den Parksündern verstärkt an den Geldbeutel und Vogl fühlt sich in der Innenstadt einfach nur "sauwohl".

Den Umbau Freisings zur Radlstadt hätten zwar alle sehr gerne. Warlimont hält allerdings Kompromisse für notwendig, Vogl will die Kammergasse den Radlern geben, Barschdorf den Autoverkehr zurückdrängen und Günther berichtete, dass man derzeit mit einem Lastenfahrrad von der Stadt nur über Neustift nach Lerchenfeld komme, "das sind sechs Kilometer Umweg".

Einen kostenlosen Stadtbus hätten auch gerne alle, nur müsse da der MVV zustimmen, sagte Eschenbecher, und der mache das nicht. Seine Mitbewerber wollen sich damit aber nicht zufriedengeben und schlugen diverse Ersatzmaßnahmen vor. In der Diskussionsrunde kamen Fragen zur Wirtschaftsförderung, zum Glasfaser-Ausbau im Bereich Gute Änger, zur fehlenden Kneipendichte und zum gescheiterten Kauf des "Abseits". "Der Ball liegt noch im Feld des Grafen", meinte dazu Vogl als Liegenschaftsreferent, "der muss das nur erkennen".

Vogl war es auch, der die Westtangente als größte Fehlplanung Freisings bezeichnete und von einer "Scheißsituation für Vötting" sprach. Weil die Giggenhauser Straße nicht angeschlossen wird, fließe der Verkehr nämlich weiterhin durch den Stadtteil.

CSU-Mann Mieskes wurde gefragt, ob er sich beim Bau einer 3. Startbahn mit Hartmut Binner an einen Bagger ketten lasse, was er verneinte. Gleichwohl nannte er die Subventionen der FMG an Fluggesellschaften als "hirnrissig" und will als OB eine Politik der "Zukunftsvisionen" machen, was immer das sein mag.

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: