Hochwasserschutz:"Alles, was den Abfluss verzögert, ist hilfreich

Lesezeit: 3 min

Heftige Unwetter mit extremen Regenfällen häufen sich. Die Schäden an Häusern und in Wohnräumen sind teils enorm (Foto: Marco Einfeldt)

Wie kann ein Ortsteil wie Tuching vor Sturzfluten geschützt werden? Das hat Jakob Ritthammer in seiner Bachelor-Arbeit an der HSWT untersucht. Eines betont er: Einen 100-prozentigen Schutz wird es nicht geben.

Von Petra Schnirch, Freising

Heftige Unwetter mit extremen Regenfällen häufen sich, auch im Landkreis Freising. Die Schäden an Häusern und in Wohnräumen sind, wie zuletzt in Sünzhausen, teils enorm. An Hängen steigt zudem das Risiko von Sturzfluten. Vorkehrungen müssen auch an Stellen getroffen werden, die bei der Bebauung noch nicht im Fokus standen, etwa in Tuching.

Die Stadt befindet sich derzeit in einem Vergabeverfahren für den Ausbau der Tuchinger Straße inklusive entsprechender Entwässerung. Mit der besonderen Situation in dem Freisinger Ortsteil hat sich auch ein Absolvent der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) exemplarisch befasst. Für seine Bachelor-Arbeit ist Jakob Ritthammer mit dem Nachwuchspreis der Deutschen Wasserwirtschaft ausgezeichnet worden.

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Der 23-Jährige studierte Wassertechnologie in Triesdorf, inzwischen heißt der Studiengang "Ingenieurwesen Wasserwirtschaft". Er verknüpfe Technisches mit Umweltschutz, schildert Ritthammer, diese Kombination habe ihn sehr interessiert. Das Thema Wasser sei spannend - und enorm wichtig. Einerseits sei es Lebensgrundlage, andererseits habe es bisweilen zerstörerische Kraft. Selbst Abwasser habe viel Potenzial, das man nutzen könne.

Die Arbeit betreute Professor Oliver Christ. Die Aufgabe: ein kommunales technisches Konzept zur Sturzflutvorsorge am Beispiel von Tuching erarbeiten. Den Hochwasserschutz habe er zu Beginn des Studiums gar nicht so "auf dem Schirm gehabt", erzählt Ritthammer. Durch den Klimawandel werde dieser aber immer bedeutsamer.

Wasser ist für Jakob Ritthammer ein spannendes Element, es kann aber auch viel Schaden anrichten. In seiner Bachelor-Arbeit hat er sich damit befasst, wie sich Orte vor Sturzfluten schützen können. (Foto: Marco Einfeldt)

Eigentlich sind die Hänge im Norden von Tuching gar nicht so steil. Bei normalen Regenfällen gibt es dort keine Probleme, das Wasser versickert im Boden. Bei längerem Starkregen aber ströme es über eine "Art Wasserrutsche" nach unten, durch Gärten, in Lichtschächte und Keller, schildert Ritthammer. Der Rest sammelt sich unten "wie in einer kleinen Wanne" in einer Senke.

Der junge Ingenieur testete für seine Bachelor-Arbeit drei kostenlose Software-Programme, um herausfinden, wohin das Wasser bei Starkregen fließt und wie Kommunen Sturzfluten verhindern beziehungsweise besser lenken können. Bei der Datensammlung für die Modelle half ihm die Freisinger Stadtentwässerung, indem sie Informationen aus Bebauungsunterlagen, zu Kanalnetz und Topografie zur Verfügung stellte. Es ging Ritthammer vor allem darum, zu prüfen, ob die Programme für den Einsatz in Ingenieurbüros oder auch in Kommunen geeignet sind. "Die Ergebnisse waren sehr durchwachsen", bilanziert er.

Eines davon, "Akut" genannt, war als Beratungstool entwickelt worden, damit Kommunen eine bessere Vorsorge treffen können. Daran beteiligt war auch die HSWT. Es sei einfach zu bedienen und biete sich für eine erste Voreinschätzung an, es sei allerdings sehr ungenau und für die Planung nicht wirklich geeignet, schildert Ritthammer seine Erfahrungen. Erst in der aufwendigen Kombination mit einem weiteren Programm ließen sich damit geeignete Maßnahmen ableiten. Was es für die Praxis nicht einfach macht.

Eines wurde laut Ritthammer auch klar: Mit technischen Vorkehrungen allein lassen sich Sturzfluten nicht verhindern. Und: Selbst mit Umsetzung verschiedenster Maßnahmen wird es einen 100-prozentigen Schutz nicht geben. Am besten sei es, Bereiche, die sich als gefährdet erweisen, frei von einer Bebauung zu lassen, sagt der Ingenieur. Kommunen müssen künftig wohl umfassender prüfen, wo Wasser bei Starkregen zur Gefahr werden könnte.

Die Risiken müssen so weit es geht gesenkt werden

Dort, wo schon Häuser stehen wie in Tuching, müsse versucht werden, den Abfluss zu drosseln, etwa über Rückhaltebecken, das Wasser umzuleiten oder Gebäude durch bauliche Vorkehrungen zu schützen - beispielsweise durch Mauern, erhöhte Lichtschächte, kleine Rampen an Einfahrten. Auch Einsatzpläne für Feuerwehr und THW gehörten zur Vorsorge. Die Strategie müsse sein, "die Risiken so weit es geht zu senken", erklärt Ritthammer. "Alles, was den Abfluss verzögert, ist hilfreich."

In Tuching werde das teilweise bereits gemacht. Die Bewohner dort seien sich der Situation bewusst und hätten schon Maßnahmen ergriffen, sagt Ritthammer. Er arbeitet inzwischen in einem Ingenieurbüro in München. Zu seinen Aufgaben erhört unter anderem, Kläranlagen so zu optimieren, dass ihr ökologischer Fußabdruck möglichst gering ausfällt.

Die Stadt Freising bemüht sich seit Jahren darum, den Hochwasserschutz zu verbessern. Wie notwendig das ist, haben die Überschwemmungen 2013 gezeigt. Für Tuching schlägt eine Machbarkeitsstudie Rückhaltebecken und einen Regenwasserkanal vor. Richtung Ast könnte ein bestehender Graben ausgebaut werden, um Wasser abzuleiten. Den Stadtrat wird dieses Thema noch länger beschäftigen.

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