Demo gegen Rechtsextremismus:"Wir sind die größte Demonstration in Hallbergmoos"

Lesezeit: 3 min

Knapp 300 Menschen haben am Sonntagvormittag auf dem Hallbergmooser Rathausplatz gegen Rechtsextremismus demonstriert. (Foto: Marco Einfeldt)

300 Frauen, Männer und Kinder kommen am Sonntag zu einer Kundgebung auf den Rathausplatz in Hallbergmoos. Die Versammlung zeigt, dass der bundesweite Protest gegen Rechtsextremismus auch auf lokaler Ebene die Menschen mobilisiert.

Von Davida Schauer, Hallbergmoos

Seit drei Wochen gehen die Menschen überall in Deutschland gegen Rechtsextremismus auf die Straße. In Berlin kamen zuletzt 150 000 zusammen. Doch auch auf lokaler Ebene mobilisiert sich der Protest. Wie in Hallbergmoos, wo sich am Sonntag etwa 300 Demonstranten und Demonstrantinnen auf dem Rathausplatz zu einer Kundgebung zusammenfanden. "Wir sind die größte Demonstration in Hallbergmoos", sagte Robert Wäger (Grüne), stellvertretender Landrat und Versammlungsleiter, "weil es hier noch nie eine gab."

Das Spektrum der Teilnehmenden, Redner und Rednerinnen war so breit und vielfältig wie die Gemeinde selbst, in der Menschen aus mehr als 90 Ländern der Erde leben. Mitglieder der verschiedensten Parteien, Vereinen und Institutionen waren dem Aufruf der Ortsverbände der Grünen und der SPD gefolgt und um 11 Uhr vor das Rathaus gekommen. Die musikalische Unterstützung leistet die Blaskapelle Goldacher Buam.

Den Auftakt bei den Ansprachen machte die 20-jährige Sophie Holzmann von der Jungen Union. Sie wünschte sich, dass die demokratischen Parteien näher zusammenrücken und "durch einen beständigen Dialog zu einem guten Konsens kommen." Andreas Junghans, Ortsvorsitzender der Freien Wähler, sagte, "wir wollen Vielfalt", denn die eigene kulturelle Identität biete Orientierung im Leben und, "jeder von uns sucht ein Leben in Glück, Verbundenheit und Sicherheit."

Andreas Hauner, Sprecher der Grünen Jugend Freising, freute sich, dass auch Hallbergmoos "klare Kante gegen rechts" zeige. Er sei froh, dass die "schweigende Mehrheit" nach außen hin sichtbar Position beziehe. Respektvolles Miteinander wünschte sich Gemeinderätin Sabina Brosch (Grüne). Sie mahnte "Wehrte den Anfängen!" und sagte, dass das einmalige Demonstrieren nicht ausreichend sein könne. Thomas Henning von den Hallbergmooser Freien Wähler fragte in die Runde: "Hab' ich was verpasst? Bin ich durch eine Zeitmaschine hundert Jahre zurücktransportiert worden?" Die Geschichte zeige, dass man die rechte Bewegung nicht tolerieren dürfe.

Robert Wäger (Grüne), stellvertretender Landrat und Versammlungsleiter der Demo. (Foto: Marco Einfeldt)
Sofie Holzmann von der Jungen Union sprach als Erste in der bunten und vielfältigen Reihe der Rednerinnen und Redner. (Foto: Marco Einfeldt)

Ingrid Kammann lebt seit 40 Jahren in Hallbergmoos und ist im Helferkreis Asyl tätig. Ihre Rede begann sie mit einem Zitat von Gustl Bayrhammer: "Wir sind gerade in einer Zeit, wo wir noch rechtzeitig diesem wiederauflebenden braunen Spuk die Stirn bieten können." Der Volksschauspieler hatte diese Worte 1992, einen Tag vor Münchner Lichterkette gesprochen, als damals 400 000 Menschen ein Zeichen gegen Fremdenhass und Rechtsextremismus setzten. Kamman sagte, es sei wichtig, auf Migranten und Migrantinnen zuzugehen, "im allerbesten Fall werden sie sogar zu Freunden".

Nach ihr ergriff Nazir Nazari, der Ende 2015 aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet war, das Wort. Er erzählte, wie viel Angst und Hunger er damals hatte. Nun wollte er sich bedanken, in Hallbergmoos so gut aufgenommen worden zu sein. "Die Würde des Menschen ist unantastbar", zitiert Anna Maria Kreilinger (SPD) aus dem Grundgesetz und forderte, die Verfassung sollte laut und bunt verteidigt werden. Altbürgermeister Klaus Stallmeister sagte als letzter Redner, "wir haben's in der Hand, wir müssen uns engagieren und wir müssen etwas tun dagegen." Zum Ausklang spielten die Goldacher Buam die Europa-Hymne.

Nasir Nazari vom Helferkreis hielt auch eine Rede. (Foto: Marco Einfeldt)
Die Blaskapelle "Goldacher Buam" leistete die musikalische Unterstützung und spielte zum Abschluss die Europa-Hymne. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Teilnehmenden waren mit der Demo sehr zufrieden. Eva Lanzinger sagte, "rechts geht gar nicht". Harald Maskovic befand, es sei eine Bürgerpflicht sich gegen die rechtsradikalen Tendenzen zu wehren. Sarah, die von der Musik der Blaskapelle geweckt worden war, sagte, "es ist wichtig und richtig der schweigenden Menge einer Stimme zu geben." Sie hätte sich aber gewünscht, dass im Vorfeld mehr auf die Demonstration aufmerksam gemacht worden wäre. Die 20-jährige Nena hätte mehr junge Leute auf der Demonstration gut gefunden. Aber sie fand es auch gut, dass die "alten, weißen Männer", von denen immer gesprochen werde, zahlreich vertreten waren.

"Ich gebe zu, die Organisation war nicht ganz stolperfrei", räumte Versammlungsleiter Wäger nach der Demo ein, "und es gab schon Bedenken, ob eine Demonstration in Hallbergmoos überhaupt notwendig ist". Es seien aber so viele Menschen gekommen, wie er sich gewünscht habe. Das Ziel von 300 Teilnehmenden sei erreicht worden. Das bestätigte auch die Polizei. Ihm habe das breite Spektrum gut gefallen und es sei wichtig, dass junge und alte Menschen vertreten waren. Die Bandbreite der Reden halte er für gelungen, die Veranstaltung habe sich gelohnt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSternenkinder
:"Ich habe drei Söhne, aber vier Kinder"

Anne Rhode hat ihre Tochter 2015 still zur Welt gebracht. Sie erzählt von ihrem Weg durch die Trauer und wie sie jetzt anderen Betroffenen hilft. Im Oktober hat sich im Landkreis der Arbeitskreis "Sternenkinder" gegründet, der auf die Situation von Familien nach Fehl- oder Totgeburten aufmerksam machen will.

Von Francesca Polistina

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: