Energiewende:Überall lauern Fallstricke

Lesezeit: 4 min

Eine Freiflächen-Photovoltaikanlage will Heinz Hobmeier bei Marchenbach errichten lassen. Doch der Haager Gemeinderat verweigert seine Zustimmung. (Foto: Robert Michael/dpa)

Es ist nicht so einfach, eine Photovoltaikanlage bauen zu dürfen. Das zeigt das Beispiel von Heinz Hobmeier aus Marchenbach bei Haag. Der Gemeinderat verweigert seine Zustimmung und Bürgermeister Anton Geier erklärt, warum.

Von Peter Becker, Haag

Heinz Hobmeier aus Mittermarchenbach in der Gemeinde Haag versteht die Welt nicht mehr. Allerorts sei die Rede von der Energiewende, die Nachfrage nach Strom aus regenerativen Quellen sei hoch. "Fast jeder Politiker und Ökonom fordert mehr Tempo beim Bau von Photovoltaik und Windrädern." Umso unverständlicher ist es für Hobmeier, dass die Gemeinde Haag ihm die Zustimmung für den Bau einer 3,5 Hektar großen Freiflächenanlage verwehrt, obwohl seiner Meinung nach alle Gründe dafür sprechen. Das Argument für die Ablehnung lautet, dass die Anlage mindestens hundert Meter von der nächsten Wohnbebauung entfernt sein müsse. Bürgermeister Anton Geier sagt, es habe triftige Gründe gegeben, die Anlage abzulehnen.

Hobmeier führt viele Gründe dafür an, warum er sich als Nebenerwerbslandwirt für den Bau einer Agri-Photovoltaikanlage auf einem Acker in Hanglage entschieden hat. Der sei von der Bodenbonität her nicht sehr gut. Obendrein herrsche starke Erosionsgefahr. Bei Starkregen werde sowohl die angrenzende Straße als auch seine Hoffläche von Schlamm überspült. "Und die Starkregenereignisse werden zukünftig eher verstärkt auftreten", sagt er überzeugt.

Den Verlust von Humus will Hobmeier mit seiner Agri-Anlage verhindern. Obst- soll Getreideanbau ersetzen. "Johannis- und Himbeeren wachsen ideal unter den Modulen." Gänse könnten die Flächen unter diesen beweiden. Auf diese Weise wollte sich Hobmeier eine Einnahmequelle erschließen. Im September 2022 stellte er einen dementsprechenden Antrag an den Gemeinderat. Dabei verwies er auf die Möglichkeit, die Anlage auf genossenschaftlicher Basis zu betreiben.

Die Antwort auf die Anfrage fiel für Hobmeier enttäuschend aus. Sie sei nicht öffentlich im Gemeinderat besprochen und es sei vereinbart worden, "mir nichts zu sagen". Im darauffolgenden Winter gab das Landratsamt in Zusammenarbeit mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf die sogenannte "Pfiffig-Studie" in Auftrag. Sie sollte nach möglichen Standorten für Windräder und Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Landkreis Freising suchen. Unter anderem erfassten die Studierenden auch den Acker von Hobmeier, der sich in der Gemarkung Plörnbach in Richtung Seeberg befindet. Die "Pfiffig-Studie" stufte die Fläche auf ihrer Skala als "grün" ein, also für Photovoltaik "bestmöglich geeignet".

Hobmeier schöpfte wieder Hoffnung und stellte einen Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplans. Der sei im März 2023 nicht behandelt worden. Stattdessen habe die Gemeinde ein Büro damit beauftragt, einen Kriterienkatalog für das Errichten einer Freiflächenanlage zu erstellen. An Fronleichnam des vergangenen Jahres habe es laut Hobmeier wieder ein Starkregenereignis gegeben, das Erdreich auf seine Hofstelle schwemmte.

Die Nachbarn haben ihre Einwilligung gegeben

Hobmeier suchte erneut das Gespräch mit der Gemeinde. Bürgermeister Anton Geier habe ihm geantwortet, er müsse sich etwas anderes als eine Freiflächen-Photovoltaikanlage einfallen lassen. Mittlerweile sei der Kriterienkatalog beschlossen. Was Hobmeier ärgert: Weder die Anschlussfähigkeit an ein Stromnetz, Erosionsschutz noch die Generierung von Gewerbesteuern soll ausschlaggebend für die Bewilligung des Solarparks sein, sondern wichtig sei, dass der Abstand von hundert Metern zur Wohnbebauung eingehalten werde. Warum dies der Gemeinde so wichtig sei, das sei ihm nicht gesagt worden. Von der Hauptstraße her sei der Acker jedenfalls kaum einsehbar. Und die Nachbarn befürworteten den Bau des Solarparks ebenfalls.

Das Landratsamt erklärt dazu, dass Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Außenbereich nicht privilegiert zulässig sind. Über ihre Genehmigung entscheidet die Gemeinde ob ihrer Planungshoheit. "Über die Änderung des Flächennutzungsplans und Aufstellung eines Bebauungsplans kann sie dabei ihre ortsplanerischen Vorstellungen zum Ausdruck bringen", lautet die Auskunft aus dem Landratsamt. "In diesem Zusammenhang kann die Gemeinde Kriterien aufstellen, wo und in welchem Umfang sie Ausweisungen überhaupt vornehmen beziehungsweise zulassen möchte." Dabei sei es auch unerheblich, ob die Zustimmung der Nachbarn vorliege oder nicht. "Die Entscheidungsgewalt hat einzig und allein die Gemeinde."

Und eben von dieser Entscheidungsgewalt hat die Gemeinde Haag Gebrauch gemacht, indem sie den Abstand zur nächsten Wohnbebauung auf hundert Meter festlegte. "Gesetzliche Vorgaben hierfür fehlen", lautet die Auskunft aus dem Landratsamt. Haags Bürgermeister Anton Geier sagt auf Nachfrage, der Gemeinderat habe sich Regeln zur Flächenausweisung für Photovoltaikanlagen überlegt. Dazu gehörten unter anderem der Abstand zur Wohnbebauung, die Erreichbarkeit und die Möglichkeit zur Einspeisung des Stroms.

Haags Bürgermeister Anton Geier ist selbst ein großer Fan der Photovoltaik. (Foto: Privat)

Viele Flächen seien übrig geblieben, versichert Geier. Von dem von Hobmeier vorgeschlagenem Standort lägen aber nur 1,5 Hektar in dem ausgewiesenen Bereich. Zudem hat nach Geiers Auskunft ein Investor den Antrag gestellt. Dem Haager Bürgermeister stellt sich hier die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Unter einer Fläche von zehn Hektar lohne sich das Geschäft nicht, habe er erfahren.

Und ein weiteres Argument spricht seiner Auskunft nach gegen eine Genehmigung der von Hobmeier beantragten Anlage. Ein Kriterium für eine solche ist die Einsehbarkeit. Das ist insbesondere im tertiären Hügelland oberhalb der Amper heikel. Die von Hobmeier beantragte Photovoltaikanlage liege an einem Hang und würde das Ortsbild von Marchenbach beeinträchtigen. "Sie darf nicht dominant auf einem Hügel liegen", bekräftigt der Haager Bürgermeister. "Und das gilt für alle Ortsteile."

Haag hat 25 Hektar Fläche für Photovoltaik ausgewiesen

Für Geier ist somit alles geklärt. Ein Blick auf die für Photovoltaik ausgewiesenen Flächen genüge, um einen Antrag zu genehmigen oder nicht. Die Gemeinde habe vorläufig 25 Hektar Fläche ausgewiesen. "Wir schauen uns das an", sagt Geier. Eine Erweiterung ist nicht ausgeschlossen. "Willkür liegt mir fern", versichert der Bürgermeister. Er selbst sei ein großer Befürworter von Photovoltaik. Aber es sei ihm wichtig, dass "die Gemeinde das Heft in der Hand hält". Damit soll jeglichem Wildwuchs vorgebeugt werden.

Das Argument von Hobmeier, er sei nicht informiert worden, lässt der Haager Bürgermeister so nicht stehen. Er habe Hobmeier eine E-Mail geschickt, doch dieser habe sie nach eigener Auskunft übersehen. Was die Erosionsgefahr auf dem Acker von Hobmeier anbelangt, rät er ihm, doch am unteren Ende etwa eine Streuobstwiese anzulegen, die das abgeschwemmte Erdreich auffangen kann.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Kita-Krise
:"Wir sitzen wie auf Kohlen"

Die ersten Eltern haben für das kommende Kita-Jahr bereits eine Absage bekommen. In der kommenden Woche erfahren dann alle Freisinger Familien, wie es für sie weitergehen wird. Die Klagebereitschaft sei inzwischen hoch, sagt Annalisa Fischer von der Bürgerinitiative für Freisings Kinder.

Von Gudrun Regelein

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: