Großübung:Ein Blaulichtmeer auf der Nordkurve

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Feuerwehr-Übung Großübung der Feuerwehren an der neuen Bahnstrecke âÄzNeufahrner NordkurveâÄo am 10.11.2018. Foto: Andreas Gebert (Foto: Andreas Gebert)

Auf dem neuen Bahnstück bei Neufahrn findet am Samstag eine Großübung statt, 300 Rettungskräfte sind im Einsatz. Mit dabei: CopKa, eine Drohne mit satellitengestütztem Internet.

Von Alexandra Vettori, Neufahrn

Eine falsche Weiche, mehr nicht, und die S-Bahn aus Freising fährt nicht in Richtung München, sondern biegt auf die neue Bahnstrecke in Richtung Flughafen ab. Dort aber ist das Gleis besetzt, ein Bauzug steht am Anfang der Brücke über die Autobahn A 92. Der S-Bahn-Führer erkennt die Gefahr, leitet die Notbremsung ein, doch er kann den Zusammenprall nicht mehr verhindern. Daneben auf dem Gegengleis, unbeschädigt, steht ein Probezug. Doch die Bahnmitarbeiter können nicht aussteigen, es herrscht Lebensgefahr: Die Oberleitung mit einer Spannung von 15 000 Volt ist bei dem Zusammenstoß abgerissen.

Großübung
:Simuliertes Zugunglück auf der Neufahrner Nordkurve

Wegen einer falsch gestellten Weiche fährt Samstagmittag eine S-Bahn auf die neue Strecke zum Flughafen und kollidiert mit einem Bauzug.

Von Alexandra Vettori

Den Überblick verschafft "CopKa"

Das ist das Szenario einer Großübung am vergangenen Samstag, über die nicht mal die Rettungskräfte informiert waren. "Die Truppen wissen grob, es wird eine Übung geben, sie wissen aber nicht was oder wie die Lage ist", erklärt Jürgen Letschnik, technischer Leiter des Projekts Copka am Lehrstuhl für Raumfahrttechnik der Technischen Universität München (TUM). Die Raumfahrttechniker sind bei der Übung dabei, weil sie ihren Multicopter einsetzen, der Luftbilder liefert, die mithilfe einer Satelliten-Internetverbindung an die Rettungskräfte und die Leitstelle übertragen werden. Das erleichter die Koordination von Technischen Hilfswerk, Polizei, Feuerwehren und Sanitätsdiensten erheblich.

Michael Reffgen von der Werkfeuerwehr der TUM ist der Pilot der Drohne, die sofort nach dem Alarm in Garching startet und zur Neufahrner Nordkurve fliegt. Um 13.09 Uhr ist es soweit, der Notruf aus dem Zug geht raus. Die anwesende Presse darf sich solange ein Bild von der Unfallstelle machen. Auf den Gleisen simulieren drapierte Arbeitsklamotten, hineingesteckte Bolzen und Stiefel verunglückte Bahnarbeiter. In der S-Bahn sitzen um die 20 gut gelaunte Bahn-Auszubildende, die Fahrgäste spielen. Das Team "Realistische Notfalldarstellung" der Neufahrner Wasserwacht hat die jungen Leute dramatisch geschminkt. "Es ist total interessant, so was mitzuerleben", sagt Florian Wirth, einer der Azubis, "außerdem bekommen wir dafür einen Tag frei".

14 Minuten nach dem Alarm kommt die erste Feuerwehr

Um 13.23 Uhr ertönen die ersten Martinshörner, auch Copka ist da, er sieht aus wie ein kleines Segelflugzeug und liefert hinunter in das Camp der Einsatzleitung scharfe Bilder. Als die Drohne später landet, fällt sich das Forscherteam in die Arme. Kreisbrandrat Manfred Danner, der laut Katastrophenschutzgesetz wegen des "erhöhten Koordinationsbedarfs" die Gesamt-Einsatzleitung innehat, ist einmal mehr begeistert: "Das ermöglicht eine super Übersicht." Um 13.28 Uhr ertönt das erste Martinshorn, die Neufahrner Feuerwehr ist da. Oben auf dem zehn Meter hohen Damm, auf dem die Gleise der Neufahrner Nordkurve verlaufen, warten die Einsatzkräfte immer noch. Weil die Oberleitung mit 15 000 Volt Spannung gerissen ist, darf keiner an die Gleise. Die Alarmkette ist lang: Erst alarmiert der Lokführer die Bahn, die dann die Rettungsleitstelle in Erding, die dann die Wehren und Sanitäter. "Das ist völlig normal", sagt Michael Reffgen von der Leitstelle. Man nehme das in Kauf, dass es länger dauere, die Alternative sei ein wildes Durcheinander.

Gerettet wird erst nach einer Stunde

Schließlich erden die Fachleute der Neufahrner Feuerwehr die Oberleitung, und als die Gefahr gebannt ist, rollt die Rettungsmaschinerie. Die Feuerwehr Massenhausen legt den Wasserschlauch, die aus Mintraching kommt mit Holzleitern und klettert in die S-Bahn. Das Sichtungsteam des Roten Kreuzes verschafft sich einen Überblick, und nach einer guten Stunde werden die Verletzten mühsam nach unten transportiert.

Jeder weiß, wo er stehen muss, die Einsatzleitung vor Ort koordiniert die Helfer. (Foto: Andreas Gebert)
© SZ vom 12.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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