Freisinger Prop-Begegnungsstätte:Eine Zeitschrift als Anker

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Das Team der Kontakt- und Begegnungsstätte hat sich als neues Angebot das KoB-Blatt ausgedacht, es ist so beliebt, dass es auch nach Corona erscheint. (Foto: privat)

Weil die Begegnungsstätte für Suchtkranke und -gefährdete des Vereins Prop geschlossen hat, gibt es jetzt das KoB-Blatt.

Von Johanna Pichler, Freising

Ein Rezept für eine Spätzlepfanne mit Spinat, ein Spruch der Woche, Rätsel und Informationen zur Suchtgruppe, all das findet sich im neuen KoB-Blatt der Freisinger Kontakt- und Begegnungsstätte des Vereins Prop. Die Idee dazu kam im März dieses Jahres auf und wurde innerhalb einer einzigen Woche umgesetzt, sodass die erste Ausgabe noch im selben Monat veröffentlicht wurde. Im Regelbetrieb der Kontakt- und Begegnungsstätte können alkoholgefährdete, alkoholabhängige und mehrfach abhängige Menschen aus dem Landkreis Freising an einem festen Angebot an förderlichen Aktivitäten und Gemeinschaft teilnehmen. So wird ihnen an fünf Tagen der Woche ein geordneter Tagesablauf geboten. Die Corona-Maßnahmen schränkten den Betrieb jedoch so stark ein, dass die üblichen Angebote wegfielen. Eine neue Idee musste her, und so wurde das KoB-Blatt als eine Art "zusätzlicher Anker" eingeführt.

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"Viele unserer Besucher sind alleine und vereinsamen in ihren Wohnungen"

"Viele unserer Besucher sind alleine und vereinsamen in ihren Wohnungen. So bekommen sie immerhin regelmäßige Informationen und der Kontakt wird gehalten", sagt Einrichtungsleitung Felix Hartl. "Unsere Einrichtung war zwar immer besetzt und die Besucher konnten kommen und sich für kurze Zeit bei uns aufhalten, aber das Angebot der Tagesstrukturierung fiel von heute auf morgen weg." Normalerweise kann die Kontakt- und Bewegungsstätte ab acht Uhr morgens bis 18 Uhr besucht werden. Es gibt Frühstück, man kann Zeitung lesen, bekommt ein Mittagessen und es werden verschiedenen Gruppenaktivitäten angeboten. Und das alles kostenlos, genau wie auch das KoB-Blatt.

"Wir haben schon ganze 36 Abonnenten und alle sind begeistert. Man freut sich, wenn statt der ständigen Rechnungen unser Blatt im Briefkasten liegt", sagt Felix Hartl. Das Redaktionsteam plant nun, das Blatt auch nach der Pandemie weiterzuführen und eventuell auch die Besucher mit einzubeziehen. So könnte es in Zukunft eine redaktionelle Zeitungsgruppe geben, die sich regelmäßig in der Einrichtung trifft. "Auf das Blatt freue ich mich immer sehr", sagt Martha. Weil sie unter einer Kaufsucht leidet und oft einsam ist, geht sie normalerweise jeden Tag in die Freisinger Kontakt- und Begegnungsstätte.

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"Das Blatt gibt mir immer gute Tipps, was ich kochen kann und ist nicht zu teuer"

"Ich bin wirklich froh drum, denn das Blatt gibt mir immer gute Tipps, was ich kochen kann und ist nicht zu teuer", erzählt Martha weiter. Ihre Rente sei eher gering, daher freue sie sich über die kostengünstigen Rezepte. Und auch der Spruch der Woche mache ihr immer wieder Mut. "In der ersten Ausgabe war ein Bild von allen, da war auch der liebe Hund Merlin drauf. Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn ich kann selber wegen meines Asthmas keinen Hund haben", erzählt Martha. "Das gibt mir viel Mut in der Zeit."

In der Einrichtung darf Martha außerdem kostenlos ihre Wäsche waschen, denn ihre Waschmaschine ist kaputt und bei der niedrigen Rente wäre eine Neuanschaffung zu teuer. Dazu wird Martha viel beraten und unterstützt. Auch zu einigen 450 -Euro-Jobs wurde ihr bereits verholfen. "Ich bekomme hier einen geregelten Rahmen geboten, da fallen einem viele Dinge leichter. Draußen ist es schwer für mich, Kontakte zu knüpfen, aber hier ist das einfacher und es kommen ja auch immer die gleichen Leute", sagt Martha. "Die Therapeuten erkennen außerdem immer, wenn es einem nicht so gut geht". Sie freut sich, dass der Betrieb in der Freisinger Einrichtung schon bald wieder losgehen kann. Vorstellen, an dem KoB-Blatt selbst mitzuarbeiten, kann sich Martha allerdings nicht. "Ich bleibe lieber weiterhin fleißige Leserin", schmunzelt sie.

Im Juni können bis auf ein paar Ausnahmen fast alle wieder loslegen

Laut Felix Hartl steht die Kontakt- und Bewegungsstätte schon in den Startlöchern. "Die Malgruppe konnte sogar schon starten, weil schon alle geimpft sind. Im Juni können bis auf ein paar Ausnahmen fast alle wieder loslegen", sagt der Einrichtungsleiter erfreut. Bis dahin dürfen sich die Besucher aber auf jeden Fall schon mal auf die siebte Ausgabe des KoB-Blattes freuen.

© SZ vom 25.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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