Tassilo-Kulturpreis:"Ich habe danach sehr viel Feedback bekommen."

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Reggae-Djane Anja Winnes am 30. Juni 2021 bei der Preisverleihung im Literaturhaus. (Foto: Stephan Rumpf)

Seit es die Tassilo-Preisträgerin Anja Winnes gibt, ist die Reggae-DJ-Szene in der Region keine reine Männerdomäne mehr. Mit ihrem "Lioness Awake Roots Café" bringt sie Frauen an die Turntables und macht sie zu Löwinnen.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Der nächste Termin für das "Lioness Awake Roots Café" steht schon fest. Am Sonntag, 8. Januar, treffen sich "die Löwinnen", wie Anja Winnes sie nennt, zur Neujahrsedition der Reggae-Djane-Reihe im kleinen Freisinger Schlüter Café, ganz entspannt von 17 bis 21 Uhr. Anja Winnes, aka Siren Sisters, wird dann selbst am Mischpult stehen, zusammen mit Catitah Steppah und Pupa Vinz, ein DJ. Die Löwinnen sind da tolerant, laden auch mal Männer ein, werden aber auch diesmal stark auf die Songtexte achten. "Gewalt und Homophobie kommen mir nicht auf den Plattenteller", betonte Anja Winnes. Lange war die DJ-Szene im Reggae eine Domäne der Männer. Mit Anja Winnes, von Beruf Landschaftsarchitektin mit einem eigenen Gartengestaltungsbetrieb in Freising, ist sie es nicht mehr.

Die 47-Jährige spielt nicht nur sehr viel Musik von Frauen. Mit dem Frauen-Kollektiv "Lioness Awake", bringt sie Frauen selbst an den Plattenteller, macht ihnen damit auch Mut. Wenn sie Veranstaltungen selber organisiert, dann bestimmt sie selber die Bookings, hat in den vergangenen Jahren auch ganz bewusst viele Frauen angefragt und gebucht. "Künstlerinnen fragen mich nie an, aber Männer schicken mir schon Anfragen", erzählt Anja Winnes. Das liege wahrscheinlich daran, dass Frauen sich oft nicht trauen würden, im Fokus zu stehen, vermutet sie.

Dafür ist Anja Winnes im Juni 2021 mit dem Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung ausgezeichnet worden. Jeden ersten Sonntag im Monat kann man "Lioness Awake" im Freisinger Schlütercafé erleben. Die Pandemie-Lage hat das in lange nicht möglich gemacht. Doch die Löwinnen haben nicht aufgegeben. Wenn das Virus gerade mal wieder zu heftig wütete, wurde eben einfach aus der Wohnküche gestreamt. "Als es dann wieder ging, haben wir wieder alles öffentlich gemacht."

Viel Feedback nach der Auszeichnung

"Ich habe sehr viel Feedback bekommen nach dem SZ-Tassilopreis." erzählt sie. "Man wird anders wahrgenommen nach so einer Auszeichnung. Gar nicht mal so bei denen, die selbst Sound auflegen." Da seien Preise nicht so wichtig. Sondern zum Beispiel von der Stadt. "Die können mit dem Sound ja oft gar nichts anfangen, da zählt das dann schon". Bei der Tassilo-Preisverleihung im Juni 2021 im gediegenen Literaturhaus in München hat Anja Winnes auch die Gäste mit ihrem chilligen Sound unterhalten. Damals sehr zur Freude der Jurymitglieder, die für sie gestimmt hatten. In einem solchen Rahmen stand Anja Winnes in ihrer Karriere, die in den späten 90ern begonnen hat, auch noch nie an den Turntables, da konnte sie noch so lange überlegen. "Für eine Hochzeit bin ich mal gebucht worden und bei einer Veranstaltung an der Uni, aber bei so etwas noch nie, erzählte am Tag nach der Preisverleihung."

Das, was Anja Winnes macht, ist Subkultur, die es gerade während der Pandemie sehr schwer hatte. Die Auszeichnung mit dem Tassilopreis der SZ ist dort gut angekommen. "Viele sind danach auf mich zugekommen und haben gesagt, cool, dass diese Musik anerkannt wird und dass sie überhaupt gesehen wird".

Anja Winnes. (Foto: Larissa Müller/unknown)

Aber es geht Anja Winnes eben nicht allein um den Reggae mit seiner universellen Ausrichtung, in der es darum geht, wie man leben sollte, die Ausrichtung auf Friede und Einheit. Es ihr eben auch darum, mehr Frauen an das Mischpult zu bekommen. Schon seit 2008 gibt es darum auch eine eigene Veranstaltung im "Sunny Red" im Münchner Feierwerk unter dem Namen "Siren Sisters in Dub" mit national und international bekannten Reggae-Künstlerinnen. Der Schwerpunkt liegt auf Roots & Dub mit sozialkritischen und spirituellen Inhalten.

Am 11. Februar treten dort Dasha Fyah aus Prag und Sista Sherin, eine der bekanntesten deutschen Roots-Stimmen mit mehreren Veröffentlichungen auf verschiedenen Labels, auf. Catitah Steppah von "Lioness Awake Roots Café" ist auch dabei. "Ein internationales all-female Line-up", freut sich Anja Winnes. Ende August wurde Anja Winnes für das "Himdub Festival" in Portugal gebucht. "Die sind auf mich aufmerksam geworden, auch weil ich viel gestreamt habe, das freut mich total." Das Ganze findet in Rapoula do Côa statt, in einem winzigen Ort an einem Fluss im Nordosten von Portugal.

Anja Winnes. (Foto: Larissa Mülle)

In den vergangenen zwei Jahren hat Anja Winnes viele Kontakte zu anderen Musikern und Musikerinnen geknüpft, ist auch gerade dabei, in ein besseres Equipment zu investieren, um irgendwann auch mit einem eigenen Soundsystem auftreten zu können. Und sie hat versucht - trotz Corona- so oft wie möglich zu spielen. Einige Festivals hatten wieder stattfinden können, 2021 das Fusion Festival in Müritz, das Komod Festival in Weilheim und das Dub Vibration Festival in Leutschach/Österreich. Ebenso die Dubimpuls-Veranstaltungen im Freisinger Lindenkeller, die der Verein Kulturimpuls organisiert, in dem Anja Winnes Mitglied ist. "Ich bin DJane, aber das ist mehr als nur ein Hobby für mich. Das nimmt Zeit, Raum, Herz und meine Gedanken ein", sagt Anja Winnes.

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