Einblick ins Stadtmuseum:Das Maß aller Dinge im Königreich

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Das Stadtmuseum verfügt über einen ganzen Satz Einsatzgewichte. (Foto: Christian Willner Photographie; Stadtmuseum)

Einsatzgewicht stammt von einem der bekannten Rotschmiede aus Nürnberg.

Von Peter Becker, Freising

"100 Einblicke in das Freisinger Stadtmuseum", so lautet der Titel des 45. Sammelbandes des Historischen Vereins Freising. Er gibt mit ausgewählten Objekten einen Überblick über die vielfältige Sammlung des Stadtmuseums, die mehr als 6000 Objekte aufweist. Die Publikation zeigt einen Querschnitt durch die Freisinger Geschichte von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Mit Vorfreude blickt der Historische Verein dem Zeitpunkt der Eröffnung des neuen Stadtmuseums entgegen, in dem diese Fundstücke wieder aus dem Depot ans Licht geholt werden. Einen Vorgeschmack darauf bietet eine Serie der SZ Freising , in der ausgewählte Exponate vorgestellt werden. Heute: Ein Einsatzgewicht.

Ein Pfund entspricht einem Gewicht von 500 Gramm. Das ist heutzutage Allgemeinwissen. Das war nicht immer so. Erst 1872 wurde das metrische "französische Pfund" eingeführt, das eben einem Gewicht von 500 Gramm entspricht. Laut Eva Wallberg vom Freisinger Stadtmuseum galt in Bayern jahrhundertelang das Wiener Pfund, das 561,29 Gramm betrug. Minister Maximilian von Montgelas führte 1811 das bayerische Pfund ein, indem er das bis dahin gültige Gewichtsmaß auf 560 Gramm abrundete.

Das sich im Bestand des Stadtmuseums befindliche Einsatzgewicht umfasst elf Becher. Karl Fellerer (1866-1955) hatte es dem Stadtmuseum vor dem Jahr 1947 geschenkt. Fellerer war Pharmazeut und führte die Freisinger Hofapotheke, die sein Vater gekauft hatte. Von 1906 bis 1947 war er ehrenamtlicher Museumsleiter. 1948 reaktivierte er den Historischen Verein, dessen Ehrenvorsitzender er bis zu seinem Tod war.

Die einzelnen Becher sind mit erstaunlicher Genauigkeit angefertigt

Jeder der elf, aus Messing bestehenden Becher sei überprüft worden, schreibt Eva Willberg in ihrem Beitrag zum Sammelblatt. Auf den Böden befänden sich die Eichmarke und das jeweilige Maß. Die Hülle selbst umfasst zwei Pfund, der größte Becher ein Pfund. Die Gewichtsklasse der nächsten fünf ist in Lot angegeben, bei den vier kleinsten fehlt ein Hinweis. Sie fassen ein Viertel bis zwei Quentchen.

Vor dem Hintergrund, dass die Gewichtsmaße in den deutschen Ländern vor 1872 unterschiedlich definiert waren, muss die Umstellung auf das metrische System mit Kilo und Gramm eine große Erleichterung gewesen sein. So ist ein Lot als 32. Teil eines Pfunds definiert. In Bayern entsprach ein Lot einem Gewicht von 17,6 Gramm, in Preußen aber waren es nur 14,6 Gramm. Vier Quentchen wiederum ergaben ein Lot.

Die Größenverhältnisse der Becher beträgt laut Eva Willberg jeweils eines zu zwei. Ein jeder passt genau in den anderen hinein. "Die Genauigkeit, mit der die Gewichte angefertigt wurden, ist erstaunlich", urteilt sie. Das Einsatzgewicht im Besitz des Stadtmuseums sei mit vier bayerischen Pfund angegeben. Die Abweichung betrage nur 0,57 Prozent.

Einsatzgewichte wurden überall dort benötigt, wo Waren gehandelt, gewogen und verzollt wurden. Also auch in Apotheken. Seit dem 16. Jahrhundert hatte sich die Herstellung von Gewichten auf Nürnberg konzentriert. Deren Rotschmieden belieferten ganz Europa. Rotschmiede hatten sich auf die Bearbeitung von Messing spezialisiert. Der Satz im Besitz des Stadtmuseums stammt von Christoph oder Johann Oswald Lenz und datiert auf das Jahr 1822.

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