Die Adventszeit hat noch nicht mal angefangen, aber manche Bäume in der Plantage von Lorenz Heckerl sind schon längst reserviert. Wie der hinten rechts, schön breit und pyramidenförmig, man kann sich ihn schon mit Weihnachtskugeln und Spitze vorstellen. Ungefähr zwei Meter hoch ist er, was bedeutet, dass er ungefähr zehn Jahre alt ist. Ob er wie der perfekte Christbaum aussieht? Heckerl lacht, wenn man ihm diese Frage stellt, schließlich sei der Christbaum ganz klar eine Geschmackssache. Manche mögen es schlicht und mit klar sichtbaren Etagen, andere, wie er, stehen eher auf buschige Exemplare.
Lorenz Heckerl ist gerne Christbaumanbauer. Mir seiner Frau Ronja betreibt er den Land- und Forstbetrieb "Seidlhof" in Mauern, Ortsteil Schwarzersdorf, zwischen den schönen Hügeln am Rande der Holledau. Neben dem Ackerbau und der Forstwirtschaft bietet die Familie auch eine moderne Pferdepension und -reha an, just daneben befindet sich die Christbaumplantage. Hier, auf einer Fläche von circa zwei Hektar, wachsen mehr als 10 000 Bäume: manche sind gerade erst eine Handspanne groß, andere haben schon eine Höhe von mehreren Metern erreicht und sind bereit für den Verkauf. Den Betriebszweig hat Heckerl von seinen Eltern übernommen, die vor 45 Jahren damit angefangen haben.
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Es ist ein kalter, sonniger Morgen Ende November, als Lorenz Heckerl in seiner Christbaumplantage empfängt. Gerade verbringt er ganz schön viel Zeit hier: Anders als bei den meisten Landwirten, die im Dezember vor allem mit Büroarbeit, Vermarktung und Planung beschäftigt sind, ist die Vorweihnachtszeit bei ihm auf dem Seidlhof typischerweise so: hektisch. Obwohl das nichts heiß, dass es im Rest des Jahres nichts zu tun gibt, im Gegenteil.
"Der Christbaum ist kein Selbstläufer", sagt Heckerl. Vielmehr benötige er das ganze Jahr über Pflege: Im Frühjahr müssen die Jungpflanzen aufs Freiland gesetzt werden, obwohl er es aufgrund der Hitze inzwischen auf den Herbst verschiebe, weil die Jungpflanzen unter den häufigen Dürreperioden leiden. Dann muss das Unkraut entfernt, die Bäume durch manuelle Tricks immer wieder in Form gebracht und wenn nötig das Wachstum des Spitzentriebes mithilfe einer Zange reguliert werden, damit dieser nicht zu hoch wird und der Baum sich am Ende auch verkaufen lässt. "Ganz schön viel Handarbeit" sei das Ganze. Heckerl sagt, er verzichtet auf chemische Mittel, nur Schwefel muss er manchmal anwenden, wenn die Bäume von Schädlingen, die schnell die ganze Plantage zerstören können, befallen werden.
Die beliebteste Baumart ist die Nordmanntanne
Nach Angaben des Forstministeriums werden jährlich im Freistaat rund vier Millionen Christbäume verkauft: der Großteil stammt aus eigens dafür angelegten Kulturen, nur wenige werden direkt aus dem Wald entnommen. Die beliebteste Baumart ist mit Abstand die Nordmanntanne, die ursprünglich aus dem Kaukasus kommt (immer noch wird das Saatgut vor allem aus Georgien importiert) und bundesweit knapp 80 Prozent aller verkauften Weihnachtsbäume ausmacht, so Zahlen des Bundesverbandes der Weihnachtsbaumerzeuger. An zweiter Stelle steht die Blaufichte, dann die Nobilistanne, die Rotfichte und andere Bäume.
Auch Lorenz Heckerl baut vor allem die Nordmanntanne an. Der Grund ihres Erfolges? Er zeigt es direkt am Beispiel eines Baumes: die gute, gleichförmige Figur, die dunkelgrüne Färbung, die weichen Nadeln, die im Vergleich zu anderen Arten nicht so stachelig und deshalb beim Schmücken angenehmer sind. Außerdem ist sie pflegeleicht, hält sich gut in beheizten Räumen und, wenn sie beim Kauf frisch geschnitten war, übersteht sie die Weihnachtszeit ohne groß zu nadeln. Einen Nachteil hat sie aber doch: anders als die Fichte, die bis in die Sechzigerjahre der beliebteste Weihnachtsbaum in Deutschland war, duftet sie nicht - weshalb einige sich dagegen entscheiden.
Bei der traditionellen Eröffnung der Christbaumsaison, die am vergangenen Donnerstag stattfand, sagte die bayerische Forstministerin Michaela Kaniber (CSU), dass vier von fünf der in Bayern verkauften Christbäume aus dem Freistaat kommen und deshalb kurze Transportwege hinter sich haben. Man erkennt sie meist an der roten Banderole des Vereins Bayerische Christbaumanbauer. Die Bäume, die hingegen importiert werden, stammen zum Großteil aus Dänemark, weitere Einfuhrländer sind Frankreich, Polen und Belgien.
Ob Lorenz Heckerl durch die internationale Konkurrenz leidet? Eher nicht, sagt er. Erstens, weil die Preise nicht signifikant unterschiedlich sind, mit seinen circa 18 Euro pro Meter liegt er eher im günstigeren Bereich. Zweitens, weil es seinen Kunden vor allem um Frische und Regionalität geht. Und um Rituale. Denn viele Stammkunden, die schon als Kind zu ihnen kamen, tun es jetzt mit den eigenen Kindern. Sie schauen vorbei, besuchen den Hof, gehen in der Gegend spazieren, manchmal schlagen sie den Christbaum selber. Schließlich sei die Auswahl des Christbaumes auch das: ein Moment zum Genießen.