Landtags-Wahlkampf:Kandidierende gehen mit Würfeln auf Stimmenfang

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Die Katholische Arbeitnehmerbewegung und das Kreisbildungswerk haben am Samstag auf dem Marienplatz das sozialpolitische Spiel 'Mensch wähl mich!' veranstaltet: Von links: Niklas Welser (Die Partei), Guido Hoyer (Linke), Benno Zierer ( Freie Wähler), Felix Bergauer (ÖDP), Timo Ecker (FDP), Johannes Becher (Grüne), Benedikt Flexeder (CSU) und Alina Graf (SPD). (Foto: Marco Einfeldt)

Die Katholische Arbeitnehmerbewegung will mit einer Art Monopoly eine klassische Podiumsdiskussion ersetzen. Zu gewinnen gibt es für die Bewerber auf einen Platz im Maximilianeum vor allem Sympathie.

Von Paula Dick, Freising

Ein wenig größer könnte das Publikum schon sein am Samstagvormittag auf dem Freisinger Marienplatz. Neben den Wahlständen haben der Kreisverband Freising und der Diözesanverband München/Freising der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) in Kooperation mit dem Kreisbildungswerk ein Spielfeld aufgebaut, das an eine Art soziales Monopoly erinnert und vor dem sich acht Kandidaten der demokratischen Parteien platziert haben. Der Titel: "Mensch. Wähl. Mich". Johannes Becher (Die Grünen), Benno Zierer (Freie Wähler), Alina Graf (SPD), Guido Hoyer (Die Linke), Felix Bergauer (ÖDP), Niklas Welser (Die Partei) sowie Benedikt Flexeder (CSU) als Vertretung von Florian Herrmann und Timo Ecker (FDP) für Helmut Markwort stellen sich den Fragen aus den Bereichen Armut, Gesundheit, Vermischtes, Arbeit, Wohnen, Familie und Publikum.

Das Prinzip ist einfach: Die Kandidaten würfeln der Reihe nach und müssen innerhalb von einer Minute eine Frage aus dem erwürfelten Bereich beantworten. Zusätzlich verfügt jeder Spieler über eine Veto-Karte, mit der er einmal im Laufe des Spiels eine Gegenrede an die Antwort eines der anderen Kandidaten anschließen kann. Das Ziel: Stimmenfang und Sympathien sammeln durch möglichst überzeugende, schlagfertige Antworten. Dieses Konzept soll eine klassische Podiumsdiskussion ersetzen und dem Wahlkampf ein wenig Pep verleihen. Nach und nach versammeln sich im Laufe der Zeit um die 35 Menschen auf dem Marienplatz, um mit der Einstiegsfrage einen ersten Eindruck der Kandidaten zu erlangen. "Wieso wollen Sie ins Maximilianeum?", lautet die für alle gleiche Frage zu Beginn des Spiels.

"Mensch wähl mich!", forderten die Kandidierenden für den Landtag die Passanten in der Freisinger Innenstadt auf. (Foto: Marco Einfeldt)

Von mehr Bürgernähe und der Repräsentation der Handwerker-Zunft (CSU), über Engagement für den Sozialausschuss im Landtag, frühkindliche Bildung und die Verhinderung der dritten Start- und Landebahn (Die Grünen) bis hin zu dem Ziel, die lustigste Oppositionspartei zu stellen und "Nazis zu ärgern" (Die Partei) bringt schon die erste Frage wie erhofft die unterschiedlichen Ansätze der Kandidierenden und ihrer Parteien zum Vorschein. Einzig auf Kosten der anderen will sich scheinbar die ÖDP inszenieren, die sich als umweltbewussteres Korrektiv der Grünen mit konservativen Werten verkauft. Alina Graf von der SPD wirbt als einzige Frau des Spiels mit ihrer weiblichen Perspektive und einem naturwissenschaftlichen Hintergrund. Stringent auf Bundeslinie verkauft Timo Ecker die FDP als "Anti-Verbots-Partei" und Benno Zierer (Freie Wähler) verspricht mehr Arbeitsplätze für den Landkreis. Guido Hoyer bleibt zunächst der etwas vagen, aber klassisch-linken Parole nach einer am Gemeinwohl orientierten Wirtschaft mit mehr Gerechtigkeit treu.

Mit fortschreitendem Spielverlauf rücken die Kandidaten kontinuierlich auf dem Spielfeld vor. Doch nicht immer enthalten die Antworten tatsächlich Substanz; so antwortet Zierer auf die Frage, wie man die Unterstützung für Familien, die zu pflegende Angehörige versorgen müssen, verbessern kann, mit: "Wir haben das Pflegegeld auf den Weg gebracht und wollen Bürokratie abbauen, um die Pflegenden nicht nur mit Geld, sondern echter Entlastung zu unterstützen." Und Niklas Welser (Die Partei) antwortet auf die Frage, wie man alleinerziehende Eltern und Familien besser unterstützen könne, mit "Mehr Kita-Plätze und eine bessere Vereinbarung von Job und Beruf schaffen".

Der Würfel rollt zwar auf dem Freisinger Marienplatz, wer aber aus dem Landkreis in den Landtag einzieht, diese Entscheidung wird erst am Wahltag fallen. (Foto: Marco Einfeldt)

Es gibt positivere Beispiele: Bei der Frage nach der Rente mit 70 bekennt sich Hoyer (Die Linke) etwa zur Realität der Rente mit 65, die durch eine Finanzierung nach österreichischem Modell ermöglicht werden soll. Und die Grünen sind sich für vermeintlich kritische Fragen nicht zu schade. So antwortet Johannes Becher, ob es Geflüchtete erster und zweiter Klasse gäbe, eindeutig: "Juristisch ja!" und fordert im gleichen Atemzug eine Anpassung der Optionen zu arbeiten und zu leben für alle Geflüchteten; ob ukrainisch oder syrisch.

Indes punktet die ÖDP bei der Publikumsfrage "Was unterscheidet Sie von den Grünen und der CSU?" mit dem Verweis auf das Ausbleiben von Firmenspenden an die ÖDP, was ein unabhängigeres Agieren ermögliche. Zudem sei man in manchen Punkten deutlich konservativer als die Grünen und stringenter als die CSU.

Mit-Organisator Markus Grill von der KAB wertet die Veranstaltung abschließend als Erfolg. "Mit zunehmender Hitze sind am Ende zwar nicht mehr viele Leute da gewesen, aber gerade in der ersten Stunde hatten wir durchaus ausreichend Publikum." Zudem mache man die Veranstaltung seitens des KAB nicht ausschließlich für die Menschen, sondern ein Stück weit auch für sich. "Wir als Organisation wollen auch schauen, welche Parteien zu uns passen. In der Zukunft wollen wir es nicht nur Firmen und der Industrie überlassen, auf die politischen Prozesse Einfluss zu nehmen sondern selber mehr Möglichkeiten ausschöpfen."

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