Soziale Ausgaben:Die Kostenspirale in der Jugendhilfe dreht sich weiter

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Diese Illustration veranschaulicht, wie Kinder häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. Das Amt für Jugend und Familie hat sich im laufenden Jahr vor allem auf Fälle von Gefährdung des Kindeswohls konzentriert. (Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

2024 benötigt das Amt für Jugend und Familie einen Zuschuss von 29,5 Millionen Euro, um seine Ausgaben zu decken. "Düstere Aussichten" prophezeit Landrat Helmut Petz auch für die kommenden Jahre.

Von Peter Becker, Freising

Sorgenfalten treibt der Jugendhilfe-Etat des Landkreises auf die Stirn der Kämmerin Christl Rummel. Die Ausgaben steigen ungebremst Jahr für Jahr. Der Zuschussbedarf des Jugendhilfehaushalts nimmt 2024 im Vergleich zum aktuellen Jahr um 1,7 Millionen auf 29,5 Millionen Euro zu. Das entspricht einer Steigerungsrate von 6,1 Prozent. Der Jugendhilfe-Etat ist der größte Teilbereich des Gesamthaushalts des Landkreises Freising, umso nachhaltiger ist sein Einfluss auf den Gesamtetat, über den der Kreisrat im Februar entscheiden wird. Der Jugendhilfeausschuss des Kreistags stimmte dem Entwurf kommentarlos zu.

"Wir müssen jedes Jahr eine Steigerung ausgleichen. Irgendwann funktioniert das nicht mehr", verdeutlichte Christl Rummel. Schier unglaublich sei die Entwicklung des Jugendhilfe-Etats seit 2021. Damals haben die Personalkosten sechs Millionen Euro betragen, für 2024 sind etwa 7,8 Millionen Euro prognostiziert. Die Aufwendungen haben 2021 noch bei gut 24 Millionen Euro gelegen. Für 2024 kalkuliert Christl Rummel gut 34 Millionen Euro ein. "Das sind Summen, die mir Kopfschmerzen bereiten", sagte die Kämmerin.

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Größter Kostentreiber sind neben den Ausgaben für das Personal die massiv steigenden Zahlen in der Eingliederungshilfe. Diese Maßnahmen sollen Menschen mit einer Behinderung oder von Behinderung bedrohten Personen helfen, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Dieser Posten ist im Vergleich zum Vorjahr um 844 000 Euro gestiegen. Und natürlich geben die diversen Träger, mit denen das Jugendamt zusammenarbeitet, ihre Kosten an den Landkreis weiter.

Im teilstationären Bereich waren 2022 noch 85 junge seelisch behinderte Menschen betreut worden, ein Jahr später waren es bereits 114. Für diese Personengruppe wendet der Landkreis 2,3 Millionen Euro auf. Weil in Freising ein zusätzlicher Kinder- und Jugendpsychiater seine Arbeit aufgenommen hat, rechnet der Landkreis im Bereich der ambulanten Hilfen für seelische Behinderte mit Kosten von 3,8 Millionen Euro, die er komplett aus eigener Kasse zahlen muss. Auch hier sind die Fallzahlen steigend: 2022 betraf dies 156 Kinder und Jugendliche, 2023 waren es bereits 261. Knapp drei Millionen Euro gibt der Landkreis für die stationäre Behandlung seelisch Behinderter aus.

Was die Einnahmen anbelangt, fallen diese im kommenden Jahr geringer aus als im laufenden. Da standen 16,4 Millionen zu Buche, prognostiziert sind für 2024 etwa 12,4 Millionen Euro. "Viele Kosten bleiben bei uns hängen", sagte Christl Rummel.

Im laufenden Jahr sind einige Stellen unbesetzt geblieben

Entlastet hat den Landkreis im laufenden Jahr, dass manche Stellen in den Sozialen Diensten nicht besetzt werden konnten. Dieser Effekt fällt 2024weg. Aufgrund der Unterbesetzung musste das Amt für Jugend und Familie die Standards in der Bearbeitung der Fälle zurückfahren und sich hauptsächlich auf diejenigen der unmittelbaren Kindeswohlgefährdungen konzentrieren. Andere Hilfen konnten gar nicht erst initiiert oder nur mit Verzögerung gestartet werden. So sparte sich der Landkreis zwar Personalkosten, musste aber im Gegenzug auf Zuschüsse seitens des Staats oder Elternkostenbeiträge verzichten.

In die Jugendsozialarbeit an Schulen steckt der Landkreis 28 500 Euro mehr als 2023, nämlich knapp 910 000 Euro. Für die Erziehungsberatung gibt er knapp eine Million Euro aus. Das Personal der Katholischen Jugendfürsorge ist im Gegensatz zum vergangenen Jahr wieder voll besetzt. Diese ist im Bereich der sozialpädagogischen Familienhilfe und Erziehungsbeistandschaften tätig. Die Personalmehrung schlägt sich wiederum in erhöhten Aufwendungen durch den Landkreis nieder. Zusätzlich erhalten Familien nach Ablauf einer Hilfe einen Gutschein für künftige Krisensituationen. Dadurch steigen die Ausgaben in diesem Bereich um 147 000 auf 955 000 Euro.

Kostenneutral ist für den Landkreis die Unterbringung junger unbegleiteter Flüchtlinge. Bis vor Kurzem lebten 54 Jugendliche im Landkreis, für 2024 rechnet das Amt für Jugend und Familie mit einem Anstieg auf 81 Personen. Davon sollen 48 in Heimen, drei in Pflegefamilien und 30 in Sammelunterkünften untergebracht werden.

Christl Rummel sagte, der Etat sei auf das Nötigste beschränkt. "Das sind düstere Aussichten", kommentierte Landrat Helmut Petz (FW) angesichts der Zahlen.

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