Haushaltsberatung im Landkreis:Runter vom hohen Ross

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Der Bau eines neuen Berufsschulzentrums wird den Haushalt des Landkreises über Jahre hinweg belasten. (Foto: Marco Einfeldt)

In der Vergangenheit hat sich der Kreistag wenig mit seinen Finanzen beschäftigt, weil das Geld einfach da war. Jetzt muss ein strikter Sparkurs eingeschlagen werden.

Von Peter Becker, Freising

Die Grenze des Belastbaren ist erreicht. Darüber war sich der Kreistag einig, der jetzt einstimmig den Haushalt für das laufende Jahr beschlossen hat. 2024 kommt der Landkreis finanziell einigermaßen über die Runden, auch aufgrund einer neuerlichen Steigerung der Kreisumlage, seiner Haupteinnahmequelle, von 49,9 auf 51,4 Prozentpunkte. Für 2025 ballen sich aber dunkle Wolken am Horizont zusammen. Eine dritte Erhöhung der Kreisumlage innerhalb von drei Jahren wird den Gemeinden kaum vermittel- und zumutbar sein. Darum geht der Kreisausschuss Mitte Juni noch einmal in Klausur und schaut, auf welche der Millionen schweren Projekte verzichtet werden kann, um Geld zu sparen.

"Wir müssen uns auf eine neue Zeit einstellen", schwor Landrat Helmut Petz (FW) den Kreistag auf einen drastischen Sparkurs ein. "Wir müssen uns genau überlegen, wo wir sparen können." Das heißt beispielsweise, dass nicht, wie in den vergangenen Jahren, so gut wie jede beantragte Buslinie umgesetzt wird. Möglicherweise geht es sogar an freiwillige Leistungen ran. Karl Ecker (FW) ergänzte, dass etwa ein Radschnellweg nach Garching nicht zu den Pflichtaufgaben des Landkreises gehöre. "Wir müssen Prioritäten setzen." In der Vergangenheit habe sich der Kreistag zu wenig mit dem Haushalt beschäftigt, weil das Geld dagewesen sei. Jetzt müsse man runter vom hohen Ross und mit weniger Geld wirtschaften. Anton Frankl (FSM) riet davon ab, an freiwilligen Leistungen zu sparen. Und die Unterstützung der Vereine sollte nicht vergessen werden, denn ohne deren Arbeit "schaut es für uns schlecht aus".

Der Gesamthaushalt beläuft sich auf 283,8 Millionen Euro, gut 25 Millionen mehr als im vergangenen Jahr. Davon fließen allein aufgrund von Tarifsteigerungen beim Personal, Inflation, hohen Energiekosten, der Unterstützung von Menschen, die sich das Leben in der Region kaum mehr leisten können, sowie der zwangsweisen Übernahmen eigentlich staatlicher Aufgaben 278,9 Millionen in den Verwaltungshaushalt. Um sich die Investition in den Straßenbau (11,4 Millionen), den Neubau einer Berufsschule, den Bau eines neuen Katastrophenschutzzentrums und die Sanierung von Schulgebäuden leisten zu können, muss der Landkreis einen Kredit von fast 15 Millionen Euro aufnehmen. Aus dem vergangenen Jahr gibt es noch Kreditermächtigungen in Höhe von annähernd 47 Millionen Euro. 2024 sind Investitionen von 45 Millionen Euro geplant.

Größte Einnahmequelle ist die Kreisumlage mit 169 Millionen Euro, gefolgt von staatlichen Zuweisungen von 20 Millionen Euro. Auf der Ausgabenseite schlagen allein 72 Millionen Euro zu Buche, die der Landkreis als Umlage an den Bezirk zu leisten hat. Die Personalkosten betragen 46 Millionen Euro.

Es geht ans Ersparte

Der Landkreis kommt nicht umhin, sein Sparkonto zu plündern. Dessen Bestand soll von zu Jahresanfang 21 Millionen Euro auf fünf Millionen zum Jahresende geschrumpft werden. Wobei nicht klar ist, wie es konkret um die Finanzen des Landkreises bestellt ist. Seit der Umstellung von der Kameralistik auf das Buchhaltungssystem der Doppik vor zehn Jahren fehlen Jahresabschlüsse.

Vonseiten der Gemeinden wird deshalb immer wieder der Vorwurf laut, der Landkreis spare sich auf Kosten der Kommunen gesund. "Der Haushalt macht keine Aussage zu stillen Reserven", kritisierte Herbert Bengler (SPD). Petz versicherte, Kämmerin Christel Rummel arbeite mit "Hochdruck" an den fehlenden Abschlüssen. Manuel Mück (CSU) kritisierte, dass in dem Haushalt Geld enthalten sei, das im laufenden Jahr nicht gebraucht werde. Diese Rückstellungen soll es das letzte Mal geben. Künftig sollen keine Summen mehr eingestellt werden, die im laufenden Jahr nicht benötigt würden.

Der Staat wälzt immer mehr Aufgaben auf die Kommunen ab

Ein triftiger Grund, warum der Landkreis finanziell in Schieflage gerät, sind die Aufgaben, die laut FW-Sprecher Rainer Schneider eigentlich auf die Bundesebene gehören. Er nannte als Beispiel den "Rechtskreiswechsel" bei der Behandlung der aus der Ukraine Geflüchteten. Die hatten zunächst Mittel aus dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, beziehen jetzt aber Sozialleistungen, für welche die Jobcenter zuständig sind. Der Staat spare sich so ein Drittel der Kosten. "Das ist unanständig", empörte sich Schneider. Es würden Gesetze erlassen, aber die Finanzierung bleibe aus. Mit den zusätzlichen Aufgaben einhergeht ein Aufblähen des Verwaltungsapparats.

11,4 Millionen Euro will der Landkreis in diesem Jahr für den Unterhalt seiner Straßen ausgeben. Eines der teuersten Projekte ist der Neubau der Brücke über den Haslreuther Graben in Hörgertshausen. 450 000 Euro sind dafür vorgesehen. (Foto: Johannes Simon)

Petz erinnerte daran, dass mittlerweile fast doppelt so viel Personal angestellt ist wie vor zwanzig Jahren, als er das Bauamt leitete. "Und trotzdem ist es ungemütlich für die Angestellten." Ecker sprach von einem "irrsinnigen Personalzuwachs" und wünschte sich, Bundestags- und Landtagsabgeordnete, die dem Kreistag angehören, sollten öfter an dessen Sitzungen teilnehmen, damit sie die Sorgen der Kommunen mitbekämen.

Eine höhere Kreisumlage ist den Gemeinden nicht zumutbar

"So geht es nicht weiter", schimpfte Samuel Fosso (FSM). Eine neuerliche Erhöhung der Kreisumlage im nächsten Jahr sei keine Lösung. Den Gemeinden sei eine Kreisumlage über 50 Prozent langfristig nicht zuzumuten. "Eine Schieflage" zwischen Bund und Landkreis erkennt auch Franz Heilmeier (Grüne). Die Landkreise seien im großen Gefüge aber nur "ein kleiner Player". Er sieht die Belastungsgrenze für die Gemeinden erreicht.

Heilmeier forderte "parteiübergreifende Einigkeit" ein. Auf kommunaler Ebene dürfe der "Schwarze Peter" nicht hin- und hergeschoben werden. Die Gemeinden müssten weiterleben können, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, forderte Frankl. Bengler sagte, die SPD stimme dem Haushalt zu, könne sich aber eine weitere Erhöhung der Kreisumlage nicht vorstellen. Eine Mindestausstattung müsse den Gemeinden bleiben, um ihre Pflichten zu erledigen, ohne ständig Gebühren zu erhöhen.

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