Freisinger Fabriken:Strickwaren vom Jägerwirt

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Die Strickwarenfabrik Herco produzierte zunächst in der Freisinger Innenstadt an der Oberen Hauptstraße 60 - dort befindet sich heute eine Tanzschule. (Foto: Johannes Simon)

Die Firma Herco hatte ihre Produktion 1951 im Obergeschoss einer Gaststätte aufgenommen und zog bald an die Moosstraße um. 1973 musste sie aufgeben.

Von Peter Becker, Freising

"Freisinger Fabriken" heißt ein Buch, das der Freisinger Hans Lorenzer 2022 veröffentlicht hat. Das Nachschlagewerk, wie er es nennt, beschäftigt sich mit Fabriken und Werken innerhalb des Stadtgebiets. Manche gibt es heute noch, viele sind verschwunden. Die Freisinger SZ stellt in einem Streifzug durch die Industrialisierung bestehende und aufgegebene Unternehmen vor. Heute: Wirk- und Strickwarenfabrik Herco (1951-1973).

Die Wirk- und Strumpfwarenfabrik Herco an der Moosstraße in Freising hatte sich gerade mit dem Gedanken getragen, für den internationalen Markt zu produzieren. Doch dann folgte in den Sechziger- und Siebzigerjahren der Einbruch der Textilindustrie in Deutschland. Wer seine Produktion nicht ins Ausland verlagern konnte, der war wegen der hohen Lohnkosten in Deutschland nicht mehr konkurrenzfähig. Die zunehmende Globalisierung, der technologische Fortschritt sowie die damit einhergehende Rationalisierung führten dazu, dass die Zahl der Betriebe und Beschäftigten in der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie enorm schrumpfte.

Von der Krise dahingerafft wurde laut Hans Lorenzer auch die Wirk- und Strickwarenfabrik Herco. Die Abkürzung steht für die Firmengründer Hermann & Co im Jahr 1951. Untergebracht war sie zunächst im Obergeschoss des Jägerwirts an der Oberen Hauptstraße 60. Heute befindet sich in dem Gebäude eine brasilianische Tanzschule. Laut Angaben des Freisinger Stadtarchivs endete der mehr als 280-jährige Schankbetrieb der Gaststätte durch die Aufgabe des Pächters Alois Langer im Jahr 1952. Herco verkaufte seine Wirk- und Strickwaren fortan in der ehemaligen Gaststube.

Die frühere Wirtschaft wurde bald darauf verkauft und umgebaut. Herco zog um an die Moosstraße 50, die 1955 so ziemlich am äußersten Stadtrand in Lerchenfeld lag. Das Freisinger Tagblatt veröffentlichte 1955 einen Bericht mit dem Titel "Eine Villa als Fabrik". Demzufolge waren am neuen Standort 50 Maschinen untergebracht. Während im Jägerwirt noch 50 Arbeiterinnen beschäftigt waren, stieg die Zahl der Beschäftigten nun auf über 100. Es waren die guten Jahre der Textilindustrie in Deutschland. Herco erweiterte in dieser Zeit seine Produktion um die Herstellung von Damenunterwäsche.

Später zog die Firma Herco an die Moosstraße um. Als sie aufgeben musste, erwarb die Metallwarenfabrik Willig das Gelände. (Foto: Johannes Simon)

In der Zeit des Wirtschaftswunders war die Nachfrage nach Textilien hoch. Die Wirk- und Strickwarenfabrik in Lerchenfeld belieferte ganz Deutschland. Dann bahnte sich jedoch das Aus der Firma an. Von 1955 bis 1980 gingen in Deutschland 400 000 Arbeitsplätze verloren. 450 000 weitere folgten, weil mittlerweile in Fernost viel billigere Textilien produziert werden konnten. Die Firma Stricker & Co kaufte Herco 1973 auf, musste aber selbst 1977 aufgeben. Die Metallwarenfabrik Willig erwarb das Gebäude.

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