Diese Kolumne heißt bekanntlich "Mitten in" und normalerweise geht es darin um reale Orte im Landkreis, die man ganz real betreten kann. Nun ist es aber auch so, dass sich die Grenzen zwischen realer und digitaler Welt inzwischen extrem verschoben haben. Es kann passieren, dass, wenn etwas aus einer Welt verschwindet, es in der anderen wieder auftaucht. Zum Beispiel der Autoschlüssel, der plötzlich weg ist - und nein, im Café liegt er nicht und auf dem Weg zum Auto auch nicht. Mist, und jetzt?
Aber zurück zu den realen und nicht realen Orten im Landkreis. Jede deutsche Stadt hat inzwischen eine Facebook-Seite, auf der Dinge besprochen werden wie "Ich suche einen Minijob" bis hin zu "Ich suche eine verdammte Wohnung" und "Wo finde ich Kaviar zum günstigsten Preis?". Da gibt es zum Beispiel die Seite "Treffpunkt Freising". Mit ihren 14 000 Mitgliedern wäre sie größer als jeder andere Stadtteil, wenn sie nur real wäre. Ist sie aber nicht, obwohl man den Autoschlüssel auch dort suchen sollte, wenn man ihn vermisst. Wer weiß, vielleicht hat man ja Glück.
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Vor einigen Tagen etwa fragte eine hilfsbereite Nutzerin auf dieser Facebook-Seite, ob jemand einen Autoschlüssel vermisse. Die hilfsbereite Nutzerin hatte auch einen gut gedachten Plan: Sie würde den Schlüssel "paar Tage" behalten und, wenn sich niemand meldet, würde sie ihn zum Fundbüro und zur Polizei bringen. Die Lektüre der Kommentare unter dem Post ergab, was leider zu vermuten war: Der arme Autobesitzer oder die arme Autobesitzerin meldete sich nicht mit einem Party-Gesicht-Emoji zurück - und auch nicht mit einem roten Herzchen.
Denn währenddessen lief er oder sie wahrscheinlich zum zehnten Mal und mit wachsender Verzweiflung die Strecke zwischen Arbeit und Parkplatz ab. Oder wartete, wenn er oder sie zum Ich-gebe-schnell-auf-Menschentyp gehört, bereits resigniert auf eine Mitfahrgelegenheit. Dummerweise ohne auf die natürlichste aller Ideen zu kommen: die sozialen Netzwerke zu konsultieren.
Facebook-Seite als alternatives Fundbüro
Dass die Facebook-Seite "Treffpunkt Freising" immer wieder zum alternativen Fundbüro wird, ist keine Seltenheit. Mal ist es der Schlüsselbund, mal sind es die Brillen, der Ausweis oder andere wertvolle Sachen, die gefunden, mit nach Hause genommen, auf Facebook gepostet und erst irgendwann, nach einigen Tagen oder so, zur Polizei gebracht werden. Nett gemeint ist es sicherlich, doch - Achtung, rhetorische Frage - ist das wirklich die bessere Idee, um das vermisste Ding und seinen unglücklichen Besitzer schnellstmöglich wieder zusammenzubringen?
Übrigens, auch ein herrenloses Tier ist juristisch als Fundsache zu betrachten. Das Abliefern im Fundbüro ist da natürlich schwieriger, aber immerhin werden die Vierbeiner meistens nicht mitgenommen und auf Facebook publiziert. "Vermisst jemand ein Frettchen?", schrieb zum Beispiel eine Nutzerin vor einigen Wochen, ihr sei gerade eins über den Weg gelaufen. Es ging wahrscheinlich selber zum Fundbüro.