Archäologie in Freising:Geheimniskrämerei auf dem Domberg

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Nur im Bereich des Brunnens soll eine Bodenplatte betoniert werden, sagt Christoph Kürzeder, Direktor des Diözesanmuseums. (Foto: Johannes Simon)

Stadtheimatpfleger Matthias Weniger fürchtet um historische Funde, die unter einer Betondecke verschwinden sollen. Christoph Kürzeder, Direktor des Diözesanmuseums und beauftragter Bauleiter, bestreitet dies. Er sagt, die Bauarbeiten seien sowohl mit der Stadt Freising als auch dem Amt für Denkmalpflege abgestimmt worden.

Von Peter Becker, Freising

Wer derzeit das Gebäudeensemble auf dem Freisinger Domberg besucht, trifft dort im Innenhof auf eine große Baustelle. Archäologische Grabungen haben dort stattgefunden, die eine historische Pferdeschwemme aus der Epoche des Barocks zu Tage gefördert haben. So weit, so gut. Stadtheimatpfleger Matthias Weniger treibt allerdings die Sorge um, dass der historische Bau demnächst unter Pflastersteinen und einer Betondecke verschwinden soll.

Weil von den Arbeiten auf dem Domberg in der Öffentlichkeit bislang wenig bekannt war, vermutet er Geheimniskrämerei seitens des Erzbischöflichen Ordinariats. Christoph Kürzeder, Direktor des Diözesanmuseums, bestreitet dies. Die Bauarbeiten seien genehmigt. Alles geschehe in enger Abstimmung mit der Stadt Freising und der Abteilung beim Bayerischen Amt für Denkmalschutz, die für Bodendenkmäler zuständig ist.

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Kürzeder bestätigt auf Nachfrage, dass im Innenhof intensive Vorbereitungen zu den bereits genehmigten Bauarbeiten stattfänden. Im Vorfeld zu diesen fanden umfangreiche archäologische Grabungen statt. Die Funde werden dokumentiert, dann mit dem Landesamt für Denkmalpflege "Abtragungshorizonte" bestimmt. "Der Schwerpunkt liegt dabei an einer möglichst hohen Erhaltung der Funde in situ", sagt Kürzeder. Sie sollen möglichst an Ort und Stelle bleiben.

In einem weiteren Schritt sollen eine Frostschutz- und eine Tragschicht aus wasserdurchlässigem Material in den Erdboden eingebracht werden. Der dient als Untergrund für die Pflasterung. "Nur im Bereich des Brunnens muss eine Bodenplatte als Fundament betoniert werden", versichert Kürzeder. Der übrige Bereich werde mit Steinen aus lokalem Dolomit gepflastert. Dort, wo Autos über den Innenhof fahren, besteht die Tragschicht nicht aus Schotter, sondern aus wasserdurchlässigem Beton.

Die Eingriffe auf den historischen Bestand beschränkten sich auf den minimal erforderlichen Umfang, versichert Christoph Kürzeder. (Foto: Johannes Simon)

Die Eingriffe auf den historischen Bestand beschränkten sich auf den minimal erforderlichen Umfang, versichert Kürzeder. Weniger sieht das anders. "Alles muss weg", fürchtet er. Zum Beispiel die Pferdeschwemme: Dabei handelt es sich um ein Bauwerk, in dem die Tiere nach getaner Arbeit abgekühlt, gewaschen und getränkt wurden. Die Schwemme auf dem Domberg könnte während der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs entstanden sein. Vielleicht aus den Zwanzigerjahren des 17. Jahrhunderts.

Weniger betont, dass so eine Pferdeschwemme in Bayern einzigartig sei. Vergleichbare Bauten gebe es nur in Salzburg oder Thüringen. Der Stadtheimatpfleger sagt, dass darin auch Teile von gotischem Gewölbe darin enthalten seien, die vor der Barockisierung des Doms aus diesem entfernt worden waren. Auch sie gingen verloren. Weniger findet das schade, denn man hätte die Funde sicher Touristinnen und Touristen zeigen können, etwa durch das Einlassen von Sichtfenstern.

Es gibt sogar eine Fotodokumentation durch Überflüge von Drohnen

Kürzeder weist darauf hin, dass Archäologen die Grabungen begleiten. "Die aufgefundenen Bodendenkmäler werden vermessen, fotografisch und zeichnerisch in archivfähiger Form dokumentiert und beschrieben." Es gibt sogar eine Fotodokumentation durch Überflüge von Drohnen. "Die durch die Grabungen gewonnenen Erkenntnisse stehen so nicht nur für die weitere wissenschaftliche Erforschung der Geschichte des Dombergs zur Verfügung, sondern werden auch zukünftig für Besucherinnen und Besucher aufbereitet und präsentiert", versichert Kürzeder.

Weniger vermutet Geheimniskrämerei hinter den Vorgängen auf dem Domberg. Niemand habe davon erfahren. Kürzeder erwidert darauf, dass es sich um eine von der Stadt Freising und dem Amt für Denkmalschutz begleitete Maßnahme handele. Deshalb sei der Personenkreis bei den Besprechungen zu den Funden klar definiert. "Die Einladung erfolgt über die Stadt Freising." Auch Stadtarchivar Florian Notter sei eingeladen und bei den Terminen stets dabei.

Kürzeder versichert, er sei als von der Erzdiözese beauftragter Bauleiter stets und gerne ansprechbar. Er erläutere gerne Interessierten zusammen mit den sich am Ort befindlichen Experten "die archäologischen Funde". Von einem Fotografierverbot könne keine Rede sein. "Von unserer Seite gibt es keinerlei Anweisungen, das Fotografieren außerhalb der Baustelle zu unterbinden." Viele Besucherinnen und Besucher seien in den vergangenen Wochen auf den Domberg gekommen, die auch die Grabungen fotografiert hätten. "Lediglich die vom Bauzaun abgesteckte Zone darf von nichtberechtigten Personen aus Sicherheitsgründen nicht betreten werden."

Am Montagabend soll noch einmal eine Besprechung stattfinden

Am Montagabend soll noch einmal eine Besprechung der bevorstehenden Bauarbeiten stattfinden. Weniger ist verwundert darüber, dass er zu dieser erst eingeladen, dann aber wieder ausgeladen worden war. Er vermutet, dass er beim zurückliegenden Gespräch wohl etwas zu hitzig gewesen sei. Kürzeder kann dazu nichts sagen. "Wie bereits erläutert, erfolgt die Einladung über die Stadt Freising." Bei dieser war am Freitagmittag niemand mehr erreichbar, der hätte Auskunft geben können. Weniger hofft, dass es bei diesem letzten Gespräch doch noch zu einem Einsehen komme. "Doch die Chancen tendieren gegen Null", glaubt er.

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