Clowns:Keine Angst vor dem Scheitern

Lesezeit: 2 min

Die nächste Grundausbildung zum Clown beginnt am 1. März. (Foto: privat)

Vor zwanzig Jahren hat Stefan Schiegl mit zwei Kollegen die Freisinger Clownschule "Kunst des Stolperns" gegründet. Er ist von einem überzeugt: Von Clowns kann man durchaus etwas lernen - auch und gerade in traurigen Zeiten.

Von Francesca Polistina, Freising/Dorfen

Es gibt viele Orte, an denen das Lachen willkommen ist, der Arbeitsplatz gehört häufig nicht dazu. Nun stelle man sich vor, man müsste jeden Tag lachen, des Berufs wegen. Und nicht nur das: Man müsste jeden Tag andere Menschen zum Lachen bringen, obwohl wenige Flugstunden von hier ein brutaler Krieg tobt, obwohl ein Erdbeben das Leben von mehr als 50.000 Menschen gekostet hat, obwohl man sich mit der Familie gestritten hat oder man einfach schlecht drauf ist. Ernst gemeinte Frage: Wer würde da mitmachen?

Der Dorfener Stefan Schiegl ist einer von diesen Menschen. Er ist Unterhaltungskünstler aus Leidenschaft und aus Beruf, vor zwanzig Jahren hat er mit Elisabeth Makepeace und Peter Spiel die Freisinger Clownschule "Kunst des Stolperns" gegründet. Die rote Nase trägt er immer gerne, häufig ehrenamtlich: in Schulen, in Krankenhäusern, sogar in Krisengebieten oder in Flüchtlingslagern in Sri Lanka und im Libanon, wo er mit den Clowns-ohne-Grenzen im Einsatz war. Ausgerechnet dort, wo das Leben alles außer lustig ist.

Stefan Schiegl war schon mehrmals mit den "Clowns-ohne-Grenzen" im Auslandseinsatz. (Foto: privat)

Die Clownschule "Kunst des Stolperns" ist in der Szene populär. Die nächste Grundausbildung fängt am 1. März an, 14 Menschen haben sich bisher gemeldet, zwei Plätze sind noch frei. Die Interessierten kommen aus verschiedenen Bundesländern und haben verschiedene berufliche Hintergründe, sie wollen zukünftig Clown-Profis werden oder einfach "was Schönes erleben", sagt Schiegl. Auch weiterführende Kurse werden angeboten.

In der Schule lernen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen die Improvisations- und Clownstechniken, arbeiten mit Mimik und Körpersprache, entwickeln einen ganz persönlichen Clown-Charakter, der zu ihnen passt, denn schließlich spielt ein Clown sich selbst. Vorkenntnisse brauchen sie nicht - wohl aber die Bereitschaft, die eigene lustige Seite entdecken zu wollen - die gibt es immer, versichert Schiegl - und keine Angst vor dem Scheitern zu haben.

"Im Privatleben muss immer alles perfekt sein, ein Clown darf hingegen scheitern", sagt Schiegl. Und sowieso gibt es viele Dinge, die man aus dieser Figur lernen könnte, meint er: zum Beispiel eine positive Grundeinstellung oder eine naiv getriebene Offenheit gegenüber dem Anderen. Und ein bisschen mehr Leichtigkeit würde wahrscheinlich ebenfalls nicht schaden, auch in traurigen Zeiten.

Münchner Umland-Newsletter
:SZ Gerne draußen!

Die besten Geschichten, spannende Menschen und Veranstaltungen für Groß und Klein in den Landkreisen rund um München und darüber hinaus - immer donnerstags in unserem kostenlosen Newsletter.

Was wiederum nicht bedeutet, dass man von einem Clown nur Witze erwarten muss. Im Gegenteil: "Wir sind keine Lacherproduzierer wie die Comedians im Fernsehen, sondern wir transportieren Emotionen". Und Emotionen können durchaus auch mal melancholisch sein, man denke zum Beispiel an den traurigen Pierrot. "Wenn ich als Clown die Manege verlasse und das ganze Publikum weint, ist das auch Clownerie", sagt Schiegl.

Man fragt sich nun, warum manche Menschen die Clowns hassen wie die Pest. Um die Angst vor den Clowns zu bezeichnen gibt es sogar ein Wort: "Coulrophobie". Laut den Psychologen hat das mit der starken Maskierung des Gesichtes zu tun, laut Schiegl auch mit der negativen Konnotation, welche die Figur des Clowns nach berühmten Filmen wie der Stephen-King-Verfilmung "Es" angenommen hat. Dass Politiker sich immer wieder mit diesem Wort beschimpfen, tue der Sache auch nicht gut.

Schiegl sagt, man müsse zwischen dem Kasperl, der nur Witze vorspielt, und der modernen Clownerie, die sie interpretieren, differenzieren. "Wir halten den Menschen einen Spiegel vor", sagt er. Ob er auf der Bühne politisch ist? Nein, sagt er, aber immer wieder gesellschaftskritisch, ja, das könne durchaus auch mal passieren.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSchausteller-Dynastie
:Die Grande Dame vom Rummelplatz

Fast sieben Jahrzehnte zog Lydia Rilke von Volksfest zu Volksfest. Ein hartes Leben sei es gewesen, erinnert sie sich. Aber hart gemacht, hat es sie nicht. Treffen mit einer Schausteller-Legende.

Von Gerhard Wilhelm und Birgit Goormann-Prugger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: