Wer erinnert sich noch an den "Schweinsbraten-Bürgermeister" von Attaching? Dabei handelt es sich um Johann Ziegltrum, der 1922 kandidierte und versprach, im Falle seiner Wahl eine Sau zu stiften. Dem Vernehmen nach hatte er sein Versprechen gehalten, heißt es in der Ortschronik von Attaching, die am Samstag, 18. November, um 16 Uhr offiziell an der Kegelbahn des Sportvereins vorgestellt wird.
Im 109 Seiten starken Buch ist die Geschichte des Freisinger Ortsteils sowie manche zum Schmunzeln anregende Anekdote nachzulesen. Vorgestellt haben sie der Attachinger Ortssprecher Hans Hölzl und der ehemalige Redaktionsleiter der Freisinger SZ, Johann Kirchberger, während eines Pressetermins im Rathaus.
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Normalerweise entstehen Ortschroniken aus einem bestimmten Anlass, etwa einem Jubiläum. Nicht so in Attaching. Hölzl schildert, dass ihm eines Tages der Kramer Willi Ziegltrum "einen Haufen" alter Bilder und Dokumente gezeigt hatte. Die stammten von seinem Großvater Max, der erste Bürgermeister der damaligen Gemeinde, der kein Landwirt war, und dem ehemaligen Hauptlehrer Otto Fronsbeck, der selbst eine Chronik von Attaching verfasst hatte. Hölzl sichtete zusammen mit Kirchberger und Hans Bögl vom Bürgerturmverein das Material. Und bei einem Frühschoppen wurde der Beschluss gefasst: "Da müssen wir was draus machen."
Zwei Jahre lang dauerte die Entstehungsgeschichte des Buches. "So was macht man nicht in vier Wochen", sagt Hölzl. Das Material musste gesichtet, noch lebende Zeitzeugen aus der jüngeren Geschichte Attachings befragt werden. Herausgekommen ist dabei ein "wichtiges Nachschlagewerk", lobte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher. Aber es ist mehr als das: ein Buch über die Geschichte von Attaching mit seinen Vereinen, seinen Gewerbebetrieben, alten Bauernhöfen mit ihren Hausnamen sowie "Geschichten zum Schmunzeln".
Ein Ausblick auf die Zukunft fehlt nicht, denn für den Freisinger Ortsteil wird gerade ein Bebauungsplan erstellt. Im Fokus ist dabei der "Alte Wirt" in der Ortsmitte. Der steht seit 2015 leer. Besitzer ist Graf Moy, der das Haus abreißen wollte, um dort Wohnungen zu bauen. Das Vorhaben stieß im Freisinger Stadtrat auf wenig Gegenliebe. Der erließ eine Veränderungssperre und will einen Bebauungsplan aufstellen.
Hölzl, Kirchberger und Bögl sichteten jeweils beim sonntäglichen Frühschoppen das neu hinzugewonnene Material. Hölzl lieferte immer wieder Nachschub an Unterlagen. "Er war von Haus zu Haus gegangen", schildert Kirchberger. Wie das so ist: Einige der Befragten sagten gar nichts oder nur wenig. "Andere haben ihm gleich 20 Seiten in die Hand gedrückt." Bei manchen Informationen dachten sich die Chronisten, "das kann doch gar nicht stimmen". Dann musste noch einmal nachgefragt werden.
Attaching ist um etwa 500 nach Christus gegründet worden
Als äußerst spannend empfand Hölzl das Gespräch mit "alten Leuten", wenn es um die alten Attachinger Gehöfte ging. Da habe er einiges erfahren, was er selbst noch nicht gewusst hatte.
Attaching, bis 1978 eine selbständige Gemeinde, ist heute ein sehr alter Ortsteil von Freising. Hölzl schreibt in seinem Vorwort zur Chronik, dass der Ort etwa um 500 nach Christus von Tuching aus gegründet und besiedelt worden war. 790 fand die erste urkundliche Erwähnung von "Ahatuchinga" statt. Die bayerische Adelsfamilie "Fagana" soll die Fläche um Attaching der Kirche zu Freising geschenkt haben. Fortan gehörte der Ort zum Hochstift Freising. Das änderte sich während der Säkularisation. Von 1803 an gingen die einst kirchlichen Güter in Privatbesitz über. Seit 1818 war Attaching bis zur Eingemeindung 1978 nach Freising eine selbständige Gemeinde.
1992 kam als Nachbar der Flughafen im Erdinger Moos dazu, mit dem sich der Ort irgendwie arrangierte. Seit 2011 regt sich dort aber nach dem Planfeststellungsbeschluss zum Bau einer dritten Startbahn vehement der Widerstand, seitdem droht halb Attaching die Absiedlung. Viele "Alteingessene" haben die ständige Ungewissheit nicht mehr ertragen und sind weggezogen.
Mit Spenden sind die Kosten für die Chronik zu 50 Prozent gedeckt
Hölzl sagt, die Chronik steht unter dem Motto: "Das Gewesene nicht vergessen, sich der Gegenwart stellen und die Zukunft gestalten." Eschenbacher würdigt die Mühe, die sich die Chronisten gemacht haben, denn mit der Zeit gingen immer mehr Informationen verloren.
750 Stück der Ortschronik sind gedruckt, gekostet hat das Projekt 15 000 Euro. Der Kulturausschuss des Stadtrats unterstützt es mit einem Zuschuss von 3000 Euro. Zusammen mit Spenden, sagt Hölzl, seien die Kosten zu 50 Prozent gedeckt. Die ersten Exemplare gibt es am kommenden Samstag zum Preis von 15 Euro in der Kegelhalle des BC Attaching zu kaufen. Von Montag, 20. November, an liegt die Ortschronik auch beim Attachinger Kramer aus.