Ausstellung im Alten Gefängnis:Welten in ständigem Wandel

Lesezeit: 2 min

"Mit dem Dreirad durch das Universum" ist der Titel der aktuellen Ausstellung im Alten Gefängnis. Das Bild zeigt Christian Wichmann mit seinem Werk 'Black Holes' (Foto: Marco Einfeldt)

Christian Wichmann und Thomas Heyl schaffen in ihrer Ausstellung "Mit dem Dreirad durchs Universum" einen bunten, leuchtenden Kosmos.

Von Ella Rendtorff, Freising

Ein Lichtwunder - das hatte nicht nur der heilige Korbinian seiner Zeit nach Freising gebracht, sondern passend zum Jubiläumsjahr leuchtet es auch in der Galerie im Alten Gefängnis von Donnerstagabend an in bunten Farben. LED-Lämpchen lassen kuriose Leuchtkästen erstrahlen und abstrakte Scherenschnitte zeichnen ein Wechselspiel zwischen Licht und Schatten, das kosmisch anmutende Bilder entstehen lässt. "Mit dem Dreirad durchs Universum" nennen die beiden Münchner Künstler Christian Wichmann und Thomas Heyl ihre zweite gemeinsame Ausstellung.

Nachdem die Pandemie den Beiden beim ersten Anlauf im Jahr 2020 einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, präsentieren die ehemaligen Klassenkameraden ihre Arbeiten nun in einem neuen Licht: Es geht um die Schöpfung und das, was von ihr übrig geblieben ist. Um Erinnerungen an ein Damals, das sich mit dem Heute vermischt und um globale Veränderung, die in Farbe und Form Gestalt annimmt.

"Es wird eng auf dem Planeten", sagt Christian Wichmann, während er einen seiner großen Leuchtkästen im Treppenhaus des Alten Gefängnis für den Ausstellungsaufbau um die Ecke manövriert. "Lichtskulpturen" nennt Wichmann seine Kunstobjekte, die allesamt aus wiederverwerteten Materialien gebaut und mit LED-Lämpchen von innen beleuchtet sind. "Jedes Objekt ist ein eigener kleiner Kosmos", erklärt der Künstler und entwirrt dabei die Kabel der Leuchtkästen.

Licht ist der rote Faden seiner künstlerischen Arbeitsweise, das Zusammenspiel von Licht und Raum begleitet Wichmann durch sein Werk: "Licht erzeugt Raum und ich mag es, die Geschichten der Räume und Gestalten zu erzählen, die sich auf diese Weise auftun." Wichmanns Geschichten fangen meist dort an, wo die Funktion von Alltagsmaterialien aufhört. Industrieabfall, Plastikreste, Schrottteile - für den Künstler die Grundbausteine, aus denen er Neues erschafft.

30 Jahre ist es her, dass er einer Firma fünf Tonnen farbige Platten aus Akrylglas abkaufte, die andernfalls auf dem Sperrmüll gelandet wären. In abstrakten Objekten und Skulpturen, die an organische Wesen erinnern, verarbeitet Wichmann die Glasplatten und andere Fundstücke aus seinem Materiallager seitdem zu Kunst. "Man muss aus Abfall etwas Neues machen, etwas Kostbares", findet er.

Das Bild zeigt ein Werk von Thomas Heyl. (Foto: Marco Einfeldt)

Ein ähnlicher Schöpfungsimpuls spricht aus den farbigen Papierarbeiten von Thomas Heyl, die sich im permanenten Wechselspiel zwischen Auslöschung und Neuerfindung bewegen. Abstrakte Akrylgemälde, die er mit der Schere durchlöchert, schaffen Durchblicke, die die Grenzen der klassischen Malerei überwinden. Während unter der Oberfläche von Wichmanns Lichtskulpturen die LED-Lämpchen blinken, blitzt hinter den Ausschnitten in Heyls Arbeiten nicht selten eine weiße Wand hervor. "Erahntes Ereignis", "Schwebezustand" oder "Spielanleitung fürs Universum" nennt der Künstler seine Werke, die Fragen nach einer Existenz aufwerfen, die im Angesicht der Krisen des Planeten an Selbstverständlichkeit verliert.

Für Helma Dietz vom Kulturverein Modern Studio geht es in den Bildern darum, "das Dagewesene verschwinden zu lassen". Als Betreuerin der Ausstellung hat sie sich vielschichtig mit den Werken der beiden Künstler auseinandergesetzt: "Ich sehe in Heyls Arbeiten etwas eruptives, das aber sehr subtil ist", sagt Dietz. "Es ist fast, als würde er in Trance malen".

Quer durch die Räume des Alten Gefängnises eröffnen Christian Wichmann und Thomas Heyl Welten, die voller Wandelbarkeit stecken. Was in Wichmanns Objektkunst als Assemblage verschiedener Materialien erscheint, ist bei Heyl die Vielfalt in der malerischen Bewegung. "Das verbindende Element ist die Erzählung", stellt Helma Dietz fest. Auch farblich treffen sich die beiden Künstler immer wieder an einem gemeinsamen Ort: in einem Universum, das bunt ist und leuchtet.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Neuerscheinung
:Eine gefährliche Ost-West-Liebesgeschichte

Der neue Roman der Freisinger Autorin Ira Habermeyer mit dem Titel "Bruderküsse"spielt in der Zeit des Kalten Krieges.

Von Elena Weller

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: