Klimawandel:Paradefall für eine schnellere Energiewende

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Auch in Hallbergmoos soll bald eine große Freiflächen-Photovoltaikanlage Strom liefern - und das in einem Landschaftsschutzgebiet. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Der Planungsausschuss des Landkreises genehmigt die erste Freiflächen-Solaranlage in einem Landschaftsschutzgebiet - sie soll westlich der B 301 in der Nähe des Hallbergmooser Gewerbeparks entstehen.

Von Petra Schnirch, Freising

Anfang Juli hatte der Freisinger Kreistag den Weg dafür frei gemacht, nun lag der erste Antrag auf Genehmigung einer Freiflächen-Solaranlage in einem Landschaftsschutzgebiet vor. Er kam, nicht ganz unerwartet, aus Hallbergmoos. Dort kämpft man seit längerem dafür, westlich der B 301 zwei Photovoltaikanlagen errichten zu können. Für das beantragte, etwa zehn Hektar große Areal hat der Ausschuss für Planung und Umwelt am Donnerstag seine Zustimmung gegeben, drei der Kreisräte votierten dagegen.

Landrat Helmut Petz (FW) sprach von einem "Paradefall". Zwei Jahre lang hätten die Kreisräte darüber diskutiert, ob Solarmodule unter bestimmten Voraussetzungen auch in einem Landschaftsschutzgebiet für einen begrenzten Zeitraum aufgestellt werden können. Möglich ist das nun beispielsweise nahe von Autobahnen und Bahntrassen - und es bleibt jeweils eine Einzelfallentscheidung. Im Fall von Hallbergmoos war das nicht unumstritten, obwohl der Landkreis die Energiewende vorantreiben will.

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Toni Wollschläger (Grüne) betonte, dass er zu dem Grundsatzbeschluss stehe, dieser Anlage könne er dennoch nicht zustimmen. Der Begriff der Nachhaltigkeit werde hier "missbraucht". Was ihn vor allem stört: Mit dem Solarpark soll auch die Surftown im Munich Airport Business Park, die im Frühsommer 2024 eröffnet werden soll, mit Energie versorgt werden.

Grund gehe für ein "dekadentes Freizeitvergnügen" verloren

Für Jahrzehnte gehe dadurch landwirtschaftlicher Grund für ein seines Erachtens "dekadentes Freizeitvergnügen" verloren, kritisierte Wollschläger. "Auch Co₂-freie Energie kostet Fläche." Das sei kein effizienter, zukunftsfähiger Umgang mit grüner Energie. Sinnvoller wäre es, den Parkplatz der Surftown oder des Sportplatzes mit Photovoltaik-Modulen auszustatten.

Kritik kam auch von AfD-Kreisrat Michael Albuschat, er sprach von einer "ideologisch geführten Energiepolitik". Wenn Ackerfläche anders genutzt werde, müsse Deutschland anderen Ländern Getreide "wegkaufen". Peter Warlimont (SPD) widersprach vehement. Es sei nicht ideologisch, die Energiewende voranzutreiben, sondern starr an Öl und Erdgas festzuhalten. Im Landkreis würden bisher auf 2300 Hektar Energiepflanzen angebaut, Freiflächen-Photovoltaik sei maximal auf bis zu 600 Hektar vorgesehen.

Der Antrag aus Hallbergmoos ging schließlich durch. In dieser Woche hat auch der Bauausschuss der Gemeinde die Weichen für das Projekt gestellt und den Bebauungsplanentwurf der Vispiron Energy gebilligt. Kritik gab es in Hallbergmoos an der langen Verfahrensdauer. Bereits Mitte 2021 hatte die Gemeinde die Herausnahme der Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet Isartal beantragt. Dazu kommt es nun nicht, dennoch wird die Anlage auf Zeit im Schutzgebiet genehmigt.

Eine junge Familie will in Tünzhausen endlich bauen

Der Planungsausschuss des Landkreises stimmte aber auch drei Anträgen auf Herausnahme von Grundstücken aus dem Landschaftsschutzgebiet zu: für eine gewerbliche Kompostieranlage bei Eching, für eine Grüngutsammelstelle bei Flitzing und Wohnbebauung in Anglberg und Göttschlag. Eine kurze Diskussion gab es im Fall von Tünzhausen. Dort soll es einer jungen Familie ermöglicht werden, auf dem Grundstück der Eltern zu bauen. Auch daneben liegende Flächen sollen herausfallen. Kreisrätin Susanne Hartmann (FDP) verwies darauf, dass die Nachbarn dies ablehnten, weil sie eine größere Bebauung fürchteten.

Allershausens Bürgermeister Martin Vaas (PFW) erklärte, dass es lediglich darum gehe, weiteren Familien eine Bebauung in zweiter Reihe zu ermöglichen, ohne das ganze Prozedere wieder durchlaufen zu müssen. Konkrete Pläne gebe es bisher keine. Vaas erinnerte daran, dass einige der Einwender selbst im Landschaftsschutzgebiet gebaut hätten. Die Fläche sei nicht so groß, dass dies den Ort verunstalten würde. Auch Jörg Steiner, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt, hielt die Größenordnung von etwa 7000 Quadratmeter "für beherrschbar". Das sei eine Ermessenssache. Jetzt muss noch der Kreistag zustimmen.

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