Fundbüro am Flughafen:Von Brillen und Uhren bis zu Motorsägen und Goldfisch

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Warum wohl jemand einen überdímensionalen Löwenkopf dabei hatte? (Foto: Marco Einfeldt)

Am Flughafen München landen jährlich Tausende Gegenstände, die vergessen wurden. Schlüssel, Pässe, aber auch Motorsägen, Brautkleider, Beinprothesen und sogar ein Goldfisch. Alles kommt zu Josef Rankl, dem Leiter des Fundbüros. Er und sein achtköpfiges Team machen sich dann auf die Suche nach dem Eigentümer.

Von Gerhard Wilhelm, Flughafen München

Einen Satz hat Josef Rankl, Leiter des Fundbüros am Flughafen München, bestimmt schon 100 Mal auf Nachfrage gesagt: "Es gibt nichts, was noch nicht verloren wurde". Dort warten jährlich Zehntausende Gegenstände auf ihren Eigentümer. Schlüssel, Brillen, Tablets, Pässe und sogar Brautkleider, Motorsägen und auch einmal ein Goldfisch. Rund 70 000 Fundstücke waren es vor Corona, zurzeit sind 35 000. Die Tendenz ist stark steigend mit der Zunahme des Flugverkehrs.

Der 61-Jährige zählt mittlerweile zu den Urgesteinen des Flughafen-Teams. Schon vor dem Umzug am 16. Mai 1992 war er als Stationsmeister, heute nennt sich das Terminal-Management, am damaligen Münchner Flughafen in Riem tätig. Als solcher war er für die Annahme und Weiterleitung von Fundsachen zuständig. Mit dem Anstieg der Fluggastzahlen im Erdinger Moos stieg auch die Zahl der Gegenstände, die im Fundbüro im Service Center, München Airport Center - Ebene 03, Terminalstraße West, landen. Auch die Gegenstände, die nichts im Gepäck verloren haben und vom Sicherheitspersonal entnommen werden, kommen dort in die Regale.

Josef Rankl, Leiter des Fundbüros, war schon am Flughafen in Riem zuständig für alles, was liegen bleibt. (Foto: Marco Einfeldt)

Rund um die Uhr gehen Dinge verloren. "Während der Corona-Pandemie hat sich aber viel verändert. Das Fundbüro war auch in der Zeit geöffnet und man mag es fast gar nicht glauben, auch wenn keiner unterwegs war, verloren ging immer was", sagt Rankl. In erster Linie in dieser Zeit Impfpässe. Mit dem zunehmenden Flugbetrieb steige auch die Zahl der Fundsachen wieder.

Der Weihnachtsbaum stammt auch aus der Winterreisezeit. (Foto: Marco Einfeldt)

"Es kommt auch darauf an, welche Jahreszeit wir haben. Im Winter haben die Leute mehr Sachen dabei und es wird dann schwieriger, den Überblick zu behalten." Eine kurzer Moment nur und schon lässt man Handschuhe oder Schal zurück.

Diese Motorsäge schaffte es wohl nicht durch die Sicherheitskontrolle. (Foto: Marco Einfeldt)
Kinderwagen werden auch gerne stehen gelassen. (Foto: Marco Einfeldt)

Uhren, Schals, Tablets, Ringe, Handys, Schlüssel - alles Gegenstände, die man mal vergessen, verlieren kann, aber Motorsägen? Oder eine Beinprothese? Eine Klobürste, ein Nudelsieb? Ein Brautkleid oder ein Hochzeitsanzug? Sogar eine Uhr mit Diamanten, 0,45 Karat, offenbar ein Geschenk des Emirs von Katar. So stand es auf einem Zettel in der Verpackung. Das mit der Motorsäge kann Josef Rankl erklären: "Vergessen heißt ja immer, ich lasse etwas zurück. Es gibt zwei Wege, auf denen die Motorsäge im Fundbüro landet: Weil sie jemand tatsächlich zurücklässt, oder wenn sie bei der Sicherheitskontrolle aus dem Gepäck geholt wird und später nicht mehr abgeholt wird."

Die Motorsäge ist jedenfalls stets der Brüller, wenn Fundsachen versteigert werden, die nach Ablauf der sechsmonatigen gesetzlichen Aufbewahrungsfrist in das Eigentum der Flughafen München GmbH (FMG) übergegangen sind. Während Corona gab es keine Versteigerung, erst 2022 wurde wieder eine in Hallbergmoos veranstaltet.

Die Regale sind voll im Fundbüro des Flughafens. (Foto: Marco Einfeldt)
Ganze Kisten voller Gürtel finden sich dort. (Foto: Marco Einfeldt)

Doch nicht alles kommt zur Versteigerung: Das Brautkleid habe man noch rechtzeitig der Braut zurückgegeben können. "Man findet bei uns auch Tiere. Wir hatten schon mal einen Hund, eine Katze und einen Goldfisch", sagt Josef Rankl. Mit Zahnprothesen, ein Klassiker auf dem Oktoberfest, kann der 61-Jährige jedoch nicht dienen, aber mit einer vergessenen Beinprothese. Die habe man aber dem Eigentümer zurückgeben können.

Apropos zurückgeben: "Unser Auftrag besteht darin, ein Dokument, zum Beispiel den Pass, an seinen Eigentümer zurück zu führen", sagt Rankl. Für mögliche, ungewollte Konsequenzen sei das Fundbüro aber nicht zuständig. In einem Fall habe man versucht, einem Mann seinen Pass zurück zu geben. Nur sei nicht er selbst, sondern dessen Frau ans Telefon gegangen. Die wunderte sich über einen Anruf aus München. Ihr hatte der Mann gesagt, in eine ganz andere Stadt zu reisen.

Seinen Hut lässt man auch gerne mal liegen. (Foto: Marco Einfeldt)
Dieses Hoverboard, ein zweirädriges Fahrzeug ohne Lenkstange, wird versteigert, wenn es sein Besitzer nicht nach einem halben Jahr wieder abholt. (Foto: Marco Einfeldt)

Viele Gegenstände kommen von der Sicherheitskontrolle ins Fundbüro, aus den Wartebereichen und vom Flughafen-Gelände, wie Rankl sagt. Der Zuständigkeitsbereich des Fundbüros am Flughafen München erstreckt sich über das gesamte Flughafengelände, das Terminal 1, das Terminal 2 und den Satteliten. Ausgenommen sind Taxis, S-Bahnen, der Bahnhof sowie Kabinenfundsachen aus Flugzeugen. Für Fundgegenstände im öffentlichen Nahverkehr sind jedoch die jeweiligen Betreiber zuständig. Für Kabinenfundsachen die Airline.

Mehr als die Hälfte der Gegenstände landet auch wieder bei seinem Eigentümer

"Dabei muss man sagen, dass die Leute sehr motiviert sind, gefundene Gegenstände abzugeben. Wir haben noch sehr viele ehrliche Leute in unserer Gesellschaft", sagt der Fundbüroleiter. Mehr als die Hälfte der Gegenstände landet auch wieder bei seinem Eigentümer. "Momentan sind wir bei 55 Prozent der Zuordnung, weil sich meistens doch immer ein Hinweis auf den Eigentümer finden lässt." Immer mehr Passagiere würden dankenswerterweise Hinweise hinterlassen, Name, Telefonnummern und E-Mail-Adresse im Koffer und Handgepäck. "Wir haben im Fundbüro ein eigenes Team mit acht Leuten, die die Sachen registrieren, verwalten, die Recherche nach dem Eigentümer betreiben", sagt Rankl. Alle seien gut beschäftigt.

Das Fundbüro am Flughafen München ist täglich von 6.30 bis 22 Uhr geöffnet. Fundsachen können während der Öffnungszeiten abgegeben werden. Die Abholung der Fundsachen ist von 10 bis 18.30 Uhr möglich. Wer etwas verloren hat, oder den Verlust oder Fund eines Gegenstandes melden will, kann es zuerst mit der Onlinesuche versuchen. Ergibt die Suche einen passenden Treffer, sollen die Mitarbeiter des Fundbüros per E-Mail an fundbuero@munich-airport.de informiert werden.

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