Ermittlungen gegen Echinger Bürgermeister:Viele Merkwürdigkeiten

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Hintergründe zu den Vorgängen streuen meist die örtliche CSU und der frühere Haimhausener CSU-Bürgermeister. Die Staatsanwaltschaft bestätigt nur, was zuvor durchgesickert ist.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Die Themen im Echinger Sommer kreisen meist um den See; weil sich da die meisten Echinger aufhalten und weil es auch immer Sommerthemen gibt: eine neue Bade-Insel etwa oder einen zwei Meter großen Waller,

Gezielte Indiskretionen

Das ist, kurz zusammengefasst, die Geschichte, die durch allerlei gezielte Indiskretionen auf diversen Foren in den vergangenen Tagen angerührt wurde und in den digitalen Netzwerken munter mit weiteren Faktenfetzen, Mutmaßungen und Spekulationen weitergesponnen wird. Einen Kontrapunkt zu dieser Geschichte, ergänzende Informationen für eine andere Sichtweise oder eine andere Deutungsweise unstrittiger Fakten gibt es nicht.

Dazu kommt: Sebastian Thaler schweigt, die Gemeinde schweigt. Jenseits eventuell tiefer gründender Motive einiger Akteure wurzelt der justiziable Teil der Affäre im Sommer 2018. Auf einem ausdrücklich für Autos gesperrten Weg am Echinger See, in Eching wegen der Verkehrsüberlastung ein konstantes Problemfeld, geriet Bürgermeister Thaler auf seinem Fahrrad mit einem Autofahrer aneinander, den er wegen der verbotswidrigen Wegenutzung maßregeln wollte.

Offenbar wurde die Auseinandersetzung handgreiflich. Die Sache endete vor Gericht, das Thaler dazu verurteilte, einen Schaden in vierstelliger Höhe am Auto zu ersetzen, der durch die Auseinandersetzung entstanden ist und die Gerichtskosten zu tragen; sein Kontrahent wurde verurteilt, Thalers dabei zerrissenes Shirt zu ersetzen.

Großes Polizeiaufgebot

Die Staatsanwaltschaft Landshut hat im Juli mit großem Polizeiaufgebot das Echinger Rathaus besucht und Unterlagen mitgenommen; auf Nachfragen wurde mittlerweile bestätigt, dass die Durchsuchung den Unterlagen zu dem damaligen Fall galt. Offenbar hat der Echinger Gemeinderat seinerzeit in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, die Verfahrenskosten für diesen Rechtsstreit des Bürgermeisters zu übernehmen, ebenso Teile der Schadensabwicklung. Diese Beschlüsse wurden aber stets als geheime Kommandosache behandelt, zwei öffentliche Nachfragen danach im Gemeinderat wurden abgeblockt.

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In einem zweiten Verfahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Landshut nun wegen Wuchers gegen das Ehepaar Sebastian und Marlen Thaler. Fakt hierzu ist, dass beide 2019 eine Wohnung von einem damals hochbetagten, mittlerweile verstorbenen Echinger erworben haben. Die CSU hatte Ende 2020 in Zusammenhang mit dem Wohnungskauf über unseriöses Gebaren geraunt und das Vorgehen der Thalers in die Nähe des betrügerischen Enkeltricks gerückt. Jegliche Beweise oder Zeugen blieb die CSU jedoch schuldig. Thaler hatte seinerzeit erklärt, die Wohnung zu marktüblichem Preis gekauft zu haben, alle Unterstellungen der CSU seien "haltlos".

Aus CSU-Kreisen gestreut

Mindestens bemerkenswert an den beiden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ist nun, dass ihre Inhalte stets aus CSU-Kreisen gestreut werden. Obwohl weder Staatsanwaltschaft noch Rathaus Hintergründe zu der spektakulären Durchsuchung im vergangenen Juli veröffentlicht haben, wurde über den Zusammenhang zum 2018-er Prozess Thalers auf einer Webseite berichtet, die der stellvertretende CSU-Ortsvorsitzende Julian J. Heike betreibt. Heike wiederum ist der Sohn des langjährigen CSU-Landtagsabgeordneten Jürgen W. Heike, der unter anderem 2003 bis 2008 Staatssekretär in der Bayerischen Staatsregierung war und 2008 bis 2018 Mitglied der staatlichen Richter-Wahl-Kommission.

Die Ermittlungen zum angeblichen Wucher hat der ehemalige Haimhausener CSU-Bürgermeister Torsten Wende öffentlich gemacht, der offenbar mit dem Kollegen Thaler ein privates Sträußchen auszufechten hat und seit Jahren zu den härtesten Kritikern des Echinger Bürgermeisters in diversen Sachfragen gehört.

Mindestens ebenso merkwürdig ist der spektakuläre Aufwand der Durchsuchung, mit dem die Staatsanwaltschaft maximale Aufmerksamkeit erzeugte - um dann ausdrücklich zu versichern, es gelte bei der Ermittlung gegen Thaler die Unschuldsvermutung. Nach Augenzeugenberichten umstellten acht Polizeiautos das Rathaus und an die 50 Beamte flankierten die Sicherstellung der Dokumente. Weil etwas verschwinden oder verborgen werden könnte, was zuvor 24 Gemeinderäte gesehen und (mehrheitlich) abgenickt haben? Die Auslagen der Gemeinde dürften kaum einen mittleren vierstelligen Betrag überschreiten; selbst wenn der Beschluss des Gemeinderats zur Kostenübernahme fehlerhaft oder illegal war, werden Fehler dieser Dimension schon auch mal von der Rechnungsprüfung auf dem Verwaltungsweg geklärt ..

Thaler hat keine Akteneinsicht

Die Staatsanwaltschaft hat bislang stets nur bestätigt, was zuvor bereits über die CSU-Kanäle durchgesickert war. Thaler schweigt unter Berufung auf das laufende Verfahren, in dem er noch nicht einmal Akteneinsicht habe. Die Durchsuchung im Rathaus war in die Woche gefallen, in der er zur Geburt seines ersten Kindes bei seiner Familie im Krankenhaus war. Ein diese Woche von ihm angesetzter Termin zu einer Stellungnahme wurde kurzfristig abgesagt; sein Rechtsbeistand habe ihm ebenso abgeraten wie die kommunale Rechtsaufsicht. Bezüglich des seinerzeitigen Beschlusses zur Kostenübernahme des Gerichtsverfahrens berufen sich alle Beteiligten auf die Nichtöffentlichkeit der Sitzung.

© SZ vom 24.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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