Fall Sebastian Thaler:Von Rüge bis Amtsenthebung

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Nachdem Echings Bürgermeister Sebastian Thaler den Strafbefehl des Amtsgerichts akzeptiert hat, befasst sich nun die Landesanwaltschaft mit Sitz an der Ludwigstraße in München mit seinem Fall. (Foto: Jakob Berr)

Die Landesanwaltschaft prüft nach dem vom Echinger Bürgermeister akzeptierten Strafbefehl wegen Untreue nun mögliche Dienstvergehen. Über etwaige Disziplinarmaßnahmen müsste das Verwaltunsgericht entscheiden.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Nachdem Echings Bürgermeister Sebastian Thaler den Strafbefehl des Amtsgerichts Freising wegen Untreue im Amt akzeptiert hat, setzt sich nun die bayerische Landesanwaltschaft mit dem Fall auseinander. Die Disziplinarbehörde des Staats bewertet die Vorfälle im Echinger Rathaus jetzt dienstrechtlich. Als kommunaler Wahlbeamter unterliegt ein hauptamtlicher Bürgermeister dieser Dienstaufsicht.

In der Akte Thaler in der Behörde an der Münchner Ludwigstraße ist nicht nur der Strafbefehl des Amtsgerichts wegen Untreue enthalten, sondern auch die dienstrechtlich fragwürdigen Vergaben von Gemeindeaufträgen durch den Bürgermeister an seinen Schwager. Diese Fälle waren von der unmittelbaren Rechtsaufsicht im Freisinger Landratsamt im März 2022 an die Landesanwaltschaft überstellt worden.

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Diese beurteilt die Fälle dabei nicht einzeln, sondern bündelt mehrere festgestellte Dienstpflichtverletzungen, wie bei Thaler, zu einem einheitlichen Dienstvergehen und ahndet diese im Paket. Vorgeschlagen werde dann "eine Disziplinarmaßnahme, die dem Verhalten des Beamten, seiner Persönlichkeit und den Interessen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit gerecht wird", heißt es in der Selbstbeschreibung der Behörde.

Konkret reichen die Möglichkeiten, die der Landesanwaltschaft zu Gebote stehen, von einer Einstellung des Verfahrens über Rügen oder die Kürzung von Bezügen oder Ansprüchen bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, also die Amtsenthebung. Während des laufenden Strafverfahrens gegen Thaler am Amtsgericht hat die Tätigkeit der Landesanwaltschaft geruht. Sobald nun die Ausfertigung des rechtskräftigen Strafbefehls an der Ludwigstraße eingeht, werde das Verfahren fortgesetzt, heißt es von dort auf Anfrage. Alles nächstes werde dann Thaler gehört.

Das Amtsgericht hat den Bürgermeister zu 240 Tagessätzen wegen Untreue verurteilt. Geahndet wurde damit, dass Thaler zu viele Prozesskosten eines Verfahrens um eine tätliche Auseinandersetzung am Echinger See von der Gemeindekasse bezahlen ließ, indem er dem Gemeinderat Informationen zum Verfahren vorenthalten hatte.

Es gab acht Aufträge an den Schwager, drei im Bagatellbereich, einer wurde gestoppt

Weiter anhängig sind Aufträge der Gemeinde, die Thaler an seinen Schwager vergeben hatte, was dienstrechtlich untersagt ist. Nach Darstellung von Drittem Bürgermeister Leon Eckert, der die Materie im Auftrag des Gemeinderats untersucht hatte, habe es acht Aufträge gegeben; drei lägen im Bagatellbereich, einer wurde nach der öffentlichen Kritik gestoppt.

Thaler hatte dazu gesagt, alle Angebote seines Schwagers seien deutlich günstiger gelegen als andere Angebote, daher sei die familieninterne Vergabe für die Gemeinde vorteilhaft gewesen. Nach Recherchen der SZ wurde aber in mindestens zwei Fällen deutlich mehr als diese Angebotssumme ausbezahlt. Dazu hat sich Thaler auf Anfrage nicht geäußert.

Ein weiteres "objektives Dienstvergehen" des Bürgermeisters hatte bereits die Kommunalaufsicht im Landratsamt im Februar 2021 gerügt. Damals hatte Thaler auf Briefpapier des Bürgermeisters Werbekunden einer Echinger Online-Plattform von Inseraten dort abgeraten, da die Staatsanwaltschaft gegen das Medium ermittle.

Er selbst hatte den Betreiber wegen verunglimpfenden Beiträgen angezeigt, die Staatsanwaltschaft hatte jedoch keinen Anlass für Ermittlungen gesehen. Daher habe er in amtlicher Funktion "wider besseren Wissens" den Betreiber diffamiert, so das Landratsamt.

Der Fall der Untreue muss nicht erneut geprüft werden, es könnte also relativ schnell gehen

Einen "Bewertungskatalog" der Vergehen gibt es bei der Landesanwaltschaft nicht. Einzige Marke wäre, dass bei einer rechtskräftigen Verurteilung von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat das Bürgermeisteramt sofort und automatisch beendet würde. Alles darunter werde "jeweils im konkreten Einzelfall ermittelt und beurteilt", so ein Sprecher der Landesanwaltschaft.

Wird durch die Ermittlungen ein Dienstvergehen als erwiesen angesehen, würde die Disziplinarkammer des zuständigen Verwaltungsgerichts München eine Disziplinarklage erheben. Dieses Gericht würde dann die Disziplinarmaßnahme aussprechen.

Im Fall Thaler könnte dies relativ schnell gehen, da die Landesanwaltschaft nicht verpflichtet ist, den Themenkomplex der Untreue noch mal neu aufzurollen. Ein rechtskräftig festgestellter Sachverhalt könnte von der Behörde ungeprüft übernommen werden. Und die Auftragsvergaben liegen bereits seit fast zwei Jahren bei der Behörde, wenn auch bislang ruhend.

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