Brass Wiesn 2023:Zurück zu den Ursprüngen

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In der Asbach Rüscherl Alm wird schon am Donnerstagabend gefeiert. (Foto: Leonhard Simon)

Bayerisch-gemütlich soll es diesem Jahr beim Blasmusik-Festival am Echinger See zugehen. Die vielen Fans freuen sich darüber, dass ihre "Wiesn" trotz der tragischen Vorfälle im vergangenen Jahr nicht abgesagt wurde. Vergessen sind sie nicht.

Von Lena Meyer, Eching

Heftiger Regen hat der Erdinger Weiha-Feia einen Strich durch die Rechnung gemacht. Weiter nördlich versinkt das Heavy-Metal Festival in Wacken samt Gästen im Schlamm. Doch in Eching hält das Wetter - pünktlich zu Beginn der neunten Auflage der "Brass Wiesn". Am ersten Nachmittag des Festivals lacht die Sonne den Gästen noch entgegen, Sorgen über das angekündigte Mistwetter am Wochenende macht sich hier niemand. "Den Dreck kann man doch wieder abwaschen", bemerkt Bärbl gelassen, die zusammen mit Julia und Simone an einem kleinen Tisch vor ihrem Dosenbier sitzt und entspannt an einer Zigarette zieht.

Den Rauch pustet sie gekonnt durch die Mundwinkel über die Schulter aus. Seit dem frühen Donnerstagmorgen sind sie schon in Eching, bleiben werden die drei einträchtig nebeneinander Sitzenden bis Sonntag.

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Wie lange sie sich schon kennen? "Seit einer halben Stunde", lachen sie. "Und schon gute Freunde geworden." Das sei eben das Besondere an der "Brass Wiesn": ein familiäres Fest, auf dem man mit allen Menschen gut klar komme. "Egal ob jung oder alt", ergänzt Bärbl. Jeder könne mit jedem, alles laufe ohne Stress ab. Eben ganz gemütlich.

Gemütlich ist das Schlagwort. Auch von den Organisatoren wurde die diesjährige Ausgabe des Festivals als "eine gmiatliche, bayerische Auszeit mit Musik, Schmankerln und Party am Echinger See" angepriesen. "Gmiatlich, zünftig, freindlich" - so soll es laut Veranstalter Alexander Wolff auf der "Brass Wiesn" zugehen und das Fest somit "zurück zur ursprünglichen Festivalphilosophie" finden. Das hat Gründe. Im vergangenen Jahr uferte das Festival mit mehr als 20 000 Besuchern aus, es kam zu zwei tragischen Unglücksfällen: Ein 25-Jähriger aus dem Landkreis Erding war nach dem Besuch des Festivals im Echinger See ertrunken, ein weiterer Festivalbesucher war von einem Autofahrer angefahren und schwer verletzt worden.

"Der Fall ist nach wie vor offen", sagt die Polizei

Nach dem flüchtigen Fahrer wird bis heute gefahndet, die Polizeiinspektion Neufahrn erneuerte diesbezüglich einen Zeugenaufruf. "Der Fall ist nach wie vor offen", sagte die Polizei Neufahrn auf Anfrage am Freitag. Stand Freitagmittag seien noch keine Hinweise bei der Dienststelle eingegangen. Die Hoffnung bestehe allerdings weiterhin, dass ein Jahr später entsprechende Informationen, die zur Überführung des flüchtigen Fahrers beitragen, gesammelt werden können.

Auch heuer denken viele Gäste an die tragischen Ereignisse aus dem vergangenen Jahr. "Das hat alles überschattet", sagt Johannes, während er den Blick betrübt sinken lässt und seufzt. "Das war ganz tragisch." Natürlich habe er sich an die Suchaktion von vergangenen Jahr erinnern können, er selber war beteiligt gewesen und habe auch die Neuigkeiten nach dem Vermissten in den sozialen Medien verfolgt. "Das war ein Schock", sagen auch Johannes Fischer und Hubert Wallner. "Jeder einzelne war betroffen."

Ein Plakat am Rande des Badesees weist in diesem Jahr auf das strenge Badeverbot hin. (Foto: Leonhard Simon)
In der Asbach Rüscherl Alm trifft man sich zum Tanz. (Foto: Leonhard Simon)
Auch draußen sind alle fröhlich. (Foto: Leonhard Simon)

Auf die Tragödien reagierten sowohl Veranstalter als auch die Gemeinde Eching mit einem erweiterten Sicherheitskonzept, das etwa ein striktes Badeverbot von 21 Uhr bis fünf Uhr morgens vorsieht. Jenes Verbot stößt auf große Zustimmung in den Reihen der Feiernden. "Natürlich ist das richtig", bekräftigt Florian, der mit Kollegen, einem Sofa und einer Ausrüstung an Bier, Schnaps und Steckerlfisch nach Eching gereist ist. "Was hat man denn auch nachts im See verloren?", fragt er rhetorisch.

Selbstverständlich erinnere er sich an die Geschehnisse von letztem Jahr, an die kreisenden Hubschrauber, die Sirenen und Blaulichter. "Keiner hat erst einmal gewusst, um was es geht." Der Schock war dann umso größer. Und umso erleichterter waren die Feiernden, als sie erfahren hatten, dass die "Wiesn" dieses Jahr wieder stattfinden soll. "Es ist schön, dass es nicht abgesagt wurde", findet Anna Lena. Trotzdem müsse man aufeinander acht geben, aber auch sein eigenes Limit erkennen.

Die Besucher sind aufgefordert, aufeinander acht zu geben. (Foto: Leonhard Simon)
Frühstück gibts von neun bis zwölf. (Foto: Leonhard Simon)
Sportlich betätigen kann man sich auch. (Foto: Leonhard Simon)

Zusätzlich habe die Wasserwacht ihr Personal um zwei Personen aufgestockt und verwende in diesem Jahr ein Sonargerät, das Personen unter Wasser ordnen könne, sagt Thomas Lochner von der Wasserwacht, die für die tägliche Sicherheit rund und auf dem Echinger See sorgen soll.

Außerdem habe man zusätzliche Absperrungen an den Steilufern angebracht, ergänzt seine Kollegin Cathrin Siebzehnrübl. "Die Veranstalter geben sich wahnsinnige Mühe", finden Johannes Fischer und Hubert Wallner, "aber du kannst nicht alles abschotten." Dennoch habe Fischer das Gefühl, dass sich das Sicherheitskonzept stark verbessert habe.

Beste Stimmung beim Auftritt der Band "Gallowstreet". (Foto: Leonhard Simon)
Gut behütet kann man auch bei Regen feiern. (Foto: Leonhard Simon)

Und er muss es wissen, lebt er seit 75 Jahren in dem Ort und erlebte die Anfänge der "Brass Wiesn" selber mit. Die Entwicklung über die Jahre gefalle ihm gut, die Stimmung sei immer "super". Nur größer sollte das Festival nicht mehr werden, finden sowohl Fischer als auch Wallner. "Letztes Jahr war es echt am Limit", sagen sie. Was sie von der Bürgerinitiative halten, die sich aufgrund des immer größer werdenden Festes und des Müllkonsums im vergangenen Jahr gegründet hatte? Johannes Fischer wiegt den Kopf, bevor er klar stellt: "Eching braucht das." Und weiter: "Andere Gemeinden wären dankbar dafür."

Die Besucher sollen ihre Abfälle in einem Müllsack sammeln

Und während im vergangenen Jahr die Mülleimer völlig ausgebeult schienen und ihren Inhalt nicht mehr halten können, sieht es am Donnerstag noch recht ordentlich aus. Vielleicht liegt das auch an dem neuen Konzept der Organisatoren. Denn in diesem Jahr bekommt man bei Betreten der "Brass Wiesn" einen leeren Müllsack mit einem Müllchip in die Hand gedrückt. Darin soll man seine Abfälle während der Festivaltage sammeln und ihn vor der Heimreise an den dafür vorgesehenen Stellen wieder zurückgeben.

Erst dann bekommt man den Müllpfand in Höhe von zehn Euro wieder. "Freilich" werde er seinen Müll einsammeln, sagt Michi, der die Plastikmülltüte in der Faust trägt. Das gehöre sich schließlich so. Diejenigen, die allerdings mit ihren Müllzangen die achtlos weggeworfenen Abfälle oder weggeflatterten Plastiktüten der Feiernden einsammeln, sehen das ein wenig skeptischer. "Am Ende ist bestimmt wieder viel Müll da", sagt einer von ihnen mit einem leichten Achselzucken, er sich wieder auf den Weg macht.

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