Brass Wiesn 2022:Trauer nach der großen Gaudi

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Kerzen und Blumen erinnerten an dieser Stelle an den Tod des 25-jährigen Festivalbesuchers, der im August 2022 im Echinger See ertrunken war. (Foto: Marco Einfeldt)

Die erste Brass Wiesn nach Beginn der Pandemie wird als diejenige in die Historie eingehen, bei der es zu zwei tragischen Unglücksfällen kam. Ein 25-Jähriger stirbt, ein Familienvater wird angefahren und schwer verletzt. Ein Rückblick auf das, was war.

Von Birgit Goormann-Prugger, Eching

Zwei Jahre war es sehr ruhig am Echinger See. An ein Festival mit Tausenden Besuchern war in der Corona-Zeit nicht zu denken. Im August 2022 sollte die achte "Brass Wiesn" dann größer denn je zurückkommen. An die 20.000 Fans aus aller Welt wurden erwartet. Und die Festivalmacher konnten es kaum erwarten: "Wir freuen und narrisch, dass es jetzt endlich losgeht", sagte Alexander Wolff kurz vor dem Start des großen Spektakels. Entspannte Heiterkeit sollte überall herrschen: Auf der Prosecco Alm mit DJs, auf mehreren Bühnen und in Zelten mit 80 Kapellen, Tanz- und Jodelworkshop und Kindern, die auf Strohballen toben.

Doch dann kam alles ganz anders: Die erste Brass Wiesn nach Beginn der Pandemie wird als diejenige in die Historie eingehen, bei der es zu zwei tragischen Unglücksfällen kam. Ein 25-Jähriger war nach dem Besuch der Brass Wiesn im See ertrunken, ein anderer Festivalbesucher war von einem Autofahrer angefahren und schwer verletzt worden. Der Unbekannte hatte anschließend Fahrerflucht begangen. Nach dem Fahrer wird nach Angaben der Neufahrner Polizei nach wie vor gefahndet.

Polizisten und Polizistinnen durchsuchten das Gelände nach Spuren des vermissten 25-Jährigen. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Suche nach dem 25-jährigen Tobias D. aus dem Landkreis Erding , der nach dem Besuch der Brass Wiesn zunächst spurlos verschwand und dann nach fünf Tagen intensiver Suche von Badegästen tot aus dem Echinger See geborgen wurde, ging in den sozialen Medien viral. Tausendfach wurden die Posts und Berichte über sein Verschwinden geteilt und angeklickt. Zuvor hatte die Polizei mit zahlenreichen Einsatzkräften mit Helikopter und Spürhunden das Gelände nach dem Vermissten abgesucht und jeden Stein umgedreht. "Wir geben nicht auf", hieß es. Auch viele Freunde, Bekannte und freiwillige Helfer halfen bei der Suche mit. Und dann kam die traurige Gewissheit. Badegäste entdeckten einige Tage später schließlich einen leblosen Körper, der auf dem Wasser trieb. Es war der vermisste 25-Jährige. Der herbei gerufene Notarzt konnte nur noch den Tod des jungen Mannes feststellen. Möglicherweise war der laut Zeugenaussagen schwer alkoholisierte junge Mann mit dem Kopf voraus ins Wasser gestürzt und dann ertrunken. Ein Fremdverschulden wurde ausgeschlossen - ein tragischer Unfall also.

Was dann folgte, war eine teilweise heftig und emotional geführte Debatte darüber, wie hoch die Ansprüche an die Sicherheitsvorkehrungen bei einem solchen Großereignis, bei dem Tausende ausgelassen feiern wollen - noch dazu an einem See - sein müssen und inwieweit man als Veranstalter überhaupt alle Eventualitäten ausschließen kann. Stichwort "Eigenverantwortung". Die Frage, die über allem stand, lautete: "Ist die große Gaudi aus dem Ruder gelaufen?" Die Meinungen im Netz waren geteilt. "Ein Festival mit einer Bilanz, die mehr als traurig ist. Müllberge, die nicht zu fassen sind ..., ein Schwerverletzter mit Unfallflucht und als tragische Krönung ein toter 25-Jähriger. Ich hoffe inständig, dass es das war mit diesen unseligen Festivals an unserem See", hieß es da unter anderem. Von einem "üblen Massenbesäufnis", das ins Komasaufen abgedriftet sei, war die Rede. Und weiter: "Ein Festival mit viel Alkohol an einem See zu veranstalten, ist fahrlässig und dumm und nur deshalb konnte so etwas Schreckliches passieren."

Lärm, Müll und Naturzerstörung

Andere wiederum wollen den Festivalveranstalter nicht kritisieren, im Gegenteil: Menschenleben sowie einen Verletzten dafür zu benutzen, den eigenen Ärger über das Festival auszuleben, das sei beschämend, hieß es im Netz. Schon vor dem Start des Festival hatte sich einige genervte Anwohner gegen die Brass Wiesn positioniert. Die Bürgerinitiative beschwerte sich über Lärm, Müll und Naturzerstörung. Verständliche Klagen. Doch der Tod des 25-jährigen Tobias D. hat alles andere bei der 8. Echinger Brass Wiesn überschattet. Im November schließlich meldeten sich auch die Veranstalter zu Wort, die sich zuvor nur zurückhaltend geäußert hatten.

Neben unzähligen unbeschwerten Szenen bleibe die diesjährige Brass Wiesn auch wegen der beiden Unglücksfälle im Gedächtnis, "die sich tragischerweise in der Nähe des Geländes ereigneten", hieß es in der Stellungnahme. Darum wolle man zur ursprünglichen Festivalphilosophie zurückkehren: Die Brass Wiesn solle ein familienfreundliches Musik- und Kulturevent für alle Fans der bayerischen Lebensart sein. Dazu zähle auch, "die Gestaltung des Geländes mehr darauf auszurichten und die Besucherzahl etwas zu reduzieren".

Schwerpunkte von Gefahren aufzeigen

Ein bisschen wollte man damit möglicherweise auch Forderungen zuvor kommen, die von der Gemeinde Eching aufgestellt werden könnten. Denn einem Antrag der Grünen zufolge soll ein Bericht über das Festival 2022 vorgelegt werden, insbesondere "zu den Schwerpunkten von Gefahren durch den nahen Echinger See". Vom Veranstalter müssten Verbesserungsvorschläge im Sicherheitskonzept für eine neuerliche Ausrichtung vorgelegt und die in diesem Jahr aufgetretenen Schwachstellen besonders berücksichtigt werden, so die Forderungen. Es sieht so aus, als würde es bei der Echinger Brass Wiesn keine neuen Besucherrekorde mehr geben.

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