Demos an Flughäfen:Doch keine Privatsache

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Darf auf dem Gelände eines Flughafens protestiert werden, wenn die Betreiber das nicht wollen? Nein, sagt der Münchner Airport. Das Verfassungsgericht tendiert zu einer anderen Entscheidung.

Kerstin Vogel

Die Frage beschäftigt derzeit die höchsten deutschen Richter: Darf auf dem Gelände eines Flughafens auch dann protestiert werden, wenn die Betreiber das nicht wollen? Das Verfassungsgericht in Karlsruhe neigt aktuell wohl dazu, den Schutz der Versammlungsfreiheit auch auf einem praktisch öffentlichen Privatgelände hoch zu bewerten, ein Urteil steht indes noch aus.

Im Terminal ist demonstrieren verboten: Das Aktionsbündnis "Aufgemuckt" zog mit seinem Protest gegen den Bau einer weiteren Startbahn am Münchner Flughafen in die Maximilianstraße. (Foto: Stephan Rumpf)

Wer am Münchner Flughafen demonstrieren will, muss vor allem erst einmal eine Karte des Areals zu Rate ziehen und feststellen, ob der gewünschte Schauplatz des Protests auf Freisinger oder Erdinger Grund liegt. Je nach Antwort muss man sich für die Genehmigung an das eine oder andere Landratsamt wenden.

Sagt Jürgen Emmenegger - und der hat zuletzt als Verdi-Projektsekretär am Münchner Flughafen einige Erfahrungen mit Protestaktionen im Reich der Flughafenbetreiber gesammelt. Denn es ist so: Selbst wenn man sich für die Behörde in der richtigen Stadt entschieden hat, muss dann das jeweilige Landratsamt nach geltendem Recht erst noch die Zustimmung der Flughafengesellschaft einholen.

Und die hat die FMG in der Vergangenheit durchaus auch schon versagt: Verdi zum Beispiel wollte am 30. April 2008 vor dem Verwaltungsgebäude der Gesellschaft demonstrieren. Eine Aufsichtsratssitzung fand da statt und es ging um die Zukunft der Bodenverkehrsdienste. Doch der all zu dichte Protest wurde verboten, wie sich Emmenegger erinnert. Die Gewerkschafter mussten auf die nahe gelegene Bushaltestelle am Besucherpark ausweichen.

Und die im Aktionsbündnis "Aufgemuckt" zusammengeschlossenen Gegner einer dritten Startbahn im Moos durften am 12. September 2009 zwar vor dem Verwaltungstrakt der FMG demonstrieren. Diese Erlaubnis der Flughafenbetreiber wäre aber sofort zurückgezogen worden, wenn sich Demonstranten in eines der Flughafen-Terminals "verirrt" hätten. Kein einziges Banner, kein Plakat hätte dort öffentlich gezeigt werden dürfen, schildert "Aufgemuckt"-Sprecher Hartmut Binner die Bedingungen der Flughafenbetreiber.

Emmenegger kennt gegen derartige Beschränkungen natürlich Mittel und Wege: Spontan müssten die Protestaktionen sein, sagt er, dann könne man sich die auch ebenfalls kurzfristig von der Polizei genehmigen lassen: "Man wird da einfallsreich mit der Zeit." Wie Binner würde er es begrüßen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Versammlungsfreiheit auf dem Flughafengelände stärken würde.

Dann müsste man für eine Genehmigung nur noch die Sache mit den Landkreisen im Auge behalten: Die Grenze verläuft übrigens diagonal durchs Vorfeld, wie die Sprecherin des Freisinger Landratsamtes, Eva Dörpinghaus, eruiert hat - und zwar von Südwesten nach Nordosten. Die Terminals liegen damit auf Erdinger Flur, der Besucherhügel dagegen gehört Freising.

© SZ vom 25.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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