Corona im Landkreis Freising:Eingespieltes Rettungs-Team

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Die Integrierte Leitstelle (ILS) und die Rettungsdienste haben alle Hände voll zu tun. Die vierte Welle ist eine Herausforderung. Der ILS-Leiter und der Krankenhauskoordinator versichern jedoch, dass man trotzdem bislang alles im Griff habe.

Von Florian Tempel

Spektakuläre Verlegungen von Covid-19-Patienten ins Ausland illustrieren zwar die Dramatik der Lage, sind aber nur absolute Ausnahmen im derzeit sehr angespannten Alltag der Rettungsdienste. Weitere Krankentransporte nach Italien, wie zuletzt, sind derzeit nicht geplant. Ein beatmeter Patient war in der vergangenen Woche vom Klinikum Erding mit einem Hubschrauber nach Bozen ausgeflogen worden, ein anderer wurde in einer fünf Stunden dauernden Fahrt in einem Rettungswagen von Freising nach Meran gebracht.

Um einen Auslandstransport zu organisieren, braucht man nicht nur Verbindungen auf höheren Ebenen. So etwas muss auch lokal in der Integrierten Leitstelle (ILS) geplant und disponiert werden. Die hat auch so alle Hände voll zu tun. In der ILS-Zentrale in der Wilhelm-Bachmair-Straße, gleich neben dem Gebäude des Bayerischen Roten Kreuz, gehen alle Pläne für Verlegungen von Patienten, aber auch alle normalen Notrufe aus den drei Landkreisen Erding, Ebersberg und Freising ein. Die aktuelle Pandemie-Situation macht das Geschäft in doppelter Weise schwer. "Wir haben durch den massiven Anstieg der Infektionszahlen ein sehr schwieriges Arbeiten", sagt ILS-Leiter Hubert Maier, "da alle uns zur Verfügung stehenden Kliniken von hoher Auslastung betroffen sind." Es muss sehr intensiv abgesprochen, welcher Patient in welches Krankenhaus gebracht werden kann. Insbesondere auf den Intensivstationen sind mehr oder weniger durchgehend alle Betten belegt. Dennoch habe man alle Situationen bisher meistern können, versichert Hubert Maier: "Es ist so, dass wir bisher alle Patienten adäquat versorgen und in den Kliniken unterbringen konnten." Er weist damit auch per E-Mail kursierende Gerüchte zurück, in denen angebliche ILS-Insider berichten, dass alles schon extrem schlimm sei.

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Aktuell ist es keine Katastrophenmedizin

Die vierte Welle sei schwierig, sagt zwar auch Rainald Kaube, der Ärztliche Leiter der Krankenhauskoordinierung im Rettungsdienstbereich Erding-Freising-Ebersberg. Dennoch gebe es einen Vorteil gegenüber den früheren Pandemie-Phasen: "Wir sind ein eingespieltes Team, und die Leute in der ILS machen einen ganz, ganz tollen Job." Die aktuelle Situation in den drei Kreiskliniken bleibe weiter sehr angespannt, aber es gehe noch. "Wir haben null Luft nach oben, aber aktuell ist das keine Katastrophenmedizin."

Kaube hat unlängst während einer Pressekonferenz im Landratsamt darauf hingewiesen, dass während früheren Corona-Wellen manch einer sich nicht mehr getraut habe, den Rettungsdienst oder den Notarzt zu rufen. Diese Art von Zurückhaltung sei unnötig, sagt nun auch ILS-Leiter Hubert Maier: "Wir möchten alle Bürger bitten, dass sie bei allen Notsituationen oder lebensbedrohlichen Notfällen unbedingt die Notrufnummer 112 anrufen. Wir werden zu hundert Prozent ein Rettungsmittel alarmieren und jeden Notfallpatienten auch in ein Krankenhaus bringen."

Ob geimpft oder nicht, wird nicht gefragt

Maier versichert zudem, dass zur Routine zwar in jedem Fall auch eine Frage nach einer möglichen Corona-Infektion gehöre. Ob einer geimpft oder ungeimpft ist, werde jedoch explizit nicht gefragt. "Es zählt für uns nur die Information, ob Symptome vorliegen oder bereits eine Covid-Erkrankung bestätigt ist - sonst nichts."

Bei den täglichen Sitzungen und Konferenzen der Krisenstäbe und Teams mache man sich jedoch sehr wohl Gedanken, wie man die knappen Kapazitäten der Kliniken ausweiten könne, sagt Kaube. "Das Problem ist nicht, dass uns Betten fehlen, sondern dass wir ausreichend qualifiziertes Personal finden." Insbesondere auf Intensivstationen "braucht man Fachpfleger". Doch zusätzliches Klinikpersonal sei kaum in Sicht. "Es gibt nur ganz wenige, deutlich weniger als wir bräuchten - sonst könnten wir allein in München 200 Betten mehr betreiben."

Für ein "Hilfskrankenhaus" fehlt das Personal

Weil das dafür nötige Personal aber in München und anderswo fehlt, beschäftige sich aktuell auch keiner "mit dem Thema Hilfskrankenhaus", sagt Kaube. In der ersten Pandemie-Welle waren unter dem Eindruck der extremen Zuspitzung in Bergamo und anderen norditalienischen Städte in großer Eile behelfsmäßige Corona-Lazarette eingerichtet worden: etwa am Fliegerhorst Erding in bierzeltartigen Leichtbauhallen, in Ebersberg in einer Turnhalle oder in Dachau in einem Hotel. Gleichwohl bereite man sich gedanklich auf eine weitere Verschärfung der Lage vor, so Kaube. Dabei sei aber nur eines klar: "Dass wir unsere Kräfte konzentrieren müssen."

Das Landratsamt Erding hat am Freitag 173 neue Fälle gemeldet. Die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis Erding beträgt nach den Angaben des Robert Koch-Instituts 755,3 und ist damit im Vergleich zum Vortag (781,9) leicht zurückgegangen. Momentan gelten 1812 Personen im Landkreis als infiziert. In Quarantäne befinden sich derzeit 2701 Personen. Im Klinikum Erding nimmt die Zahl der Corona-Patientinnen und -Patienten zu. 22 werden mit mittelschweren Symptomen auf der Isolierstation behandelt. Acht Schwerkranke im Alter zwischen 45 und 80 Jahren liegen auf der Intensivstation, fünf von ihnen müssen beatmet werden.

© SZ vom 20.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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