Bundestagswahl im Landkreis Freising:Macherin mit einem Blick für Themen

Lesezeit: 4 min

efm. Eva-Maria Schmidt (FDP) (Foto: Marco Einfeldt)

Die Hallbergmooserin Eva-Maria Schmidt (50) ist Unternehmensberaterin und Bundestagskandidatin der FDP. Ein Porträt.

Von Gudrun Regelein, Freising

Erst vor ein paar Tagen hat sie die frisch gedruckten Wahlzettel gesehen, erzählt Eva-Maria Schmidt. "Das war schon irgendwie komisch, fast unwirklich, meinen Namen darauf zu sehen", sagt sie. Eva-Maria Schmidt ist die Bundestagskandidatin der FDP für den Wahlkreis 214, die 50-Jährige ist politische Newcomerin - erst 2017 trat sie der FDP bei. "Damals aber nicht mit dem Gedanken, mich politisch zu engagieren", sagt sie. Zur Kandidatur für den Bundestag musste sie erst überredet werden.

Die gebürtige Lübeckerin lebt seit 2016 in Hallbergmoos, dorthin ist sie von München gezogen, um dem immerwährenden Stau auf dem Mittleren Ring zu entkommen, sagt sie und lacht. "Und dort fühle ich mich sauwohl." Bis 2018 arbeitete sie noch beim Medienkonzern Sky, gut 18 Jahre lang war sie für dieses Unternehmen im Kundenservice und bei der Personalentwicklung tätig - und zog auch deshalb von Lübeck nach München. "Diese Entscheidung habe ich auch nie bereut." Von 2012 bis 2018 baute sie die Sky-Akademie mit auf, dann aber zog sie einen Schlussstrich. Neuanfänge in ihrem Leben gebe es einige, sie sei eine Macherin, sagt Schmidt. "Ich packe gerne mit an und gestalte gerne neu."

In Hallbergmoos, wo sie mit zwei Katzenjungs alleine lebt, machte sie sich dann als Unternehmensberaterin für Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung selbständig. "Dieser Job ist nun tatsächlich meine Berufung, weil ich Menschen dabei helfen kann, in die Eigenverantwortung zu finden." Die Eigenverantwortung, für die auch die FDP steht: Das war, was sie von dieser Partei überzeugte. Und das, obwohl sie gemeinsam mit zwei Schwestern und einem Bruder in einem sozialdemokratischen Elternhaus groß wurde, wo man viel über Politik sprach und diskutierte. Bis zur Mitgliedschaft bei der FDP habe sie zumindest auf Bundesebene auch immer nur die SPD gewählt.

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Die Abnabelung von der Partei kam, als Martin Schulz 2017 vom "kleinen Mann" sprach, das sei für sie der ausschlaggebende Moment gewesen. "Das war null zukunftsweisend und null respektvoll", sagt sie. Augenhöhe könne so nicht entstehen, die entstehe durch Eigenverantwortung, die miteinander gelebt werde. Sie habe sich dann viel mit den verschiedenen Parteiprogrammen beschäftigt - und sich schließlich für die FDP entschieden. Als ihr Vater, ein überzeugter Sozialdemokrat, davon erfuhr, sei als eine der ersten Fragen diejenige gekommen, wann sie in die Politik gehen werde, erzählt Schmidt und lacht. Damals aber habe sie "null Gedanken daran verschwendet".

Das änderte sich erst vor den letzten Kommunalwahlen, als sie gefragt wurde, ob sie sich für die Liste aufstellen lasse, damit diese komplett werde. Sie habe zugesagt, und sich eigentlich kein besonders gutes Ergebnis erhofft, sei dann aber relativ weit nach vorne gerutscht, erzählt Schmidt. "Ich habe eine hohe Energie und sehe Themen", sagt sie über sich selbst. Vielleicht sei das ja mit ein Grund für diesen Erfolg gewesen. Nach den Kommunalwahlen wurde sie vom FDP-Kreisvorsitzenden Timo Ecker angesprochen, er fragte, ob sie sich vorstellen könne, Bundestagskandidatin zu werden. Sie habe sich das erst einmal gründlich überlegt - und schließlich zugesagt. Den Mut den es brauche, sich als Kandidatin so positionieren zu müssen, habe sie damals aber nicht reflektiert.

Es ist keine Spaßkandidatur

"Wir probieren es aus. Es ist aber keine Spaßkandidatur", betont Schmidt. Es sei der Wähler, der letztendlich die Entscheidung treffe. Sie erwarte sich ein richtig gutes Ergebnis, deutlich im zweistelligen Bereich. Wie genau das ausschauen könne, will sie aber nicht sagen. Ob sie gegen Erich Irlstorfer, dem derzeitigen Wahlkreis-Bundestagsabgeordneten und CSU-Mitkandidaten, eine echte Chance habe, das Direktmandat zu gewinnen, wisse sie nicht. "Aber ich habe eine unverkrampfte Art, über Themen zu sprechen. Und ich habe den Vorteil, dass ich nachfrage." Die Menschen würden mit ihr Hoffnung verbinden. "Und ich passe ganz gut in diese Zeit, wir werden es am Ende ja sehen."

Ob es für den Bundestag reicht, ist ungewiss

Eva-Maria Schmidt ist auf dem Landeslistenplatz 24 zu finden. Ob das für den Bundestag reichen wird, falls es mit dem Direktmandat nicht klappt, ist ungewiss. "Zunächst war ich enttäuscht, inzwischen aber bin ich damit zufrieden", sagt sie offen. Schließlich mache sie keine Parteipolitik, "sondern ich bin als Typ so, wie ich bin." Manchmal werde ihr deshalb eine mangelnde Zielorientierung vorgeworfen, "aber ich ticke, wie ich ticke."

Die Bildungsthemen liegen ihr vor allem am Herzen, sagt Schmidt, daneben das Unternehmertum, die soziale Marktwirtschaft und die Generationengerechtigkeit. Welche Themengebiete sich daraus für ihren Wahlkreis ergeben, wo sie sich einsetzen will, kann Schmidt aber noch nicht sagen. Nicht, weil sie sich nicht für den Landkreis, die Menschen, die hier leben, interessieren würde, betont sie. Sich aber schon jetzt darüber Gedanken zu machen, wie sie sich als gewählte Vertreterin im Bundestag konkret für die Menschen hier engagieren könne, halte sie für verfrüht. Aber sie habe bereits "frische Ideen", sagt sie. Ihr gehe es darum, die Menschen an einen Tisch zu bringen, so könnten Partnerschaften entstehen. Die TUM Weihenstephan beispielsweise könne sich mit den Hopfenbauern zusammentun, denn Hopfen sei nicht nur für Bier wichtig, den könne man vielfältig verwenden.

Strukturen verändern

Auf ihrem Instagram-Account finden sich die Sätze: "Strukturen verändern, damit wir unser Potenzial ausschöpfen können. Deswegen kandidiere ich für den 20. Bundestag." Die langfristige Veränderung, ein Umdenken seien ihr sehr wichtig - auch wenn das nicht heute passieren könne. "Wenn jeder damit beginnt, sich bewusst zu machen, was sein eigener Beitrag sein kann, öfter "ich" statt "man" sagt - das würde langfristig viel verändern." Das würde zu einem Kulturwandel führen.

Sie sei Aufgaben-orientiert, sagt Schmidt. "Den Treiber, es allen recht zu machen, habe ich aber nicht." An diesem Vormittag, so erzählt Schmidt, war sie gemeinsam mit den anderen Bundestagskandidaten vom Bayerischen Bauernverband zu einem Politiker-Frühstück eingeladen gewesen. Erich Irlstorfer sei "mega gut" vorbereitet gewesen. Sie sei keine Expertin für die Landwirtschaft, ein Stück weit habe sie ihre Komfortzone verlassen müssen. Sie stehe aber dazu, nicht bei allen Fragen eine Antwort zu wissen. "Ich kann es aushalten, mir gegenüber selbst ehrlich zu sein - und dem Wähler gegenüber." Wenn es mit der Politik tatsächlich klappe, dann mache sie das gerne, sagt Schmidt. Und falls es nicht klappt? "Dann stirbt niemand davon, dann werde ich meinen Beruf weitermachen." Und auch das wäre für sie "absolut okay".

© SZ vom 06.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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