Nachhaltigkeit:Verschenken statt wegwerfen

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Veronika Nieder, Daniel Gebhardt und Elisabeth Koza (von links). (Foto: Johannes Simon)

Vor knapp zwei Jahren begann Elisabeth Koza aus Au damit, Lebensmittel zu retten. Die Resonanz war von Beginn an enorm. Und es geht weiter. Im Mai wird der Verein "Retterschrank" gegründet.

Von Gudrun Regelein, Au in der Hallertau

Es begann vor knapp zwei Jahren mit einem Hochzeitsbüfett - einem sehr üppigen. Als Elisabeth Koza, die zu der Hochzeit eingeladen war, am Tag danach erfuhr, dass die vielen Reste einfach im Abfall gelandet waren, habe sie sich "echt aufgeregt", erzählt sie. Bei der Aufregung blieb es aber nicht, die 38-Jährige aus Au in der Hallertau wurde aktiv, um etwas gegen die Lebensmittelverschwendung zu tun.

Koza rief die Whatsapp-Gruppe "Nachhaltig Leben Hallertau" ins Leben. Das war im August 2022. Nun steht im Mai die Gründung eines neuen Vereins an, "Retterschrank" wird er heißen.

Mit einer so rasanten Entwicklung in so kurzer Zeit habe sie selbst nicht gerechnet, sagt Koza. "Das ist ein Wahnsinn." Nach kurzer Zeit hatte die Gruppe bereits über 200 Mitglieder. Elisabeth Koza rief in der Gruppe dazu auf, Lebensmittel, die man zu Hause in den Schränken findet und nicht selbst verwendet, zu spenden. Daneben schrieb sie Supermärkte und Bäckereien an - und stieß auch dort auf positive Resonanz. Zu Beginn stellte sie die gespendeten Sachen in Kisten vor ihre Haustür und postete das in der Gruppe - kurze Zeit später waren die Sachen weg.

Fünf Lebensmittelschränke werden schon befüllt

Mittlerweile hat das Projekt Lebensmittelrettung eine ganz andere Dimension gewonnen. Die Whatsapp-Gruppe zählt knapp 600 Mitglieder, etwa zehn Mitglieder engagieren sich besonders intensiv im Helferteam, das sich um alles kümmert. Inzwischen gibt es auch fünf Tauschregale mit geretteten Lebensmitteln in verschiedenen Garagen in Au, Nandlstadt und Reichertshausen. "Jeder kann hingehen und sich bedienen - oder auch etwas hineinlegen", sagt Koza.

Zuletzt sei nun auch noch die Realschule in Au dazugekommen, der Lehrer der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit habe sie gefragt, ob nicht auch ein solcher Schrank in der Schule möglich sei. Koza hat beim Bürgermeister nachgefragt - und der Gemeinderat habe schließlich grünes Licht gegeben, erzählt sie.

Die Lebensmittelretter bekommen derzeit von verschiedenen Bäckereien in der Umgebung die nicht verkauften Backwaren, daneben kann sich das Helferteam Lebensmittel von Supermärkten abholen. Das sind etwa Produkte knapp an der Mindesthaltbarkeitsgrenze - wie Joghurt, Butter, Käse und Wurst - daneben Gemüse, Obst und Brot. Meistens seien die großen Schränke gut gefüllt, sagt Koza.

Keine Hürden oder Kontrollen

Das Bewusstsein für das Thema Lebensmittelverschwendung hat Elisabeth Koza aber schon seit Langem. Als sie und ihr Mann noch in Freising lebten, haben sich beide in der Foodsharing-Szene engagiert und zu Hause darauf geachtet, dass möglichst nichts weggeworfen wird. Viel zu viel lande auch heute in Deutschland noch im Müll, sagt sie. Vieles wäre noch essbar. Statt Lebensmittel wegzuwerfen, sollten sie lieber verschenkt werden - dass das gut funktioniere, sehe man bei den Tafeln. "Und bei uns läuft es im kleinen Rahmen auch auf dem Land in Eigeninitiative."

Die Abholer seien sehr durchmischt, jede Altersgruppe sei dabei: Jugendliche bedienten sich genauso wie alte Menschen. Es gebe keine Hürden, keine Kontrollen, sagt Koza. "Es ist ein freies Kommen und Gehen." Die Standorte der Lebensmittelschränke haben sich sogar zu kleinen Treffpunkten entwickelt. Für diejenigen, die es aus gesundheitlichen oder zeitlichen Gründen nicht schaffen, selber zu kommen - Senioren oder Alleinerziehende - werde auch etwas beiseitegelegt.

Erste Mitgliedsanträge für den neuen Verein gibt es bereits

Elisabeth Koza hat aber nicht nur das Projekt Lebensmittelrettung ins Leben gerufen, sie gründete vor zwei Jahren auch noch eine zweite Whatsapp-Gruppe. "Schöne Dinge" heißt diese und zählt mittlerweile über 800 Mitglieder. "Alles, was zu schade für die Mülltonne ist, kann dort angeboten werden", berichtet Koza. Möbel genauso wie Bücher, Dekoartikel, Spielzeug oder Elektrogeräte. Kleidung wird in einer extra Gruppe angeboten. Das meiste finde Abnehmer. Die Gruppen dienten aber auch zum Vernetzen, zum Kennenlernen, berichtet Koza. "Inzwischen ist das zu einem Selbstläufer geworden, das hat sich herumgesprochen."

Weshalb sie sich so engagiert? "Ich wollte, dass etwas passiert, sich etwas entwickelt", antwortet Elisabeth Koza. Deshalb auch die Vereinsgründung: "Ich verspreche mir davon noch mehr Potenzial, als Verein erreicht man mehr, als wir als Privatpersonen", sagt Koza. Durch die Mitgliedsbeiträge oder Spenden an den Verein könne man zukünftig hoffentlich auch neue Schränke ausschreiben und finanzieren. Im Umkreis von 15 oder 20 Kilometer fänden sich sicher Interessierte. Die ersten Mitgliedsanträge für den "Retterschrank" zumindest hat sie schon jetzt bekommen - obwohl der Verein nicht einmal gegründet wurde.

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