Historischer Wanderweg:Geschichte und Geschichten aus Attenkirchen

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Der Themenweg führt an vielen historischen Orten vorbei, die in der Geschichte von Attenkirchen eine Rolle spielen. (Foto: Marco Einfeldt)

Walter Schlott hat einen thematischen Rundweg durch die Gemeinde in der Hallertau gestaltet. Dieser wurde jetzt offiziell seiner Bestimmung übergeben.

Von Peter Becker, Attenkirchen

Die letzte Tafel ist aufgestellt: Wer will, kann sich die Historie von Attenkirchen in der Hallertau fortan erwandern. Möglich macht das der Geschichtswanderweg, den Gemeinderat Walter Schlott entworfen und umgesetzt hat. Das heißt, eigentlich war der Rundkurs durch die Ortsteile der Gemeinde schon abgeschlossen. Während der Corona-Pandemie hatte Schlott genügend Zeit, sich um das Projekt, das der Geschichtswerkstatt der Gemeinde entsprang, zu kümmern. Nur die letzte Tafel hat eben gefehlt. Die ist jetzt am Parkplatz in der Nähe der Bäckerei Schindele angebracht. Für die Gemeinde war das Anlass, den Geschichtsweg offiziell zu eröffnen.

Elf Tafeln sind es, die dem Wandernden die Geschichte Attenkirchens erschließen. Drei Tage habe er für jede einzelne gebraucht, um sie attraktiv zu gestalten und die Informationen so kurz und präzise wie möglich darzustellen. Der Weg führt natürlich an der alten Bockerlbahn mit dem einstigen Bahnhof, alten Gasthöfen, Feldkreuzen und Kirchen vorbei. Schlott wohnt erst seit dem Jahr 2000 in Attenkirchen. An Geschichte ist er sehr interessiert. Das rührt vom Heimatkunde-Unterricht seiner Schulzeit her.

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Zusammengetragen hat Schlott sein Wissen aus Archiven, die heute zum Teil auch im Internet einzusehen sind, sowie in unzähligen Gesprächen mit alteingesessenen Bürgerinnen und Bürgern, zum Teil nur am Telefon. Wichtige Quellen sind unter anderem Dokumente der Schlösser in Au und Furth oder Einträge in Kirchenbücher. Aber auch Architekten haben zu der Spurensuche in der Vergangenheit beigetragen. Der Bestand in Attenkirchen selbst ist eher dünn. Vieles ist durch einen Brand und einen Wasserschaden verloren gegangen.

Ein "Türöffner", hob Schlott hervor, war die einstige Bürgermeisterin Brigitte Niedermeier. "Sie ist eine Quelle an Wissen und Kontakten." Bürgermeister Mathias Kern schätzt die Erzählungen der befragten Attenkirchenerinnen und Attenkirchener hoch ein. Sie seien wichtige Quellen und "halten Geschichten lebendig", betonte er.

Walter Schlott hat den geschichtlichen Wanderweg durch Attenkirchen und seine Ortsteile gestaltet. (Foto: Marco Einfeldt)

"Viele haben ihre Familiengeschichte preisgegeben", sagte Schlott. Das sei sehr spannend gewesen. Aber die Zeit drängt: Viele der Befragten sind schon recht betagt. Irgendwann wird es keine Zeitzeugen mehr geben. Dabei seien deren Schilderungen wichtig für das Zusammenstellen einer Ortschronik, so wie es sich die Gemeinde seit Jahren wünscht.

Der Attenkirchener Geschichtsweg ist in Zusammenarbeit mit der Ile (Integrierte Ländliche Entwicklung) Ampertal entstanden. Das Projekt hat 8000 Euro gekostet, 80 Prozent davon bezahlt die Ile. Schlott sagte, Martina Mayer, zuständig am Freisinger Landratsamt für Tourismus, ist an dem Geschichtsweg interessiert. Er könnte sicher den einen oder anderen Gast zu einem Kurzurlaub oder einen Radausflug in die Hallertau animieren.

Die Tafel am Ausgangspunkt liefert erste Informationen zu Attenkirchen und einen Überblick, was den Wandernden erwartet. Er erfährt, wann der Ort zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden ist. Den Namen hat der Adlige Arto geprägt, der auf einer Anhöhe einen Herrenhof mit einer Kirche hat erbauen lassen. Demzufolge hieß der Ort "Z´Artinchirchia", aus dem dann irgendwann der Name "Attenkirchen" entstand. Das Wappen hat der Gemeinderat 1985 gewählt. Es zeigt einen silbernen Löwen auf blauem Grund. Das Raubtier entstammt dem Wappen der Grafen Lodron, die von 1632 bis ins 19. Jahrhundert hinein über Attenkirchen verfügten.

Marterl und Feldkreuze erinnern an bestimmte Begebenheiten oder spiegeln die Frömmigkeit der Bevölkerung wider. Diese Bild zeigt das Feldkreuz am Stefflhof. Aus welchem Anlass dieses errichtet wurde, weiß heute niemand mehr. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Dolden in den Pranken des Löwen deuten auf den Hopfen der Hallertau hin. Aus dem Überblick der Tafel geht hervor, dass die Bauern wohl schon im 9. Jahrhundert Hopfengärten zur Selbstversorgung angelegt hatten. 1848 veränderte die Bauernbefreiung das Aussehen der Hallertau. Die Landwirte mussten nicht mehr für einen Hofmarksherren arbeiten, sondern verfügten über eigenen Grund und Boden. Viele Bauern verlegten sich auf den Anbau von Hopfen. So wuchs aus vielen kleinen Gärten irgendwann das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt.

Schlott erklärte, dass ihn der Geschichtsweg zu weiterer Forschungsarbeit animiert hat. Sein nächstes Projekt wird sich wohl mit dem Zweiten Weltkriegs und mit der unmittelbaren Zeit danach beschäftigen. "Was ist in den letzten Kriegstagen in Attenkirchen geschehen?", lautet eine seiner Fragen. Viele Leute hätten unter den Nationalsozialisten gelitten. Sie hatten "die Schnauze voll", sonst hätten sie sich wohl nicht so leicht den heranrückenden amerikanischen Soldaten ergeben.

Aufarbeiten will Schlott auch die Todesmärsche, auf denen Gefangene aus den Konzentrationslagern im Norden und Osten Bayerns Richtung Dachau getrieben wurden. Mindestens zwei davon waren auch durch Attenkirchen gezogen.

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