Amtsgericht Freising:Zocken auf Kosten der Chefs

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Die Kreditkarten seiner Chefs hat ein Mann benutzt, um seine Spielsucht zu finanzieren. (Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn)

Schöffengericht verurteilt ehemaligen Angestellten einer Spedition zu einer Haftstrafe. Er hatte Geld gestohlen und Kreditkarten missbraucht, um seine Spielsucht zu finanzieren.

Von Peter Becker, Freising

Seine Spielsucht hat einen 30-jährigen Hallbergmooser hinter Gitter gebracht. Der junge Mann finanzierte sich seine Onlinewetten vor gut zwei Jahren durch Griffe in die Geldbörsen seiner Chefs und Kollegen sowie durch Verwendung der Nummern ihrer Kreditkarten. Eine ganze Litanei an fehlgeschlagenen und vollendeten Versuchen war angeklagt. Letztlich beschränkte sich das Schöffengericht am Freisinger Amtsgericht auf den Diebstahl aus den Geldbörsen sowie auf 33 Fälle des Computerbetrugs, in denen der unter Bewährung stehende Angeklagte einen niedrigen vierstelligen Betrag zur Finanzierung seiner Spielsucht abzweigte. Dafür muss er jetzt für zwei Jahre und drei Monate hinter Gitter.

Vorsitzender Richter Manfred Kastlmeier begrüßte den Delinquenten als "alten Hasen", der mit dem Prozedere vor Gericht vertraut sei. Die Prozessbeteiligten zogen sich anschließend zu einem Rechtsgespräch zurück. Sie vereinbarten, im Falle eines Geständnisses des Angeklagten die fehl geschlagenen Versuche des Computerbetrugs auszuklammern. Sie spielten bei der zu erwartenden Gesamtstrafe keine Rolle. Blieben noch der Diebstahl und die 33 Fälle von Computerbetrug übrig.

Richter Kastlmeier stellte dem 30-Jährigen eine Haftstrafe zwischen zwei Jahre und drei Monate sowie drei Jahre in Aussicht. "Dabei sind Vorstrafen und Höhe des Schadens berücksichtigt", erklärte Kastlmeier. Viele Taten, die der Staatsanwalt aus einer schier nicht enden wollenden Liste vortrug, seien "wegradiert" worden. "Das, was übrig bleibt, reicht aus." Dann sprach Kastlmeier deutliche Worte. Weil der Angeklagte unter offener Bewährung steht, "ist eine Bewährung menschlich und juristisch nicht vertretbar".

Das Schöffengericht entschied sich am Ende für das untere Ende des Strafmaßes. Es berücksichtigte die Spielsucht des Angeklagten und dass trotz der gehäuften Betrugsversuche nur geringer Schaden entstanden war.

Der junge Mann gab an, seit etwa fünf Jahren spielsüchtig zu sein. Das hatte ihm bereits einige Auftritte am Freisinger Amtsgericht beschert. Er sei jetzt in Therapie, sagte er. Seine Spielsucht habe in den Betrügereien in einer Hallbergmooser Spedition gegipfelt. Dort war er als IT-Administrator beschäftigt gewesen. 2000 bis 3000 Euro habe er damals zum Zocken benötigt, bei einem Verdienst von 2200 Euro.

Ein spielsüchtiger Mann ist am Freisinger Amtsgericht jetzt wegen Diebstahls und Computerbetrugs zu einer Haftstrafe verurteilt worden. (Foto: Johannes Simon)

Der Griff in die Geldbörsen seiner Chefs flog zuerst auf. Beide sagten als Zeugen, dass sie das unbestimmte Gefühl hatten, dass ihnen Geld fehle. Beim Kauf einer Leberkässemmel an einer Tankstelle erhärtete sich der Verdacht. Beim Zahlen bemerkte einer der Brüder, dass sich nur noch ein Fünfzig-Euro-Schein in seiner Geldbörse befand, obwohl er sich ganz sicher war, dass sich noch ein zweiter hätte darin befinden müssen. Die Chefs installierten als Konsequenz daraus eine Überwachungskamera anhand derer ihr Angestellter als Dieb überführt war. Wie viel er erbeutet hatte, darüber herrschte keine Einigkeit. Mindestens 700 Euro sollen es gewesen sein.

Kaum war der Dieb überführt, meldete sich ein Mitarbeiter, dass ihm Unregelmäßigkeiten bei seinen Kontobewegungen aufgefallen waren, die auf den Missbrauch seiner Kreditkarten hindeuteten. Ein Polizist der Flughafenpolizei übernahm die Ermittlungen. Als "Neuling" auf dem Gebiet musste er sich erst in die Materie einarbeiten. "Dann nahm alles seinen Lauf", sagte er als Zeuge.

Paysafekarten dienen im Internet als Online-Zahlungsmittel

Der Angeklagte hatte sich über die Kreditkarten seiner Chefs und eines Kollegen ein Konto bei einem Geldinstitut in Österreich verschafft. Das verkauft Paysafecards, ein Prepaid-Online-Zahlungsmittel zur Teilnahme an Spielen und eben auch Wetten. Die Karten gibt es gestaffelt im Wert von fünf bis hundert Euro. Der Angeklagte bevorzugte stets die teuerste Variante.

Die Frage von Richter Kastlmeier, ob er versucht habe, den Schaden gutzumachen, verneinte der 30-Jährige. Er habe keinen Kontakt mehr zur Firma aufnehmen dürfen, begründete er dies. Nach dem Grundsatz, dass sich Verbrechen niemals lohnen darf, bekam der Angeklagte zur Auflage, einen Wertersatz von 3366 Euro zu leisten. Das entspricht wohl der Summe, die er ergaunert hat.

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