Amtsgericht Freising stellt Verfahren ein:In Schlangenlinien auf der Autobahn

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Vor Gericht konnte nicht geklärt werden, ob es tatsächlich der Angeklagte war, der nachts mit seinem Wagen betrunken bei Eching unterwegs war. (Foto: Florian Gaertner/imago images/photothek)

Einem 29-jährigen Echinger kann eine mutmaßliche Trunkenheitsfahrt auf der A 9 nicht nachgewiesen werden. An der Identität des Fahrers gibt es laut Richterin "erhebliche Zweifel".

Von Alexander Kappen, Freising

Ein Freispruch wegen erwiesener Unschuld war es nicht. Richterin Tanja Weihönig war "nicht restlos davon überzeugt, dass der Angeklagte es nicht war", wie sie am Ende der Verhandlung am Freisinger Amtsgericht sagte. Andererseits war sie sich "auch nicht vollständig sicher", dass es tatsächlich der 29-jährige Beschuldigte war, der da an einem Oktobertag des vergangenen Jahres gegen ein Uhr nachts auf der A 9 nahe der Ausfahrt Eching in Schlangenlinien unterwegs war. Ein Ehepaar aus Mainburg hatte den Wagen gesichtet und der Polizei gemeldet. Die Richterin stellte das Verfahren letztlich ein.

Der Angeklagte hatte die ihm zur Last gelegte Trunkenheitsfahrt von Anfang an bestritten und eine völlig andere - laut Zeugen öfter mal variierende - Geschichte präsentiert. Kern seiner Aussage war, dass er zur angegebenen Tatzeit gar nicht auf der Autobahn unterwegs gewesen sei. Die Richterin hatte, als sie bereits diverse Zeugenaussagen gehört hatte, dann auch "erhebliche Zweifel bezüglich der konkreten Identifizierung des Fahrers und des Fahrzeugs". Um diese auszuräumen, "wären weitere Ermittlungen und ein Gutachten nötig", sagte sie, aber es sei "unklar, ob diese Ermittlungen erfolgreich und verhältnismäßig sind". Deshalb beschloss sie nach einer Verhandlungsunterbrechung, in der sie ein Rechtsgespräch mit allen Beteiligten führte, mit deren Einverständnis das Verfahren einzustellen.

Wer am Steuer des Autos saß, können die Zeugen nicht sagen

Zur Anklage war es gekommen, weil besagtes Ehepaar "einen hellen Audi" auf der A 9 Richtung Nürnberg in auffälliger Weise vor sich fahren sah. "Der ist auf der Mittelspur immer in Schlangenlinien nach rechts gefahren", berichtete der Mann als Zeuge. Seine Frau habe gleich die Polizei rufen wollen, "aber das wollte ich nicht". Als dann ein weiteres Auto in hoher Geschwindigkeit auf der linken Spur vorbei gerauscht sei, habe er seine Meinung jedoch geändert, so der Rentner: "Wenn der vor uns plötzlich nach links gefahren wäre, hätte es uns alle erwischen können." Wie viele Leute sich in dem Schlangenlinien fahrenden Auto befanden und wer gefahren ist, wusste der Mann nicht. Zum Fahrzeug konnte er nur sagen, "dass es ein heller Audi A4 oder A6 war, ein A3 war es nicht". Auch sei es ein viel älteres Modell als aus dem Jahr 2017 gewesen, sagte er auf Nachfrage der Richterin. Der Angeklagte fährt einen weißen A3 von 2017, wie er in der Verhandlung mitteilte.

Die Ehefrau des Zeugen konnte zum Fahrzeugmodell nichts Konkretes sagen, "ich weiß nur, dass es ein helles Auto war". Sie habe jedoch das Kennzeichen notiert und der Polizei gemeldet. Dieses stimmte mit dem des Angeklagten überein, weshalb die Polizei zu dessen Wohnanschrift in Eching fuhr - und das Auto dort geparkt vorfand. Auf dem Fahrersitz saß der Angeklagte, bei dem ein Alkoholtest später einen Wert von 0,92 Promille ergab.

Als die Polizei kommt, schläft der alkoholisierte Angeklagte in seinem Auto tief und fest

Die Meldung des Ehepaars ging bei der Polizei um 1.07 Uhr ein. Um 1.18 Uhr stand das Auto des Angeklagten bereits geparkt vor seinem Wohnhaus - und der 29-Jährige schlief tief und fest, wie die Polizistin versicherte. Ihr Kollege habe "mehrmals gegen das Fenster klopfen müssen", bis der Angeklagte aufgewacht sei. Auf die Frage, wo er herkomme, "hat er im Laufe des Abends dann verschiedenste Angaben gemacht", sagt die Polizistin. Laut einer Variante war der 29-Jährige in einem mexikanischen Restaurant und hat dort was getrunken, bevor er zu seiner Freundin fahren wollte, mit der er sich gestritten hatte. Dann will er jedoch im Auto eingeschlafen sein.

Eine zweite Variante, die er auch in der Verhandlung vortrug, ging anders. Er sei, so der Angeklagte, nach seiner Arbeit als Kellner in München nach Eching zu einem Freund gefahren und habe dort drei, vier Bier getrunken. Sein Kumpel habe nichts getrunken und ihn dann - nicht über die Autobahn - heimgefahren. Und zwar im Auto des Angeklagten, das dieser am nächsten Tag wieder brauchte, um in die Arbeit zu kommen. Der Kumpel sei zu Fuß heimgegangen. Er selbst, so der Beschuldigte, habe seinen Wohnungsschlüssel noch im Auto gesucht und sei dann dort eingeschlafen. Welche Geschichte auch immer stimmen mag. Dass der Angeklagte betrunken auf der Autobahn unterwegs war, konnte ihm nicht nachgewiesen werden.

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