Amtsgericht Freising:Mann liefert sich Verfolgungsjagd mit der Polizei

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Von der Polizei ist am Dienstag ein Angeklagter zu seiner Verhandlung am Freisinger Amtsgericht gebracht worden. Zuvor hatte er zwei Mal seinen Termin geschwänzt. (Foto: Marco Einfeldt)

Betrunkener Mann flüchtet vor Kontrolle. Amtsrichterin Tanja Weihönig wertet dies als illegales Autorennen und verurteilt ihn zu einer Geldstrafe. Seinen Führerschein wird er frühestens in vier Monaten zurückerhalten, wenn er die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) bestanden hat.

Von Peter Becker, Freising

Bei einer Geschwindigkeit von 220 Stundenkilometern ist bei herkömmlichen Polizeifahrzeugen Schluss. Darum ist es nicht weiter verwunderlich, dass Streifenbeamte im Oktober des vergangenen Jahres nur noch die Rücklichter eines AMG Mercedes gesehen haben. Die Polizisten wollten den Fahrer kontrollieren, weil dieser zuvor laut Augenzeugen in Schlangenlinien auf den Autobahnen A 9 und A92 unterwegs war. An der Ausfahrt Freising-Ost erwischten die Verfolger den 38-Jährigen dennoch, weil dieser hinter anderen Autos an einer roten Ampel warten musste. Richterin Tanja Weihönig verurteilte den im Landkreis wohnenden Mann am Amtsgericht wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und illegalem Autorennen zur einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen á 70 Euro. Seinen Führerschein wird er frühestens in vier Monaten zurückerhalten, beziehungsweise wenn er die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) bestanden hat.

Der Angeklagte schwieg zu den Vorwürfen. Sein Verteidiger gab aber anstelle seines Mandanten alle Vorwürfe zu. "Er dachte, es sei eine kluge Idee, vor der Polizei davonzufahren", sagte der Rechtsanwalt. Der Beschuldigte saß nämlich kurz nach Mitternacht mit 1,81 Promille Alkohol intus hinter dem Steuer seines 600 PS starken Sportwagens.

Stimmen die Werte nicht, fliegt er sofort aus der Therapie

Der Rechtsanwalt hob das Verhalten seines Mandanten nach jener Nacht im Oktober hervor. Anstatt die Hände in den Schoß zu legen und den weiteren Verlauf der Dinge abzuwarten, habe dieser den Kontakt zu einer Verkehrspsychologin gesucht, um sein Verhalten zu ändern. Seit Januar dieses Jahres nehme er an einer Therapie teil, die zumindest bis zu dem Zeitpunkt andauern soll, bis die MPU anstehe. Dazu gehören unregelmäßige Kontrollen zum Alkoholgenuss. Stimmen die Werte nicht, fliegt sein Mandant sofort aus der Therapie. Diese kostet pro Stunde 115 Euro - das sei quasi Lehrgeld, das der Angeklagte zahle. Eine medizinische Untersuchung des 38-Jährigen ergab, dass dieser zwar nicht von Alkohol abhängig ist, angetrunken aber zur Unbeherrschtheit neigt.

Ein damals an der Verfolgungsjagd beteiligter Polizist bestätigte als Zeuge die Angaben des Beschuldigten, welche dieser über seinen Verteidiger hatte ausrichten lassen. Er ergänzte, dass in der besagten Nacht starker Nebel geherrscht hatte. Die Schilderbrücke über der Autobahn hatte deshalb ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern angezeigt. Am Autobahndreieck Flughafen hatten die Polizisten zum Verfolgten aufgeschlossen und wollten ihn zum nächsten Parkplatz kurz vor der Ausfahrt Freising-Mitte lotsen.

Mit 260 Stundenkilometern über die Autobahn

Zunächst schien der Mann der Aufforderung Folge zu leisten, scherte dann aber auf die Überholspur aus. "Er wollte abhauen und hat stark beschleunigt, sagte der Zeuge. Die Streifenbeamten rasten hinterher. Bei 220 Stundenkilometern war jedoch die Höchstgeschwindigkeit des Polizeiwagens erreicht. Der Abstand zum Verfolgten wuchs. "Massiv", sagte der Zeuge, der die Geschwindigkeit des Mercedes auf 260 Stundenkilometer schätzt. "Ein Erfahrungswert, aber kein gesicherter Wert", betonte der Polizist.

Die Verfolger verloren den Flüchtenden aus den Augen. Dafür sahen andere Polizisten an der Ausfahrt Freising-Ost Bremslichter aufflackern und gaben den Kollegen Bescheid. Die setzten sich an einer Ampel, vor welcher der 38-Jährige hatte anhalten müssen, weil vor ihm Autos standen, vor das Fahrzeug des Mannes. Die Polizisten ließen sich sofort die Schlüssel aushändigen. Der Verfolgte stieg freiwillig aus seinem Auto, worauf ihm aus Sicherheitsgründen zunächst Handschellen angelegt wurden.

Der Mann ist einschlägig vorbestraft

Richterin Tanja Weihönig ließ es mit der Geldstrafe bewenden. Er habe sich der Kontrolle mit der Höchstgeschwindigkeit seines Autos entziehen wollen, begründete sie ihr Urteil. Das seien mindestens zwischen 240 und 250 Stundenkilometer gewesen. Sie bewertete dies als illegales Autorennen. Ein solches liege laut aktueller Rechtsprechung auch dann vor, wenn jemand versuche, mit seinem Wagen vor der Polizei zu flüchten. Zu Gute hielt sie dem Beschuldigten sein Geständnis. Die Verfolgungsjagd sei nur über eine kurze Strecke gegangen und es habe wenig Verkehr geherrscht. Positiv fiel ins Gewicht, dass sich der Mann in Therapie begeben hat. Negativ wirkte sich aus, dass er einschlägig vorbestraft ist, wenngleich einige Verfehlungen aus seiner Jugendzeit stammen.

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