Amtsgericht Freising:Vielleicht hat die Streitlust abgenommen

Lesezeit: 2 min

Die Arbeit am Amtsgericht Freising wird nicht weniger, sagen (von links) der Stellvertretende Amtsgerichtsleiter Manfred Kastlmeier, die Geschäftsleiterin Antje Pavlovic und die neue Amtsgerichtsdirektorin Nicole Selzam. (Foto: Johannes Simon)

Das Freisinger Amtsgericht registriert weniger Verfahren als im Vorjahr. Die Gründe dafür sind unbekannt. Die Arbeit wird aber deshalb nicht weniger.

Von Peter Becker, Freising

Das Freisinger Amtsgericht muss zum 1. April eine halbe Stelle an die Kollegen in Erding abgeben. Das gab dessen neue Direktorin Nicole Selzam während der Jahrespressekonferenz der Justizbehörde bekannt. Grund dafür ist, dass das Erdinger Amtsgericht mit Fluggastverfahren überfordert ist. In diesen geht es um Entschädigungen von Passagieren, deren Flüge verspätet oder gar nicht gestartet sind. Was die Verfahren am Amtsgericht anbelangt, sind diese zwar leicht rückläufig, aber der Arbeitsaufwand nimmt zu. Im Laufe des Jahres werden weitere Abteilungen der Freisinger Justizbehörde auf die elektronische Akte umsteigen.

Bescheiden nimmt sich die Zahl der Zivilverfahren am Amtsgericht gegenüber Erding aus. Sie sind leicht auf etwa 1000 zurückgegangen, während sie im Nachbarlandkreis auf 11 000 gestiegen sind. Bei 1400 Familiensachen lässt sich ein leichter Anstieg feststellen. Rückläufig sind dagegen die Fälle, die der Strafgerichtsbarkeit (2474) und dem Nachlassgericht (1618) unterliegen. Leichte Rückgänge gibt es bei den Betreuungen (3030 und 363 Unterbringungen) sowie den Zwangsvollstreckungen.

Über Gründe, warum die zivilrechtlichen Verfahren zurückgehen, kann nur spekuliert werden. Den Menschen scheine es wirtschaftlich wieder besser zu gehen, vermutet Selzam. Die Streitlust habe vielleicht abgenommen und die Zahlungsmoral sei besser geworden.

Im Strafrecht stehen Änderungen bevor. Eine gravierende sogar schon zum 1. April. Von diesem Stichtag an ist es Erwachsenen erlaubt, einen Joint zu rauchen. Strafrichter und Stellvertretender Direktor des Amtsgerichts, Manfred Kastlmeier, vermutet, dass die Staatsanwaltschaft deshalb bewusst Fälle "liegen" lasse, die möglicherweise durch die Änderung des Cannabisgesetzes hinfällig würden.

In jedem Fall, erklärt Selzam, sehe sie erhebliche Mehrarbeit auf die Justiz zukommen. Hintergrund ist die im Gesetz vorgesehene Amnestieregelung für Altfälle, die bisher nicht vollstreckt sind. Alle Urteile mit Bezug zum Betäubungsmittelgesetz müssen noch einmal durchgearbeitet werden. Unter Umständen sind neue fällig. Es muss untersucht werden, ob es in einem Verfahren um Cannabisprodukte ging und um welche Menge. Aufwendig seien die "Mischfälle", sagte Kastlmeier. Also, wenn zum Beispiel bei einer Hausdurchsuchung Cannabis gefunden worden war und die betroffene Person währenddessen die Drogenfahnder beleidigt hat. Unter Umständen fällt der Besitz von Rauschmitteln weg und es wird nur noch die Beleidigung bestraft.

Eine wirkliche Arbeitserleichterung ist die elektronische Akte bislang nicht

Wann eine Änderung des Paragrafen zum Besitz von Kinderpornografie bevorsteht, ist derzeit ungewiss. Der war infolge von Missbrauchsfällen verschärft worden. Derzeit gilt, dass eine Person mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr zu rechnen hat, wenn bei ihr auf einem Datenträger auch nur ein Bild von einem Kind gefunden wird, das in der Badewanne sitzt. Das ist unverhältnismäßig. Ein Entwurf zur Entschärfung liegt vor, wann er in Kraft tritt, ist ungewiss. Auch in diesem Bereich lägen viele Verfahren bei der Staatsanwaltschaft auf Halde, sagte Kastlmeier.

Beim Amtsgericht Freising muss die Umstellung auf die E-Akte bis Ende des nächsten Jahres abgeschlossen sein. Eine wirkliche Erleichterung sei die elektronische Akte bisher nicht, sagte Antje Pavlovic, Geschäftsleiterin am Amtsgericht. Eine Erleichterung sei erst in Sicht, sobald alle Papierakten abgearbeitet seien.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Bayerische Landesausstellung 2024
:Vom Glanz und Niedergang einer Herrschersippe

Als Korbinian vor 1300 Jahren nach Freising kam, herrschten die Agilolfinger und Bayern war auf dem Weg, ein mächtiges Königreich zu werden. Wie es dazu kam und warum dann doch nichts daraus wurde, erfährt man in der Ausstellung "Tassilo, Korbinian und der Bär - Bayern im frühen Mittelalter" im Freisinger Diözesanmuseum.

Von Birgit Goormann-Prugger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: