Prozess am Amtsgericht Freising:"Auf ziemlich üblem Niveau"

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Die Diskussionen zwischen Rechten und Linken in einer Moosburger Facebook-Gruppe laufen aus dem Ruder. Ein 58-Jähriger wird deshalb jetzt wegen Beleidigung in zwei Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Richterin mahnt: "Die Zeiten des Faustrechts sind vorbei."

Von Alexander Kappen, Moosburg

Richterin Tanja Weihönig, um es salopp zu formulieren, hat die Faxen dicke. "Man wird es vor Gericht langsam leid, dass bei diesen aufgeheizten politischen Diskussionen nicht mehr vernünftig miteinander umgegangen wird, egal, ob von links oder rechts", sagte sie am Montag am Ende einer Verhandlung am Freisinger Amtsgericht. Wieder einmal musste sie sich mit einer Anzeige wegen Beleidigung auseinandersetzen. Diesmal war der Angeklagte ein 58-jähriger Moosburger, der in der Facebook-Gruppe "Bürger für Moosburg" einen örtliche AfD-Stadt- und Kreisrat sowie einen weiteren Mann beleidigt hatte. Die Richterin verurteilte den nicht vorbestraften Beschuldigten zu einer Geldstrafe von 990 Euro, resultierend aus 30 Tagessätzen zu je 33 Euro.

Gegen einen zuvor verschickten Strafbefehl über 30 Tagessätze zu je 40 Euro hatte der Angeklagte Einspruch eingelegt. Dass die beiden für die Verhandlung relevanten Posts von ihm stammten, räumte der 58-Jährige unumwunden ein. Allerdings wollte er sie nicht oder zumindest nicht gänzlich als Beleidigung verstanden wissen. In einem Fall benutzte er die Bezeichnung "dumm, dümmer . . ." und setzte die Steigerung mit dem Namen des Stadtrats fort. Dieser gab in der Verhandlung als Zeuge an, dass die Nennung seines Namens als Steigerungsform von dumm und dümmer für ihn "natürlich eine Beleidigung" sei. Mit dieser Formulierung werde er sehr oft konfrontiert, berichtete er. "Ich bin Stadt- und Kreisrat, und er meint, nur weil ich Mandatsträger bin, darf er mich beliebig beleidigen", sagte der 55-jährige Zeuge, der aufgrund des Posts Anzeige erstattet hatte.

Manche Aussage bereut der Angeklagte - andere nicht

Der Angeklagte gab zu, dass sich "in zwei nicht faschistischen Gruppen" auf Facebook die genannte Steigerungsform "als stehender Begriff etabliert" habe. Er beziehe das aber nicht auf den Stadtrat, den er gar nicht persönlich kenne, sondern auf dessen Beiträge auf Facebook. Das habe vor ein paar Jahren angefangen, als der 55-Jährige, damals noch Schatzmeister des CSU-Ortsverbands, mit einem fremdenfeindliche Post überregional für Aufsehen gesorgt habe. Der Angeklagte führte diverse andere Posts an. So habe der Zeuge bei mehreren Gelegenheiten gegen die Corona-Maßnahmen gewettert und einmal auch geschrieben: "Welcher Spruch steht demnächst über den Eingängen der Impfzentren?" Seiner Meinung nach sei das "eine Anspielung auf die deutschen Vernichtungslager" während der Nazi-Zeit, sagte der Angeklagte. Er selbst sei auf Facebook von der Gegenseite übrigens auch schon oft beleidigt worden.

"Die Zeiten des Faustrechts sind aber vorbei", schärfte im die Richterin ein: "Wenn Sie eine Straftat sehen, ist der richtige Weg, dass Sie damit zur Polizei gehen und Anzeige erstatten." Sie sehe, dass hier "auf ziemlich üblem Niveau" gestritten werde. Mit Posts wie den vorliegenden reihe sich der Angeklagte da ein. Als "ziemlich derbe und gravierende Beleidigung" bezeichnete sie, genauso wie die Staatsanwältin, einen weiteren Post, indem der Angeklagte einen anderen Mann als "gottverdammtes Faschistendreckschwein" bezeichnete - nachdem er von diesem indirekt als nutzloses Tier bezeichnet worden sei, rechtfertigte sich der Beschuldigte. "Das mit dem Dreckschwein bereue ich, das ist sonst nicht meine Ausdrucksweise", so der Angeklagte.

Das Wort Faschist sehe er jedoch nicht als Beleidigung, weil beide Geschädigten "dem rechtesten Rand der AfD zuzuordnen sind - und diese wird als Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet". "Noch ist die AfD eine demokratische Partei, die man bei jeder Wahl wählen darf", entgegnete die Richterin und ermahnte dazu, respektvoll miteinander umzugehen.

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